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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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eine Aussage machen zum Todesfall am Humboldthain.«
    »Eine Frau, sagen Sie?« Wenigstens keiner von den Selbstbezichtigern, dachte Gräf. Das waren durch die Bank Männer. »Soll raufkommen.«
    »Ist schon unterwegs.«
    Der Kriminalsekretär nickte. »Gut.«
    Erika Voss blieb in der Tür stehen.
    »Ist noch was?«
    »Nun ... Es ist schon fast sechs, und Kommissar Rath hat in solchen Fällen normalerweise ...«
    »Natürlich. Machen Sie Feierabend, sobald Sie die Zeugin zu mir hereingeschickt haben.«
    Die Voss schenkte ihm ein Lächeln und verschwand.
    Wenig später stand eine schlanke, bereits ergraute Mittvierzigerin in der Tür, ein wenig unsicher, aber keinesfalls schüchtern, die sich als Renate Schobeck vorstellte, nachdem Gräf ihr den Besucherstuhl vor Raths Schreibtisch angeboten hatte.
    »Also, die Sache da am Humboldthain«, sagte Renate Schobeck, »ich möchte ja niemanden denunzieren. Aber ... mein Mieter ... Leo Fleming heißt er.«
    Also eine von den Denunziantinnen. Gräf seufzte innerlich, notierte aber den Namen und schaute sie an. »Und?«
    Renate Schobeck hob ihre schmalen Schultern, was sie ein wenig hilflos wirken ließ. »Ich weiß nicht, ob das etwas zu bedeuten hat. Aber er kam heute Morgen sehr früh wieder nach Hause, viel früher als sonst. Er ist arbeitslos, müssen Sie wissen, geht aber jeden Morgen um halb sechs aus dem Haus und kommt meist erst am Nachmittag zurück. Ist auf Arbeitssuche, sagt er. Die Miete ist er jedenfalls noch nie schuldig geblieben.«
    Gräf hüstelte und schrieb demonstrativ nicht mit, schaute stattdessen kurz auf seine Armbanduhr. »Kommen Sie doch bitte zur Sache, es ist schon spät«, sagte er.
    Sie schaute ein wenig pikiert. »Also, ich weiß nur, dass er jeden Morgen an der Himmelfahrtkirche auf seine Braut wartet. Ich hab die beiden da mal zusammen gesehen. Ein schönes Paar, wenn Sie mich fragen. Und er hat noch nie versucht, sie mit auf sein Zimmer zu nehmen, er weiß, was sich gehört.«
    Gräf verdrehte die Augen. »Was genau wollen Sie mir erzählen?«, fragte er.
    Sie schaute sich um, als habe sie Angst, jemand Unbefugtes könne mithören. »Also«, sagte sie, »gestern habe ich nicht mitbekommen, wie Herr Fleming aus dem Haus gegangen ist, aber ich habe gehört, wie er zurückgekommen ist. Schon um kurz nach sechs. Ich habe ihn gefragt, ob er krank sei, ob ich ihm einen Tee aufbrühen solle, doch er hat mir gesagt, ich solle ihn in Frieden lassen. Tja ...« Sie machte eine bedeutungsschwangere Pause. »... und dann habe ich es gesehen ...«
    »Was, Frau Schobeck?«
    Sie beugte sich nach vorne und senkte ihre Stimme.
    »Blut«, sagte sie. »Seine Jacke war mit Blut beschmiert. Nicht viel, aber ich habe es gesehen. Und dann war er so komisch und wollte gleich auf sein Zimmer. Da habe ich mir noch nichts dabei gedacht, aber jetzt, wo ich die Be-Zett gelesen habe ...«
    Gräf horchte auf. »Sind Sie sicher, dass es Blut war?«, fragt er.
    »Aber natürlich! Ich habe früher einmal in einer Fleischerei gearbeitet, und ...«
    Gräf schnitt ihr das Wort ab. »Vielen Dank, Frau Schobeck«, sagte er schnell. »Womöglich haben Sie uns sehr geholfen. Wo können wir diesen Herrn Fleming denn finden?«
    »Na, bei mir«, sagte sie, beinahe entrüstet. »Putbusser Straße achtundzwanzig, Hinterhaus, dritter Stock.«
    43
    S o oft wie in den vergangenen Tagen hatte er Kriminalrat Gennat in all den Monaten nicht gesprochen, die er schon in der Burg arbeitete. Andreas Lange war sich immer noch nicht sicher, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Aber immerhin wusste er jetzt, dass der Buddha ihn im Blick hatte; er durfte nur keine Fehler machen.
    Trudchen Steiner, Gennats Sekretärin, stellte ein Kuchentablett auf den Tisch, und Gennat bediente seinen Gast. Die Gesprächebeim Leiter der Mordinspektion erinnerten manchmal mehr an Kaffeeklatsch als an dienstliche Besprechungen. Lange bedankte sich artig für das Stück Mohnstrudel, das auf seinem Teller gelandet war, und biss hinein.
    »Wie lange sind Sie eigentlich schon bei uns, Herr Kriminalassistent?«, fragte der Buddha.
    Lange fühlte sich ein wenig überrumpelt und antwortete mit vollem Mund. »Faft fwei Jahre«, sagte er. »Defember neunund­fwanfig.«
    Gennat nickte. »Und vorher haben Sie zwei Jahre im Raubdezernat Hannover gearbeitet, nicht wahr?«
    Lange war froh, dass diesmal ein Kopfnicken als Antwort reichte, er hatte immer noch Mohnstrudel im Mund. Der Buddha schien seine Personalakte

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