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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Mordinspektion war, sondern den Kriminalassistenten.
    »Fräulein Ritter ist sozusagen dienstlich hier«, erklärte Lange eifrig und wurde schon wieder rot. »Der KaDeWe-Fall. Sie hat in ihrer Tätigkeit beim Amtsgericht Lichtenberg eine Zeugin ...«
    »Der KaDeWe-Fall«, polterte der Oberkommissar, der einfachnicht in der Lage war, leise zu sprechen, »na, genau deswegen bin ich doch auch hier, ich habe eine wichtige ...«
    »Wollen Sie dann bitte so lange draußen warten, Fräulein Ritter?«, fragte Lange.
    Wilhelm Böhm war es nicht gewohnt, dass man ihn unterbrach, er schaute den Kriminalassistenten irritiert an.
    Charly stand auf, doch Böhm schien anderer Meinung zu sein.
    »Ach was, Charly, bleiben Sie ruhig sitzen«, sagte er. »Sie sind doch sozusagen schon involviert in unseren Fall, wenn ich das richtig verstanden habe.«
    »Wenn Sie so wollen, Herr Oberkommissar.«
    »Amtsgericht Lichtenberg. Die juristische Praxis, was? Müssen Sie mir beizeiten einmal bei ’ner Tasse Kaffee erzählen.«
    »Wie wäre es damit: Ich spendiere Ihnen den Kaffee gleich in der Kantine und Sie erzählen mir bei der Gelegenheit etwas zum Fall Beckmann. Den haben Sie doch seinerzeit bearbeitet, oder?«
    Böhm stutzte, dann nickte er. »Steht bei den nassen Fischen. Wir haben zwar einen Tatverdächtigen, aber der hat sich wahrscheinlich nach Moskau verkrümelt – nicht einmal großjährig, aber ein strammer Kommunist. Warum interessiert Sie der Fall?«
    »Rein juristisch.«
    Böhm nickte, dann wandte er sich wieder dem Kriminalassistenten zu. »Also, Kollege Lange, ich habe eine Neuigkeit, die Sie überraschen wird. Sie wissen doch, ich arbeite am Fall dieses toten Hehlers aus Friedrichshain. Kallweit, Eberhard. Der Raubmord, der wahrscheinlich doch keiner ist.«
    Lange nickte. »Ist mir bekannt, Herr Oberkommissar; ich habe an der Besprechung heute Morgen teilgenommen.«
    »Nun, wie es aussieht, sollten wir unsere Ermittlungen koordinieren, Herr Kriminalassistent – oder am besten gleich zusammenlegen. Es geht um die Hehlerware, die wir im Lager des Toten gefunden haben, die ist inzwischen komplett überprüft.« Böhm schaute zufrieden. »Unter anderem haben die Kollegen da eine Ladung hochwertiger Armbanduhren gefunden. Ich habe mir die Sache eben noch mal bestätigen lassen: Die Uhren stammen zweifelsfrei aus dem KaDeWe-Einbruch vom Wochenende.«
    42
    G räf feuerte den Hörer auf die Gabel. Das Dutzend dürfte mittlerweile voll sein. Sie hatten ihn einfach hier sitzen lassen mit diesem Mist! Böhm trieb sich mit Grabowski weiß Gott wo herum, und Kriminalsekretär Reinhold Gräf durfte die Drecksarbeit machen, sich mit den Idioten herumschlagen, die im Minutentakt im Präsidium anriefen. Seit dem ersten vor einer knappen Stunde, diesem schimpfenden Kommunisten, hatte er keine ruhige Minute mehr gehabt.
    Der Aufruf in den Mittagszeitungen hatte den üblichen zweifelhaften Erfolg gezeitigt; bislang hatten sich lediglich die Wichtigtuer gemeldet: Masochisten, die sich gerne jeder Straftat bezichtigten, solange sie dafür nur genügend Aufmerksamkeit erhielten, oder aber Denunzianten, die am liebsten die eigenen Nachbarn anschwärzten, sobald die Polizei einen Fahndungsaufruf startete. In diesem Fall kam noch eine dritte, schlimmere Gruppe hinzu: selbsternannte Weltenretter, die der übrigen Welt oder, wenn die nicht zuhörte, wenigstens aber der preußischen Polizei ihre politische Meinung kundtun wollten. Zur einen Hälfte waren das Kommunisten, die auch allen übrigen Nazi-Schweinen den Tod wünschten, zur anderen Hälfte Parteigenossen des Toten oder zumindest Sympathisanten der völkischen Bewegung, die anfragten, warum eigentlich die Polizei nicht in der Lage sei, anständige Bürger (gemeint war offensichtlich der SA-Mann mit dem Schlagring) vor den roten Krawallbrüdern zu schützen.
    Seit dem ersten Anrufer hatte das Telefon immer wieder geklingelt, kaum hatte er aufgelegt. Gräf schaute auf den schwarzen Apparat. Dann hob er ab, wählte eine 1 und legte den Hörer neben die Gabel.
    Endlich Ruhe!
    Die wichtigen Anrufe würden schon irgendwo landen. Hauptsache, er könnte sich endlich wieder den Akten widmen. Kubickis Homosexualität konnte eine Spur sein, das fühlte er.
    Es klopfte, und Erika Voss steckte ihren Kopf durch die Tür. »Entschuldigung«, sagte sie und schielte auf das außer Gefecht gesetzte Telefon. »Aber Rentmeister von der Pforte hat gerade durchgeklingelt. Unten steht eine Dame, die sagt, sie wolle

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