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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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neunzehnhundertneunundzwanzig.« Er machte eine Pause und schaute, ob Hilda Steffens auch fleißig mitschrieb. »Da haben Sie einen Passanten, der sich später als Journalist ausweisen konnte, auf der Boddiner Straße in die Bewusstlosigkeit geknüppelt ...«
    »Ich gehöre halt zu denen, die sich nicht drücken, wenn’s rundgeht, da passieren solche Dinge«, sagte Kuschke. »Da kann man keine Lorbeeren einheimsen. Entweder man wird erschossen von den Scheißkommunisten – det ham wa ja jetze wieder erlebt – oder irgendein Arschloch zeigt eenen an.«
    »Die Anzeige im Mai neunundzwanzig erfolgte seitens Ihrer Kollegen. Man musste Sie zurückreißen, damit Sie endlich aufhörten zuzuschlagen.«
    »Wer sagt denn, dass es unter Kollegen keine Arschlöcher gibt«, sagte Kuschke ruhig und schaute Lange dabei herausfordernd an. »Die wollten mich reinreißen damals, die sojenannten Kollegen.«
    Provozieren konnte der Mann, das war offensichtlich, doch das konnte Lange auch. »Worauf ich hinauswill, Hauptwachtmeister Kuschke«, sagte er, »ist Folgendes: Offensichtlich neigen Sie zu Gewaltausbrüchen, und ich frage mich inzwischen, was in der Nacht auf Sonntag auf der Galerie des KaDeWe wirklich passiert ist.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Kuschke war aufgesprungen, das Gesicht unter dem schneeweißen Verband knallrot bis violett. Der Griff der Steffens verkrampfte, ihr Stenoblock bog sich und schlug Falten.
    Lange schaute den Hauptwachtmeister ruhig an, konzentriert und neugierig, ungefähr so, wie ein Insektenforscher eine neu entdeckte Spezies betrachtet, deren Verhaltensweisen er noch nicht kennt. Er sagte nichts. Kuschke setzte sich wieder hin.
    »Wissen Sie, wie man sich fühlt«, sagte er, »wenn man seinen Arsch hinhält für dieses System und dann so behandelt wird?«
    »Welches System? Meinen Sie unseren Staat? Unsere Demokratie?«
    »Gar nichts mein ich. Denken Sie doch, was Sie wollen!«
    »Wir haben inzwischen die Identität des toten Jungen feststellen können«, sagte Lange unvermittelt. »Er war erst fünfzehn Jahre alt.«
    Im Gesicht des Schupos waren keinerlei Anzeichen von Reue, Schuld oder Betroffenheit zu entdecken, nicht einmal Bestürzung.
    »Benjamin Singer, sagt Ihnen der Name etwas?«
    Kuschke schüttelte den Kopf.
    »Vor einem Jahr ungefähr aus dem Waisenhaus Maria Schutz ausgerissen. Dort galt er als schwierig. Lebte seitdem auf der Straße, war noch nicht polizeibekannt.«
    Keine Reaktion bei Kuschke. Nach seiner unbedachten Explosion vorhin zog er es nun wohl vor zu schweigen.
    »Wir haben die Identität des Toten nur dank eines anonymen Anrufs feststellen können. Ein Mädchen hat uns den Namen des Jungen genannt und um eine anständige Beerdigung gebeten. So sind wir überhaupt erst auf das Waisenhaus gestoßen, und eine Ordensschwester konnte zum Leichenschauhaus kommen. Schwester Agathe hat ihren ehemaligen Schützling sofort identifizieren können.«
    Lange machte eine Pause und schaute Kuschke eine Weile an. Der saß inzwischen wirklich wie ein verstockter Sünder auf dem Stuhl.
    »Bei diesem Mädchen, das uns angerufen hat, könnte es sich um den zweiten KaDeWe-Einbrecher handeln, meinen Sie nicht?«
    Kuschke meinte gar nichts.
    »Ich hab mit den Kollegen vom Raubdezernat telefoniert. Die gehen inzwischen auch von einem weiblichen Komplizen aus.«
    »Soso.« Kuschke tat unbeteiligt. »Hat aber ausgesehen wie ein Junge.«
    »Sie haben den zweiten Einbrecher gesehen? Das haben Sie uns ja noch gar nicht erzählt.«
    »Sie haben mich ja auch nur danach gefragt, was oben auf der Galerie passiert ist. Und die Göre stand doch unten auf der Straße!«
    Lange kritzelte eine weitere Notiz in die Mappe und merkte, wie sehr Kuschke das verunsicherte. Wie es aussah, gab es wirklich eine Zeugin für den Zwischenfall im KaDeWe. Die anonyme Anruferin hatte keinen Blödsinn erzählt.
    »Dieses Mädchen hat noch etwas gesagt«, fuhr Lange fort und achtete dabei genau auf Kuschkes Reaktion. » Es war Mord , hat sie gesagt, ihr Bullen habt Benny umgebracht! «

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    M ensch, Gereon, da bist du ja endlich!« Gräf stand sofort auf, als Rath aus dem Aufzug trat, und machte den Platz am Schreibtisch frei. »Ich sitze hier auf glühenden Kohlen. Was meinst du, was der Hund für ein Theater gemacht hat? Glücklicherweise hat ein Page ihn mit rausgenommen. Gegen ordentliches Trinkgeld.«
    »Dann konnte dem Tier ja geholfen werden.«
    »Dem Tier ja. Dem Menschen aber nicht.« Der

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