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Goldstück: Roman (German Edition)

Goldstück: Roman (German Edition)

Titel: Goldstück: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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dass sie keiner mehr nehmen wird? Maike, erklingt eine kleine, leise Stimme in mir, denk mal daran, wie oft du so etwas schon ge
    dacht hast? Und einen Buckel hast du nun auch nicht gerade, und du ziehst auch kein Bein nach.
    »Quatsch!«, stelle ich energisch fest, womit ich zum einen Dorothee meine, zum anderen diese blöde innere Stimme zum Schweigen bringen will.
    »Wie, Quatsch?«, fragt Dorothee.
    »Na, sieh dich doch mal an! Du könntest ein Model sein oder Schauspielerin!« Jetzt kichert sie verlegen. »Nein, wirklich, das meine ich ernst!«
    »Aber siebenunddreißig«, will sie verschämt widersprechen.
    »Ach, Unsinn!«, rufe ich aus und merke, wie ich richtig in Rage gerate. »Siebenunddreißig ist schließlich nicht siebenundneunzig, da stehen dir noch alle Möglichkeiten offen, dein Leben hat doch gerade erst angefangen! Auf keinen Fall ist es ein Grund, bei einem Mann zu bleiben, mit dem man nicht mehr glücklich ist und mit dem man nicht die gleichen Vorstellungen von der Zukunft teilt!« Herrje, ich spüre regelrecht, wie mir die Halsader schwillt.
    Dorothee schweigt einen Moment. Dann, mit unsicherer Stimme, die nicht recht zu ihr passen will, fragt sie: »Meinst du wirklich?«
    »Ja«, erwidere ich energisch. »Das meine ich wirklich.«
    »Hm.«
    »Was sagt denn«, will ich nun wissen, »Daniel zu der ganzen Sache?«
    »Na ja, er will sich da natürlich nicht so richtig einmischen. Nur einmal, als er schon einen kleinen Schwips hatte, da hat er mich gefragt, warum ich nicht endlich diesen Idioten in den Wind schieße. Als ich ihm erklärt habe, dass ich Angst habe, irgendwann gar keinen mehr zu haben, mit dem ich Kinder bekommen kann, da hat er gesagt: ›Schwesterlein, ich verspreche dir was: Wenn du mit vierzig allein bist und noch immer kein Kind hast – dann fahre ich dich höchstpersönlich zu einer Kin
    derwunschklinik ins Ausland. Da findet sich bestimmt ein passender Samenspender, und die Behandlungskosten gehen dann komplett auf meine Kappe!‹ Aber da war er, wie gesagt, schon nicht mehr ganz nüchtern.«
    »Und was sagen kleine Kinder und Betrunkene?«, will ich wissen.
    »Die Wahrheit?«
    »Exakt.« Im selben Moment habe ich wieder ein total warmes und schönes Gefühl für Daniel, weil er so etwas Süßes zu seiner Schwester gesagt hat. Bitte, liebes Universum, schicke ich ein sekundenschnelles Stoßgebet gen Himmel, bitte mach, dass ich diesen wundervollen Mann nie verlieren werde!

    »Ich kann nur sagen: Danke, du hast mir sehr geholfen!«, stellt Dorothee fest, als ich sie zehn Minuten später zur Tür bringe.
    Ganz wohl ist mir allerdings nicht in meiner Haut, und ich frage mich, ob ich jetzt die Verantwortung dafür trage, wenn sie ihren Herrn Sebastian in den Wind schießt. Andererseits bin ich mir fast sicher, dass es das Richtige wäre, und kann mir kaum vorstellen, dass der Kerl über Nacht seine Meinung ändern wird. Mach dich nicht verrückt, Maike, versuche ich, mich selbst zu beruhigen. Vielleicht hat dieses Gespräch auch nur zur Folge, dass Dorothee sich über ihre größten Wünsche endlich absolute Klarheit verschafft – und wer weiß, vielleicht ändert ihr Freund ja auch seine Meinung, wenn er merkt, dass es ihr ernst damit ist?
    »Na ja«, stelle ich fest, »ich bin natürlich auch nicht allwissend. Aber ich denke, es kann nicht schaden, wann man sich hin und wieder mit seinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen beschäftigt.«
    »Das werde ich künftig auch tun«, bekräftigt Dorothee. »Sobald ich zu Hause bin, werde ich mit Sebastian reden und ihm sagen, dass ich mit der momentanen Situation mehr als unglücklich bin und endlich wissen will, woran ich bin.«
    »Vielleicht, äh«, wende ich ein, »wartest du damit noch ein paar Tage und lässt das Ganze erst einmal sacken, bevor du ihm die Pistole auf die Brust setzt. Männer reagieren auf so etwas mitunter empfindlich.«
    »Ach was!«, wehrt Dorothee ab und hat plötzlich so gar nichts mehr von dem kleinen Häufchen Elend, das vor gut einer halben Stunde noch vor meiner Wohnungstür stand. »Ich habe lange genug gewartet, eine Frau wie ich hat es nicht nötig, dass man sie hinhält.«
    »Äh, ja«, bestätige ich ihr, »that’s the spirit!«
    Wir grinsen uns an, ich allerdings ein wenig zerknirscht, weil ich mich des Gefühls nicht erwehren kann, unter Umständen gerade einen Menschen in sein Unglück geritten zu haben.
    »Ich kann nur sagen«, meint Dorothee, »ich freue mich wirklich, dass Daniel so eine

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