Goldstück: Roman (German Edition)
spekuliert, dass ich ihm sofort wieder ergriffen in die Arme sinke? Sorry, Gunnar, denke ich, dafür bist du ein kleines bisschen zu spät. Denn seit ich Daniel kenne, weiß ich, dass du mit deiner Einschätzung damals gar nicht so falschlagst: Wir passen einfach nicht zueinander.
»Was das andere betrifft, ist es keine einfache Geschichte«, erkläre ich dann. »Und die Tatsache, dass du gerade hier aufgetaucht bist, macht sie vermutlich nicht einfacher.«
»Wieso?« Immer noch dieser hoffnungsvolle Ton.
»Nein, es hat nichts damit zu tun, dass Daniel jetzt eifersüchtig sein müsste oder so.«
»Verstehe.« Auf einmal klingt er nicht mehr hoffnungsvoll. »Ich wollte halt nur … ich wollte dir bloß sagen, dass ich auch noch für dich da bin, selbst wenn wir nicht mehr zusammen sind.«
»Das ist lieb von dir«, sage ich ein weiteres Mal, gehe auf Gunnar zu und nehme ihn in den Arm. »Ich weiß das wirklich zu schätzen.« Einen Moment lang stehen wir einfach nur so da.
»Vielleicht sollte ich jetzt besser gehen?« Er formuliert es als Frage, aber es klingt wie eine Feststellung.
»Ja, das solltest du wohl. Ich rufe dich die Tage mal an.«
»Mach das, gern und jederzeit«, erwidert er. Dann fügt er hinzu: »Du bist nämlich jemand, der mir wichtig ist und am Herzen liegt. Auch wenn es mit uns als Paar nicht funktioniert hat.«
»Es ist schön, das zu hören.« Das ist tatsächlich wahr. Habe ich ihm vor wenigen Monaten noch gewünscht, dass ihm die Sackhaare einzeln ausfallen, haben sich die Dinge mittlerweile extrem relativiert. Mit Gunnar und mir hat es nicht geklappt, so what? Es gibt so viel wichtigere Dinge im Leben, wie ich heute weiß.
»Also, ich geh dann jetzt mal«, sagt Gunnar. »Nehme wohl am besten den Büroausgang, oder?«
»Ja. Das ist besser.« Ich bringe ihn zur Tür.
Kurz davor bleibt er noch einmal stehen und dreht sich zu mir um. »Weißt du«, sagt er, »ich meine das ganz ehrlich: Wenn du mich brauchst oder ich etwas für dich tun kann, melde dich.«
»Ich komme darauf zurück.«
Dann geht er, und ich schließe hinter ihm die Bürotür ab.
Daniel sitzt wieder vorm Fernseher, als ich zu ihm ins Wohnzimmer komme. Der HSV hat das Elfmeterschießen offenkun
dig verloren, jedenfalls weist der enttäuschte Tonfall des TV-Reporters darauf hin. Ich lasse mich neben Daniel plumpsen, kuschele mich an ihn und registriere erfreut, dass er einen Arm um mich legt.
»Lass mich raten«, sagt er, »das war wieder ein Freund mit Problemen?«
»Nicht ganz«, sage ich. »Das war einfach nur ein Freund.«
Daniel gibt einen unverständlichen Brummlaut von sich. »Dann erklär mir nur eines«, kommt es schließlich. »Weshalb nennt er dich Maike?«
»Weil das mein Name ist«, erwidere ich resigniert. Ich kann einfach nicht mehr, bald ist sowieso alles vorbei.
»Dein Name?«, kommt es prompt.
»Mein erster Vorname«, höre ich mich selbst sagen, ohne dass ich weiß, warum ich das tue. Ich könnte ihm doch jetzt alles erklären, warum mache ich es nicht? Die Angst, flüstert mir die mittlerweile schon wohlbekannte Stimme aus meinem Innern zu. Es ist die Angst, dass du ihn verlieren könntest. »Den habe ich noch nie gemocht, deshalb benutze ich seit Jahren meinen zweiten Vornamen. Nur ganz alte Freunde nennen mich noch Maike.«
»Ich finde Maike eigentlich auch völlig okay«, stellt Daniel fest. »Aber wenn du den Namen nicht magst, nenne ich dich natürlich weiterhin Kirsten.« Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn – und in meinem Herzen geht es wieder drunter und drüber.
Warum bin ich eigentlich so ein feiges Weichei?
Ich bin mit Daniel Unverzagt zusammen. Mittlerweile weiß er, dass ich Maike Schäfer heiße, und findet das völlig okay.
Oh, nein! Als ich diesen Wunsch aufgeschrieben habe, habe ich es doch vollkommen anders gemeint!
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27. Kapitel
M arkus Gärtner strahlt über das ganze Gesicht, als er am Montagabend um sechs zu seiner Coaching-Sitzung kommt und sich schwungvoll im Besprechungsraum niederlässt.
»Weißt du«, mittlerweile sind wir beim Du, er hat es mir an einem Abend, an dem wir mit Daniel unterwegs waren, angeboten, »nachdem ich das erste Mal bei dir gewesen bin, war ich ja etwas skeptisch, das muss ich schon zugeben.«
»Das geht den meisten so, Daniel hatte sogar überlegt, das Coaching abzubrechen.«
Markus nickt. »Ja, hat er mir damals erzählt. Er rief mich abends an und meinte, er wäre sich nicht sicher, ob du wirklich was kannst
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