Goldstück: Roman (German Edition)
E-Mail-Programm. Und dann schreibe ich die schwierigsten Zeilen meines Lebens.
Lieber Daniel,
ich weiß, dass diese Mail für Dich sehr überraschend kommt und dass Du sie wahrscheinlich nicht verstehen wirst. Es tut mir unglaublich leid, Dir das hier jetzt schreiben zu müssen.
Ich kann nicht mehr mit Dir zusammen sein, es geht einfach nicht. Die Gründe dafür kann ich Dir nicht sagen, nur dass ich darüber wirklich traurig bin und hoffe, dass Du mich jetzt nicht bis in alle Ewigkeit hasst.
Du bist ein toller Mann, und ich war sehr glücklich mit Dir. Pass auf Dich auf!
Kirsten
Während ich noch auf den »Senden«-Button klicke, merke ich bereits, wie mir die Tränen in Sturzbächen über die Wangen rinnen. Ich habe es also wirklich getan, habe den wundervollsten Menschen, den es gibt, aus meinem Leben geworfen.
»Komm«, sagt Nadine, die die ganze Zeit hinter mir gestanden hat und mir jetzt die Hände auf die Schultern legt. »Lass uns ein gutes Glas Wein trinken.«
»Aber du bist doch schwanger!«
»Für mich hat Ralf alkoholfreien Sekt besorgt. Schmeckt absolut widerlich und zum Abgewöhnen – aber da haben wir ja gerade ganz andere Sorgen.«
Den restlichen Abend über sitzen Nadine, Ralf und ich in der Küche, trinken und reden darüber, wie es nun weitergehen soll. Ich habe beschlossen, die Wohnung zu kündigen, und für die Übergangszeit kann ich erst einmal bei den beiden ins Gästezimmer ziehen. Jedenfalls so lange, bis das Kind kommt, danach muss ich mir etwas anderes überlegen. Gleich morgen früh werde ich die Frau anrufen, die sich mal für das Büro zusammen mit der Wohnung interessiert hat, vielleicht habe ich Glück und sie hat noch nichts anderes gefunden.
Zwischendurch höre ich immer mal wieder mein Handy im Gästezimmer klingeln. Ich ignoriere es, weil ich sowieso weiß, wer es ist. Daniel. Hätte mir denken können, dass er meine Mail nicht einfach so hinnimmt.
»Du solltest rangehen und mit ihm reden«, findet Ralf, als es zum fünfzehnten Mal klingelt. »Alles andere ist grausam.«
»Ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll. Ich schaffe das nicht.«
»Doch«, meint Nadine. »Du schaffst das. Du musst Daniel helfen, damit klarzukommen.«
»Wie denn?« Ich blicke in zwei ratlose Gesichter. Dann klingelt es wieder, und ich stehe auf. »Schäfer?«, melde ich mich, als ich den Anruf beantworte.
»Kirsten«, höre ich Daniel. »Was ist denn los? Deine Mail, ich … ich verstehe die Welt nicht mehr! Ist das ein schlechter Witz?«
»Nein, ich meine es ernst.«
»Aber wieso denn? Was ist denn passiert? Habe ich was falsch gemacht, kann ich irgendwas … Schatz, lass uns darüber reden, das kann doch gar nicht wahr sein.«
Er klingt so verzweifelt, dass ich kurz davor bin, die Fassung zu verlieren und ihm alles zu sagen. »Ich kann Ihnen nur raten,
überzeugend zu sein«, hallen Sarah Becksteins Worte in meinem Kopf wider. Dann hole ich tief Luft.
»Daniel«, sage ich, »erinnerst du dich an den Mann, der am Samstag bei mir zu Hause aufgetaucht ist?«
Ein irritiertes Ja ist die Antwort.
»Das war Gunnar, mein Ex-Freund. Ich bin jetzt wieder mit ihm zusammen, es tut mir leid.«
Einen Moment lang höre ich nichts außer Rauschen in der Leitung. Dann erklingt Daniels Stimme. Klar und deutlich. »Verstehe. So ist das. Dann gibt es zwischen uns nichts mehr zu reden. Danke für die Information.« Klick. Er hat aufgelegt.
Haltlos weinend laufe ich zurück in die Küche, wo Ralf und Nadine mich gemeinsam erst in den Arm nehmen und mir anschließend auf den Schrecken das nächste Glas Wein servieren. Ich will zwar nicht in alte Muster zurückfallen und auf Probleme ordentlich was draufkippen – aber heute wird es wohl ausnahmsweise mal erlaubt sein.
Während ich noch mit Nadine in der Küche sitze – Ralf hat sich diskret verzogen – und darüber lamentiere, ob es auch wirklich richtig ist, piept mein Handy.
»Daniel?«, frage ich und springe hektisch auf, um zu meiner Handtasche zu hechten.
»Warum sollte er dir eine SMS schreiben?«, will Nadine wissen.
»Weiß ich auch nicht. Aber trotzdem hoffe ich es, auch wenn es irrational ist.« Kaum habe ich das Handy am Wickel, drücke ich hektisch auf die Taste, um die Nachricht anzeigen zu lassen. Ich lese sie – und halte Nadine mein Glas hin, damit sie mir noch einmal nachschenkt.
»Nicht von Daniel«, mutmaßt sie.
»Nein«, erkläre ich. »Aber so ähnlich. Eine Nachricht von seiner Schwester.«
»Oh. Was schreibt
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