Golem - Golem - Genome, Inc.
grüne Frucht langsam in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit versank. Schließlich kam die Zitrone unten an und kippte auf die Seite wie ein gesunkenes Schiff.
Irgendjemand schnippte mit den Fingern.
»Bist du noch bei uns, Sax?«, fragte Sullivan.
»Ja. Warum?«
»Der Boss sucht nach dir«, sagte Sullivan und nickte in Richtung Hinterzimmer.
»Wer?«
»Alan Greenspan. Wer meinst du wohl? Lieberman natürlich. Er hat zehn Minuten lang wie verrückt gewinkt, um deine Aufmerksamkeit zu erregen.«
Saxton drehte sich zum Hinterzimmer um und sah Lieberman tatsächlich winken. Saxton winkte zurück, leerte sein Bier in fünf kräftigen Zügen und knallte die leere Flasche auf den Tisch. Er stand auf, knöpfte sein Jackett zu und nickte den anderen zu. »Gentlemen.«
Die anderen am Tisch schauten ihm eifersüchtig hinterher, als er durch den Speiseraum ging und in dem berühmten Hinterzimmer verschwand. Das Hinterzimmer von Harry’s war jener Ort, von wo aus die Genindustrie tatsächlich regiert wurde; an den Wänden hingen Fotos, die das bewiesen. Sie zeigten die Könige der Industrie: Saxton Senior hatte ebenso sein Foto dort wie die anderen Topbroker und Manager des Markts. Außerdem erinnerten Plaketten an jedes denkwürdige Ereignis, über das hier, in diesem Raum, entschieden worden war.
»Setzen Sie sich«, sagte Lieberman und deutete auf einen leeren Stuhl am Tisch. Saxton nahm Platz und nickte den anderen beiden Männern neben Lieberman zu. Rasputin und ein weiterer Transkriptor bewachten die Tür.
»Sie kennen meine Freunde möglicherweise aus Zeitschriften«, sagte Lieberman und deutete auf den ersten Mann, einen kleinen, kräftigen Kerl mit breitem Kinn, das ihn wie eine Mischung aus Mensch und Bullterrier aussehen ließ. »Das ist Johann Woerner, Aufsichtsratsvorsitzender von Genico.«
Woerner nickte und schüttelte Saxton die Hand; dann wandte Lieberman sich dem wesentlich schlankeren zweitenMann zu. Das Gesicht des Mannes war derart verkniffen, dass es den Anschein hatte, als habe sich dort irgendwo ein schwarzes Loch gebildet, das alles aufsaugte.
»Das ist Alexander Whitten, einer der Topberater des Aufsichtsrats und Gründer von Transkriptor Design.«
Saxton nickte und schüttelte auch Whitten die kalte Hand.
»Ich habe von Ihrer Arbeit gehört«, sagte Saxton. »Modifikation und Training von Transkriptoren. Das Bioprintsystem. Industriestandard.«
Whitten nahm das Kompliment zur Kenntnis. »Bioprints sind bei der Niederschlagung von Aufständen unverzichtbar geworden. Und ihre Weiterentwicklung des Alterungsprozesses hat es möglich gemacht, dass Transkriptoren schon nach acht Monaten erwachsen sind. Das hat ihr Verfallsdatum deutlich verlängert.«
»Sie meinen ihre Lebensspanne. So hat man mehr von ihnen, bevor sie sterben«, bemerkte Woerner und trank einen kräftigen Schluck Whiskey.
Whitten blickte ihn säuerlich an. »So kann man es auch ausdrücken.«
»Warum soll man nicht sagen, wie es ist? Wir reden hier ja nicht über Milchtüten. Wir haben diese Dinger als Menschen gebaut, und Menschen haben kein Verfallsdatum. Sie sterben.«
»Das sind keine Menschen«, erklärte Whitten rasch. »Sie sind bloß Biomechanismen. Sowohl der Internationale Religionsrat als auch der Oberste Gerichtshof unseres Landes haben bereits festgestellt, dass sie keine Menschen sind. Sie haben keine Seele; deshalb können sie auch nicht sterben wie wir. Sie laufen einfach aus.«
»Wie Sie sehen«, sagte Lieberman zu Saxton, »gibt es da ein paar Streitpunkte, was die Zukunft unserer Industrie angeht. Aber in einem Punkt stimmen wir alle überein, nämlichwas den Rücktritt Ihres Vaters betrifft und die Tatsache, dass er Ihren Stiefbruder zu seinem Nachfolger bestimmt hat.«
»Das sind schlechte Neuigkeiten für uns, schlecht für die Aktionäre«, sagte Whitten.
»Ihr Bruder würde mit Sicherheit den Fokus der Firma verändern«, fügte Woerner hinzu.
»Roosevelt hat bereits mit mir gesprochen«, sagte Saxton. »Er hat gesagt, er wolle die Firma mit mir gemeinsam leiten.«
Lieberman schüttelte den Kopf. »Das sagt er jetzt. Aber was für Garantien haben wir? Die Sache ist viel zu wichtig, als dass wir uns auf das Wort eines Mannes verlassen könnten. Genicos Zukunft hängt davon ab, was in den nächsten Tagen passiert. Wir reden hier von einem Wirtschaftsunternehmen, nicht von einem Forum für gesellschaftliche Veränderungen. Das verstehen Sie doch sicher, oder?«
Saxton nickte. »Mein Bruder hat
Weitere Kostenlose Bücher