Golem - Golem - Genome, Inc.
Saxton hatte ihn zu dem heutigen Treffen eingeladen, damit er die rohe, kapitalistische Energie des York-Zimmers einfangen konnte. Inzwischen war Saxton sich allerdings nicht mehr sicher, ob der Mann dieser Aufgabe gewachsen war. Er war klein und schmächtig, ganz in Prada gekleidet, und hatte eine dicke schwarze Brille auf der Nase. Michelle hatte Saxton den Mann empfohlen, dessen neueste Arbeiten im Guggenheim ausgestellt wurden; dennoch hatte Saxton das Gefühl, dass der Bursche sich nicht voll und ganz seiner Aufgabe widmete.
»Mehr, ja. Ich weiß nur noch nicht …« Saxton schnippte mit den Fingern. »Ich hab’s!«
»Was?«
»Ich will kein Gemälde, sondern eine Skulptur.«
»Eine Skulptur?«
»Ja, eine Skulptur«, bestätigte Saxton, der immer schneller auf und ab ging, während die Idee in seinem Kopf Gestalt annahm. »Eine Skulptur. Etwas Klassisches … Griechisches. Kraftvoll. Vielleicht, wie ich einen Speer werfe oder einen Diskus oder so etwas. Aber soll ich im Anzug sein oder nackt? Nein, nicht nackt. Im Anzug. Und ich will mit einem Löwen ringen, und …«
Jemand am Tisch räusperte sich, und Saxton drehte sich um.
»Bevor wir hier jemanden in Bronze gießen, sollten wir da nicht mit dem Meeting beginnen? Es gibt ein paar wichtige Fragen, mit denen wir uns dringend beschäftigen müssen.«
Die Stimme gehörte Johann Woerner, einem langjährigen Freund von Saxtons Vater und engagierten Aufsichtsratsmitglied. Saxton beschloss, den Mann zu ersetzen, aber erst später.
»Natürlich«, sagte er.
»Der Tod Ihres Vaters kam so unerwartet und auf so tragische Weise …« Woerner hielt inne und schlug die Hand vor den Mund. Er sah ehrlich bestürzt aus. Saxton tat so, als würde er darüber nachdenken. Er nickte nachdenklich und rieb sich das Kinn. Es fühlte sich ein wenig weich an. Er sollte später noch ins Fitnessstudio gehen. Sein Vater war vor nunmehr sechs Wochen gestorben. Die Sache war längst verjährt. Der Markt veränderte sich ständig. Vom Bären zum Bullen und wieder zum Bären.
»Natürlich hat der Tod meines Vaters uns alle erschüttert«, sagte Saxton. »Im Augenblick trauern wir noch. Mein Vaterwar ein guter Mann und … und hatte einen großartigen Geschmack, was Herrenmode betraf.« Saxton schluckte. Ihm wollten einfach nicht die richtigen Worte einfallen. »Wir alle werden ihn in guter Erinnerung behalten.«
Saxton verfluchte sich selbst. Das war gelogen. Sein Vater hatte einen grauenhaften Modegeschmack gehabt. Wie konnte er ihn nur so falsch loben? Das erregte bloß den Verdacht der anderen.
»Ich weiß, was Saxton Junior uns sagen will«, erklang Liebermans Stimme von der anderen Seite des Tisches. »Er will uns sagen, dass wir uns alle in dieser Situation das Beste erhoffen. Ich möchte Ihnen allen mitteilen, dass Saxton Senior mir kurz vor seinem Tod anvertraut hat, dass er seinen Sohn Phillip als Nachfolger in der Führung von Genico vorgesehen hatte.«
Lieberman deutete auf Saxton, der sich knapp verneigte.
»Aber was ist mit seinem anderen Sohn? Thomas Roosevelt?«, fragte Woerner. »Ich hatte den Eindruck, dass er das Unternehmen übernehmen sollte. Und dann ist er einfach verschwunden.«
»Er ist nicht einfach verschwunden«, erklärte Saxton ein wenig verärgert. »Er wurde verhaftet. Er war ein Transkriptor.«
»Ja, uns bleibt wirklich nichts erspart«, bemerkte Woerner, während er einen Stapel Papiere durchging. »Zuerst wird Dr. Smalls ermordet, dann verlieren wir Roosevelt, und schließlich seinen Vater. Das ist eine sehr beunruhigende Kette von Ereignissen. Sie schlagen also vor, dass wir knapp zehntausend Einheiten Transkriptoren an Ituri geben, genauer gesagt an einen …«, Woerner blätterte ein paar Seiten durch, »einen General Washington. Korrekt?«
»Ja.«
»Wer ist dieser Mann?«, wollte Woerner wissen. »Und was will er mit so vielen Transkriptoren?«
»Er ist ein visionärer Führer seines Volkes und ein persönlicher Freund von mir«, antwortete Saxton.
»Die New York Times nennt ihn einen Kriegsverbrecher«, erwiderte Woerner. »Der Bürgerkrieg in Ituri ist berüchtigt. Was unsere PR-Abteilung am allerwenigsten gebrauchen kann, sind Bilder von Genico-Transkriptoren, die eine Frau in Ituri mit Macheten in Stücke hacken. Ich glaube nicht, dass unsere Aktionäre damit einverstanden wären.«
Ein Lachen ging durch die Runde. Saxton spürte, wie er rot anlief. Diese Männer standen einem riesigen Deal für Genico im Weg, ganz zu
Weitere Kostenlose Bücher