Golem - Schicksalstraeger
führen sollte.
»Du solltest dich ausruhen«, sagte ich leise.
»Ts, ausruhen! Neulich komme ich mir so vor als täte ich nichts anderes mehr.« Ich wandte mich ihr zu und setzte mich neben sie aufs Bett. Es war bestimmt der Hexe Werk, entschied ich. Diese Blutbande, wenn ich sie nur durchbrechen könnte. Konnte ich?!
Ich las die Frustration deutlich in Silvanas müdem Gesicht.
»Weißt du, meine Zauberkräfte sind fort und das ist schlimm, aber es ist beinah unerträglich sich vorzukommen wie eine uralte Greisin in Zeiten wie diesen …«
Vielleicht konnte ich etwas tun. Die Flamme in mir gab Stärke und das Wasser wirkte belebend. Der Stein schloss beides sicher ein. Konnte ich etwas davon auf Silvana übertragen. Es gab Leihtsurpa, warum sollte es also nicht auch Leihenergie oder sogar Leihmagie geben?
Aber, rein hypothetisch, wenn jemand so etwas vorhatte, wie stellte man es dann an? Wie sollte ich das machen? Meine Macht durfte sie schließlich nicht verletzen. Bislang hatte ich mein Wirken jedoch sehr negativ verwandt, was war wenn ich es statt mit Wut und Trauer mit Freundschaft und Wohltat verbannt?
Überhaupt, was geschah wenn ich formwandelte, während ich jemandem nah war? Ich legte meine Arme um Silvanas Taille und mein Kinn auf ihre Schulter.
Sie warf mir seitlich einen rätselnden Blick zu.
Ich dachte nach, sollte ich es wagen? Ich könnte Silvana erdrücken, verbrennen, oder ertränken, und wer weiß was sonst noch, wenn das schief ging. Mit einem weiteren Blick in ihr aufgezerrtes Gesicht, schlug ich meine Zweifel in den Wind. Wenn ich es nicht versuchte, da war ich mir sicher, würde sie nicht mehr lange leben.
Aber wenn ich einen Teil von mir verlieh, was passierte dann mit mir? Ich ließ von Silvana ab und sah erst jetzt die erwartungsvollen Blicke, hörte die Stille neugierig knistern.
Die Ströme … Die Ströme! Ich würde die Ströme nutzen, damit sie mich in meinem Bestreben unterstützten. Doch nach allem was ich von Silvana wusste, würde sie das nicht gut heißen, wenn sie das nicht sogar erschrecken oder gar ausflippen lassen würde, sofern sie dafür noch genug Kraft besaß. Sie würde definitiv sterben, wenn ich es nicht zu verhindern wusste. Ich seufzte und strich mir grübelnd übers Kinn.
»Was ist, wenn ich dir helfen kann?«, fragte ich.
»Du? Wie?«, fragte sie skeptisch.
»Sagen wir, ich hab da so eine Idee …«
»Und welche?«, entgegnete sie ein bisschen bissig, wohl weil ich ihr nicht direkt antwortete. Aber wofür auch? Sie musste den Plan schließlich nicht kennen, sondern sich nur darauf einlassen.
»Vertraust du mir?«, fragte ich, und sah ihr fest in die matten Augen. Nach einem Moment nickte sie langsam.
»Dann lässt du es mich probieren?« Ehe sie fragen konnte was, fügte ich schnell hinzu: »Ohne, dass ich dir haarklein erkläre wie. Alles was ich dir sagen werde ist, dass ich dir etwas leihen werde.«
Silvana legte unschlüssig die Stirn in Falten. Ich wusste, wie sehr sie es hasste unwissend zu bleiben. Aber sobald sie auch nur »Ströme« hören würde, würde sie strikt ablehnen.
»Silvana!«, forderte ich ungeduldig ihre Aufmerksamkeit.
»Nah schön«, sagte sie leise. Ich überhörte nicht ihre Zweifel, jedoch hatte ich das Bedürfnis sofort anzufangen – das hieß erst einmal testen, wie das mit den Strömen abzulaufen hatte.
»Bin gleich zurück, ruh dich bis dahin aus. Und ihr zwei«, ich deutete auf die beiden Tsurpa, »wehe ihr macht Dummheiten, während ich weg bin!«
Ich ging durch die Hintertür raus. Der Mond schien klar vom Himmel. Es war zwar kein Vollmond, trotzdem dachte ich, dass wäre ein gutes Zeichen, denn er würde mein Wirken verstärken. Ich suchte mir im Wald ein stilles Plätzchen. Dort wühlte ich Laub beiseite bis alles was blieb die schwarze feuchte Erde war. Ich legte mich flach auf den Boden und erstaunte. Hier war das Netzwerk der Ströme so deutlich und intensiv wie noch nie zuvor.
Die großen, tiefen Wurzeln der Pflanzen schienen dazu beizutragen und filterte die Ströme zugleich. Zu dem gesellte sich noch die Tatsache, dass dieser Ort überaus magisch war. Das war sehr gut, perfekt! Woher ich das wusste? Keine Ahnung. Und doch war es eine Art Instinkt, der sich so selbstverständlich wie natürlich anfühlte.
Diese Filterung war gut, denn sie vereinfachte mein Unterfangen.
Unschlüssig sah ich mich um. Ich musste mein Vorhaben an etwas Lebendigem testen. Ein aufkeimendes Bäumchen, das sich in meiner
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