Golem - Schicksalstraeger
folgte tiefe Stille kurz seinen Worten.
»Dennoch, selbst wenn das an dem ist … Der Tod hatte mich noch nicht.«
»Er hatte mindestens schon eine seiner kühlen, knöchernen Hände auf deinen Schultern!«
Silvana schluckte. Sie merkte wie ernst Boris das meinte. Wie knapp sie ihm entronnen war, fragte sie sich kurz und musste unweigerlich wieder daran denken, wie es ihr zuvor ergangen war. Jedoch wanderten ihre Gedanken nur kurz, dann waren sie wieder bei Golem.
»Aber dann ist der Tod ja trotzdem noch nicht so ganz für mich zuständig gewesen, oder?«
Boris wog nachdenklich den Kopf, ehe er zum wiederholten Male ausstieß: »Unmöglich!«
»Möglich, genug! Aber wer war nun für mich zuständig, wenn es nicht der Tod persönlich war?« Boris pustete kräftig.
»Das sind Legenden«, entgegnete er schließlich.
»Was für Legenden?«, hakte Silvana scharf nach.
Boris schluckte. Die Drachen hüteten Geheimnisse, die alt waren. Manche älter als alles andere. Und gerade die mussten gehütet werden. Dazu gehörte genau diese Legende. Da es Golem aber gelungen war den Tod zu betrügen, schien es ihm nicht mehr zeitgemäß seine Lippen versiegelt zu halten.
»Es heißt, dass …«, er rang mit sich. Drachengeheimnisse! Sie waren nicht für jedermann. Doch da Golem noch lebte … War auch er Teil dieser Drachengeheimnisse? War er eine lebende Legende?! Er schüttelte diesen Gedanken ab.
»Es heißt, der Tod und das Leben hätten sich am Anfang der Lebensgeschichte gepaart. Aus ihrer Verbindung sei ein Kind hervorgegangen. Eines aus Fleisch und Blut, das sich jedoch aufgrund seiner Entstehungsart von allen anderen Lebenden unterschied. Denn die Zeit habe keine Handhabe über dieses Kind. Es wuchs bis zu einem jungen Erwachsenen heran und danach wurde es nicht mehr älter. Fortan wurde es zum Wächter über Leben und Tod.«
»Ach komm schon! Was soll das für ein närrisches Drachengewäsch sein. Leben und Tod sind nicht aus Fleisch und Blut!«, stieß Diego höhnisch lachend aus.
»Du musst noch viel lernen. Aber wenn du’s genau wissen willst. Stell ich dir eine einfache Frage: Wenn Leben und Tod das sind was ihre Namen versprechen, warum sollten sie sich dann nicht manifestieren können?«
»Klar, und ausgerechnet den Tod zieht es zum Leben?!«
»Laut allem was die Legende hergibt liebte der Tod das Leben so wie das Leben den Tod liebte, obwohl beiden klar war, dass es nicht funktionieren konnte. Sie waren wie Tag und Nacht. Beide gleichzeitig existent doch so unterschiedlich, dass sie sich eigentlich nie hätten treffen dürfen – außer in der Dämmerung. Was glaubst du, woher der Tod beispielsweise den Beinamen Sensenmann hat oder das Leben gern als Baum des Lebens gesehen wird. Beide existieren und laut der Legende können sie auch andere Formen annehmen.«
»Und wie hilft uns das weiter?«, fragte Silvana, ehe Diego weiter auf dem unwahrscheinlichen Charakter dieser Erzählung herumreiten konnte.
Boris schüttelte den Kopf
»… Wenn es dieses Kind gäbe und wir es umstimmen könnten …«, sagte er schließlich zögerlich. Das erste Mal seit sie Boris kannte konnte sie sein schuppiges Gesicht lesen: Es war hoffnungslos.
Elternbrief
‘Verehrte Mutter, verehrter Vater,
zu meiner Schande muss ich Euch gestehen, dass ich versagte. Meine einzige Aufgabe Zeit meines Lebens und ich scheiterte, Dir die mächtige Großmagierin darzubringen, Vater. Sie sollte eigentlich Ende dieser Woche zu Dir stoßen. Diese Todgeweihte habe ich Dir nicht zusichern können und bitte daher diesen unverzeihlichen Fehler zur Kenntnis zu nehmen.
Mutter, auch Dir habe ich damit zu Lasten gelegt, dass ihr Leben nun ihre eigene Lebensspanne überschreitet.
Stattdessen versuchte ich also mein Versagen mit dem Opfer eines Magiers zu balancieren, jedoch ist jener überraschend anders. Er gab all seine Kraft und mehr an die Hexe die des Todes war und dennoch … Er ist nicht tot!
Ich setzte einen Großteil meiner Mächte ein, aber er … er konnte sich mir im letzten Moment entziehen! Sonderbar, wirklich sonderbar …
Also kann ich Euch nicht einmal versichern, dass er an ihrer Stelle hinübergehen wird.
Ich teile zu meiner Schande mein Bedauern mit und bitte um Eure Vergebung.
Hochachtungsvoll
Euer Kind‘
»Typisch! So typisch! Immer diese Lebenden. Denken wohl sie könnten mir entrinnen! Narren! Überhaupt, was finden sie am Leben?! Es besteht aus nichts außer dem Notwendigen. Überflüssiges Atmen zum
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