Golem - Schicksalstraeger
schlichtweg zu ihm zu kommen. Und das machte Tod wirklich neugierig!
Seinem Kind mochte noch nie ein Fehler bei der Arbeit unterlaufen sein, aber IHM war es noch nie geschehen, dass jemand so vermaledeit verbissen am Leben hing! Und ehrlich, wer glaubte dieser lebende Tote zu sein?!
»Sind die Menschen immer noch so hysterisch, wenn sie einen Wolf sehen?«
»Was denkst denn du?«
Oh, typisch! Warum fragte er überhaupt?
Kurzerhand verwandelte er sich in eine schwarze Ratte und huschte ins Unterholz. Bah, als Ratte roch er den Hund sogar noch besser …
Zielstrebig steuerte er die Hütte an und schlich sich unbemerkt hinein. Drinnen herrschte eine hitzige Diskussion darüber, wie sie diesen Tölpel retten könnten, der sich ihm entzog. Da lag er regungslos auf dem Bett. Er sah nach nichts Besonderem aus, käsig und mit hässlichen Narben im Gesicht. Tod ärgerte sich einen Moment, dass dieser Tunichtgut einfach so in das Spiel aus Leben und Tod eingegriffen hatte.
Dieser sollte ihn nun um diese Hexe gebracht haben? Und was zum Teufel hatte dieser Drache zu sagen?! Er plauderte einfach so die uralten Geheimnisse aus, die nicht für Menschen bestimmt waren!
»Was stinkt hier so nach nassem Hund?«, unterbrach einer der Diskutierenden das Gespräch und schnüffelte angeekelt. Na super! Er sah aus wie eine Ratte und roch trotzdem noch immer wie Hund! Prima! Fehlte nur noch, dass er anfing zu bellen!
Schnell krabbelte er unters Bett in die hinterste, dunkelste Ecke. Wieder schüttelte er die Feuchtigkeit des Regens ab und begann sich zu putzen. Nicht genug damit, dass er nach Hund stank, nein, er schmeckte auch so. Igit!
Nichts wie raus hier! Er flitzte eng an der Wand entlang und hinaus in Freie. Als er wieder bei Leben ankam sah sie ich fragend an.
»Und? Irgendetwas Interessantes?«
»Du meinst, abgesehen davon, dass er noch lebt?« Er widmete ihr einen finsteren Blick. Seit er existierte hatte es noch nie einen gegeben, der ihm widerstehen konnte. Nie!
Ohne Vorwarnung verschwand er und reiste durch sein Reich zu Leto.
Sein Kind stand am Fenster des Turms, der zum Schloss der Schneegrazien gehörte. Sein Kind schaute hinaus, doch als es seine Anwesenheit spürte, drehte Leto sich zu Tod um.
»Ich habe Euch erwartet, Vater.« Beschämt sah sein Kind zu Boden, die Stimme war kalt und Ernst gewesen; absolut freudlos. Und als Tod sein Kind sah überfiel ihn der Gedanke, dass Leto traurig war und allein deswegen versagt hatte. Vielleicht war es ihm und Leben nie bestimmt gewesen ein Kind zu haben. Und obwohl er es nicht wollte, stachen ihn diese Gedanken in seine Seele. Ursprünglich hatte er vorgehabt Leto seinen Zorn zu zeigen, doch nun …
Er seufzte und war unschlüssig, was er sagen sollte.
»Deine Mutter hat keine Probleme mit Deinem Versagen «, sagte er ruhig und dachte wohl sein Kind dadurch zu trösten. Indessen sah er Leto aber zusammenzucken und zu erröten. Verdammt, er war nicht gut darin mit Lebenden umzugehen, sogar wenn es sich dabei um sein eigen Fleisch und Blut handelte.
Unbehaglich verschränkte er die Arme hinter dem Rücken und begann heimlich seine Finger zu kneten.
»Das war vorhersehbar, doch was ist mit Euch, Vater?« Tod begann sich nervös die Lippen zu lecken. Ach, immer so dumme Fragen! Es störte ihn, ja! Sogar sehr gewaltig! Leto hatte schließlich nur diese eine Aufgabe! Welch Schmach!
Und dennoch mochte er es Leto nicht sagen. Er mochte nicht wie unglücklich sein Kind aussah und wollte das erst Recht nicht verschlimmern. Dabei … Was tat er eigentlich? Schließlich hatten ihn menschliche Gefühle nicht zu interessieren, ansonsten würde bald niemand mehr sterben. Bei dem Gedanken lief es ihm eiskalt den Rücken runter er schüttelte sich fröstelnd. Keine Toten mehr? Niemals! Das wäre ja … Wäre ja skandalös!
»Ich bin hier, damit du geradenbiegen kannst, was du vermasselt hast. Dafür werde ich dir zeigen wie dein Geist in die Anderswelt gelangt, während dein Körper im Diesseits ruht.«
Leto sah ihn stirnrunzelnd an. Es war allein dem Tod vorbehalten die Anderswelt zu betreten. Nicht einmal Leben hatte Zutritt. Zugegeben nutzte Leto die Anderswelt seit eh und je. Doch nur um die Macht zu den Totgeweihten zu schicken und sie damit sterben zu lassen. Letos gesamten Geist in die Anderswelt zu verfrachten – nun ehrlich gesagt war das eine schaurige Vorstellung.
Doch in Anbetracht der Schande würde Leto jeden Preis zahlen, um das Versagen zu korrigieren.
Weitere Kostenlose Bücher