Golem - Schicksalstraeger
der Bursche regte mich auf und nervte mich, aber mehr nervte es mich, diese Reise allein anzufangen – abgesehen von Prophet. Ich drehte mich um und schaute zurück zum Dorf. Der Alte war verschwunden. Ich hatte wohl kaum eine Chance ihn zurückzuholen.
Seufzend setzte ich mich in Bewegung. Heute vermisste ich menschliche Gesellschaft.
Silvana war mir beim Umherstreifen auch nie zur Last geworden und sie war ja auch schon älter. Aber wenn wir längere Strecken gewandert waren, dann hatte ich sie nach einer Weile immer Huckepack genommen.
»Verrückt, heute bin ich kaum ein paar Stunden weg und schon vermisse ich die alte Hexe.«
Prophet zwitscherte zur Antwort und ich mochte mich täuschen, aber es klang neckisch. Ich grinste breit, hob meine Hand über den Kopf und tätschelte behutsam Prophets weiches Federkleid. Er hüpfte auf meine Hand und ich betrachtete ihn. Wie schön diese bunte Farbenpracht doch war! Dazu gesellte sich das gute Wesen, das in Prophet steckte.
»Tja, nun also wieder nur wir zwei …« Prophet flatterte auf und sang wie um mich auf unserer Reise willkommen zu heißen. Ich lachte vergnügt und begann die Gegend abzusuchen. Begann nach allem zu schauen und traf alles, was ich erwartete.
Eulen in den Laub-und Nadelbäumen, eine Schlage wand sich zischend durchs Gras und da vor mir erschuf eine Fee eine leuchtende Kugel und setzte sie in die Blüte einer Blume. Die Farben der Lichter, die die Feen verteilten, waren dabei immer exakt dieselben Farben wie die Blüten.
Da spürte ich, obwohl ich Silvana doch vermisste, in Freiheit zu Haus zu sein. Vielleicht war es ganz gut zu reisen nach all der Zeit des Lesens, in der ich mir vorgekommen war, wie ein Gefangener. Ganz gut fort von meinem Gefängnis dem Feenwald zu sein, damit es mir wieder ein Heim werden konnte.
Auf alle Fälle war Silvana mein permanenter Rückzugspunkt und obgleich ich sicher erst noch meine Freiheit weiter genießen wollte, war ich doch erleichtert über den Umstand eine Zuflucht zu haben.
Eine blaue Fee mit schwarzem Haar flog in Schlangenlinien und arbeitete hinter ihren Freunden hinterher. Sie hickste.
»Trunkfee?« Ich hielt vor ihrer Blüte und hockte mich hin.
Sie versuchte, mit vor Konzentration herausgestreckter Zunge, die ganze Zeit die Perle aus Licht direkt in die Mitte zu legen. Dabei entglitt ihr der kleine Ball wieder und wieder, und wieder und wieder hielt Trunkfee ihn noch gerade rechtzeitig fest, damit er nicht auf den Boden aufprallte.
Sobald eine Lichtkugel zu Boden segelte und dort zerschellte, würde das das Licht aller Blüten löschen und dann wäre Trunkfees Gleichen sicher nicht sehr erfreut.
Zuerst dachte ich, Trunkfee würde mich gar nicht wahrnehmen, doch dann, als sie endlich das Licht gut in der Blüte befestigt hatte, sah sie auf.
Ihr Blick war sonderbar. So apathisch hatte ich noch nie eine Fee gesehen. Feen lächelten und erfreuten sich des Lebens. Außerdem waren sie Nichtmagischen gegenüber scheu und sie waren, neben ihrer kindlichen Überschwänglichkeit, doch äußerst geschickt.
Trunkfee sah jedoch ernst und fremd für eine Fee aus und überschwänglich war sie vielleicht was den Genuss vom berauschenden Wasser betraf, was wiederum eine Erklärung für ihre Ungeschicklichkeit sein konnte.
Ich runzelte die Stirn. Trunkfee hickste und schlug kichernd die kleine Hand auf den Mund. Ihre zarten Flügel flatterten die ganze Zeit träge in dem Licht der Blüte.
Nach ihrem flüchtigen Kichern wurde sie wieder todernst und stellte den Kopf schräg.
»Hallo«, sagte ich leise. Trunkfee beäugte mich.
Sonderbar, sonst waren Feen doch immer für ein Schwätzchen zu haben. Ich fragte mich, wenn Trunkfees Verhalten tatsächlich am Ungleichgewicht der Magie lag, wie schief mochte die Waage dann wohl bereits hängen?
»Golem«, sagte sie schließlich nach einer langen Zeit in der sie mich einfach nur gemustert hatte.
Ihr Blick wanderte zu ihrer Lichtkugel.
»So schön es auch leuchtet und klingt, so ist es doch um’s Zigfache dunkler.« Mit diesen Worten, die sie mehr geflüstert hatte als alles andere, erhob sie sich schwankend und hicksend wieder in die Luft und flog zur nächsten Blüte.
Was für eine bizarre Erfahrung eine Fee mal so zu erleben. Nachdenklich machte ich meinen Weg durch das Meer aus Abertausenden bunten Lichtblüten. Sie wogen sich in der sanften Brise. Grillen zirpten ihr Lied, das mit dem säuseln des Windes und dem Wogen des Grases einstimmte. Diese Nacht
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