Golem - Schicksalstraeger
Blick zu dem Bäumchen. Skorn folgte meinem Blick. Ich nahm den Baum vom Boden auf, stapfte kurzerhand zu der Stelle zurück aus der ich ihn herausgerissen hatte, setzte ihn ins Loch und war erleichtert, dass ich ihn mit Wurzeln gepackt hatte. Danach mopste ich mir Skorns Horn. Er protestierte lauthals, als ich das Wasser dem Bäumchen spendete.
»So ist‘s besser …«, seufzte ich erleichtert und reichte Skorn das Horn. Zufrieden sah ich auf das Bäumchen nieder.
»Das war meins.«
»Und? Der Baum brauchte es dringender.«
Skorn grinste wieder, sagte aber nichts.
Als wir dann gemeinsam ins Tal stapften, konnte er sich doch nicht zurückhalten: »An deiner kriegerischen Erscheinung musst du echt noch arbeiten. Die war ja … Ach so zum Fürchten!«, verkündete er mit riesigem Lächeln in seiner Stimme. Er hustete gekünstelt, um sein Lachen zurückzudrängen. Na toll, also war es nicht nur der Baum gewesen. Das hatte ich mir fast schon gedacht. Ein wahrer Brocken hätte auch mit einem Bäumchen bei seinem Feind keine Lachattacke verursacht.
»Ich nutze halt andere Waffen!«, konterte ich bei dem Gedanken.
»Schon klar …«, meinte Skorn und lachte leise, »Todlachen.«
Im Endeffekt konnte ich nicht länger den Zerknirschten spielen und so stimmte ich in sein Gelächter ein.
»Der seine Keule wieder einpflanzt!« Wir lachten noch lauter.
»Du hättest mich ruhig vorwarnen können!«
»Um mir den Spaß entgehen zu lassen?! Du sahst so aus, als bekämst du gleich einen Herzanfall, als du die Waffe gesehen hast.« Mit einem Seitenblick zu mir fügte er hinzu: »Wenn du immer so überreagierst …« Ich sah den freudigen Funken in seinen Augen erlöschen und Ernst an dessen Stelle treten.
»Du hast dich nicht nur deshalb so verhalten?« Ich schwieg. Angst griff kalt nach meiner Kehle. Da wurde mir klar, dass der Tsurpa recht hatte. Ich hatte diesen negativen Strom nicht abschütteln können und jetzt schlug diese Erkenntnis grausig zu. Ich spürte ihn noch und er ließ mich nicht mehr aus seinen Fängen. Ich kannte ihn, warum nur? Es machte mich wahnsinnig keinen Schimmer zu haben.
»Oder?«, setzte Skorn nach, um mein Schweigen zu brechen.
»Du kamst ungelegen«, entgegnete ich ausweichend.
»Und zwar wieso?«
Ich zuckte mit den Schultern. Wie viel wusste der Tsurpa über solche wie mich?
»Ich habe was gespürt. Es war der …«
Ich zögerte. Es war der Strom der Hexe gewesen, doch waren diese Ströme nicht irgendwelche Ströme, wie ich jetzt realisierte. Es waren die magischen Ströme. Ich wusste mit dieser Erkenntnis nichts anzufangen. Wusste nichts über magische Ströme. Wieder ergriff mich das Gefühl etwas zu kennen, ohne mich zu erinnern.
»… der magische Strom der Hexe«, führte ich meinen Satz fort.
Ich blieb stehen, um dem Gefühl meiner Füße zu lauschen. Der Schreck traf mich, als ich die Veränderung bemerkte. Das was von der Hexe ausging wurde stärker; zunehmend, wenn auch kaum spürbar. Unter normalen Umständen hätte ich es nicht mal erkannt, wenn ich nicht diese sonderbare Verbindung zu diesem Strom hätte.
Skorn musterte mich. Er war seinerseits ein paar Schritte vor mir zum Stehen gekommen. Offenbar wartete er auf mehr Informationen.
»Ich fühle, dass ich …«, konnte ich ihm erzählen, dass ich mit der Hexe verbunden war?! Nein, entschied ich, noch nicht. Dafür traute ich ihm zu wenig.
Mit einer wegwerfenden Handbewegung rettete ich mich in ein: »Egal.« Skorn war rücksichtsvoll genug, um nicht weiter darauf einzugehen, aber mir wurde klar, dass er mich im Auge behielt - mich und meine Reaktionen.
Das, was ich über Tsurpa gelesen hatte, wurde vor meiner Nase real: Sie hatten ein Gespür für magische Wesen. Einen sechsten Sinn, der über ihr Blut bis tief in ihre Seelen verwurzelt war. Ich hatte es bis dato für Schwachsinn gehalten, aber Skorn bewies mir soeben das Gegenteil.
Dennoch schwiegen wir, als wir unseren Weg fortsetzen und ich wünschte mir sehnlichst Silvana herbei, die mich beruhigen und mir Erklärungen bieten könnte.
»Ein Brocken ist nicht empfänglich, zumindest nicht in dem Maße wie du, für solche Sachen«, gab Skorn leise zu bedenken. Ich spürte, dass er vorsichtig mit seiner Wortwahl war und fragte mich, warum. Fragte mich, ob er etwas in mir sah, das mir verschlossen blieb, denn so hatte es auch mit Silvana begonnen. Auch bei ihr hatte ich nach einer längeren Weile als bei Skorn dieses Gefühl bekommen, und dann nicht loswerden
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