Golgrimms wundersame Welt (German Edition)
sich gegeben hatte, glichen nicht dem Gebrüll eines Drachen. Sie glichen eher einer Ansammlung von tausend Drachen, die sich tosend und brutal mit allen Kreaturen der Welt eine erbarmungslose Schlacht lieferten. Und dabei zusätzlich unter Asthma litten!
So lag also Siegbert auf der Seite schlafend auf seiner Decke, wobei er einen ähnlichen Schlafanzug wie Stoffel trug, mit den Unterschieden jedoch, dass seiner knallrot war, eher aus Plüsch zu bestehen schien und die Initialen „SI“ auf der Brust trug.
Stoffel runzelte die schmale Stirn. Viel Stirn blieb nebenbei bemerkt nicht übrig, wenn man als Fledermaus rollende Augen wie Tennisbälle hatte. Mit einem leisen hysterischen Quieken wandte er sich zur rechten Seite, beziehungsweise zur linken Seite aus subjektiver Sicht gesehen, an Servatius, den unangefochtenen Anführer der Spionfledermäuse. Doch was Stoffel da anstelle seines Chefs erblicken musste, war mehr als grausig.
Neben ihm hing zwar noch Servatius pechschwarzer samtener Schlafanzug ohne aufgestickte Initialen, das lag unter seiner Würde, allerdings schien sich Servatius selbst in Luft aufgelöst zu haben. Oder war er etwa über Nacht vertrocknet und hing als staubige Leiche im Inneren des Schlafanzugs?
Mit zitternden Flügeln ergriff Stoffel einen der Ärmel, zog ihn etwas auseinander und spähte hinein. Im Inneren des schwarzen Schlafanzugs war es finster und die Fledermaus konnte keinerlei Hinweise auf eine Existenz von Servatius finden. Angstschweiß perlte ihm über die wie bereits erwähnt sehr schmale Stirn. Er schob seine kleine Schnauze in den Ärmel hinein und flüsterte: „Hey, Chef! Bist du da drinihihi?“
Stoffel hatte das große Problem, dass er sein ewiges Gekicher nur schwer abstellen konnte. Eigentlich konnte er es überhaupt nicht abstellen. Selbst in Situationen allergrößter Not und Angst entfleuchte der kleinsten der drei Fledermäuse immer wieder ein ungewolltes Kichern. Man könnte es damit erklären, dass Stoffel einfach die ultimative Frohnatur war. Vielleicht hatte er auch eine extrem seltene und darüber hinaus extrem unbekannte Kicherkrankheit. Aber am ehesten zutreffend war wohl die Vermutung, dass Stoffel einfach nur einen Knall hatte!
„Wasss machssst du da???“ zischte plötzlich eine leise flüsternde Stimme durch die Höhle. Doch die Stimme verursachte einen solchen Hall und flößte einem eine solche Ehrfurcht ein, dass Stoffel laut aufquiekte vor Angst und Schreck und seine kleinen Klauen an der Decke den Halt verloren. Es war ein überaus kurzer Flug mit einer darauffolgenden weichen Landung, denn Stoffel landete mit dem Kopf voraus direkt auf Siegberts dickem Bauch. Ein lautes Pfmpf! ertönte, gefolgt von einigen Grunzlauten, die vom Erwachen der dicken Fledermaus kündeten. Stoffel schien einige Sekunden mit einem ungewollten Kopfstand auf Siegberts Bauch zu verweilen, dann knickte die Fledermaus langsam nach vorn und knallte mit einem noch lauteren Pardauz! in voller Länge auf den Boden. Doch sofort schoss der kleine Körper wieder in die Höhe und tanzte und zappelte und überschlug sich hysterisch.
Die zischende Stimme gehörte Servatius, dem Anführer des Trios. Seine Stimme zischte immer, sie war leise und bedrohlich, mit einem Kratzen, welches klang wie ein rostiges Messer auf einer Schiefertafel. Servatius war bereits lange wach und bereitete das Frühstück für seine Vettern.
„Frühüstück, mein Dickerchenihihi!“ jauchzte Stoffel, ergriff seinen rundlichen Kollegen am Kragen des Schlafanzuges und rüttelte ihn. Nun war auch Siegbert endgültig wach. Träge und lauthals gähnend setzte er sich an die Kante seiner Schlafstatt und rieb sich die kleinen Schweinsäuglein.
Servatius indes, zweifelsohne der Intelligenteste und auch Bösartigste des Trios und aus diesen Gründen auch der unangefochtene Anführer, schlug mit bösen Blicken einige Eier in die Pfanne. Um den Hals trug er eine schneeweiße Schürze, auf der folgender Schriftzug prangte: „Hier kocht der Chef persönlich!“ Und weiter drunter stand in etwas kleineren Lettern: „Wenn es dir nicht schmeckt, dann lernst du mich kennen!“ Wenn man Servatius schon länger kannte, so war dies eine Drohung, die nicht ausgesprochen werden musste.
Nun, wenn man Servatius nicht kannte, so reichte ein Blick in seine blutunterlaufenen Augen und die kleinen Blitze des Zorns und der Boshaftigkeit, welche förmlich aus ihnen herausschossen, um diese
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