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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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deshalb zieht sich das Schiff selbst nach unten, mithilfe der Winden in der Gondel. Sobald es niedrig genug ist, gehen wir an Bord und schneiden die Seile durch. Daraufhin saust das Schiff nach oben wie ein Korken im Wasser.«
    Deryn unterbrach sich und lauschte. Leises Knurren hallte durch den Wald, und ihr stellten sich die Nackenhaare auf. Es klang so, als wären die Bären einen Micker näher gekommen, doch vielleicht spielten ihr auch nur die Nerven einen Streich.
    »Wenn Sie das zweimalige Tuten eines Horns hören, sagen Sie Ihren Männern, sie sollen alles aus den Fenstern werfen, was sie finden – Ihre kostbaren Proben eingeschlossen – sonst verspeisen uns die Bären zum Abendessen!«
    Der Mann nickte und gab seinen Leuten auf Russisch Anweisungen, wobei er mit seinem Gehstock fuchtelte. Deryn vermutete, den Teil mit dem Überlastalarm ließ er wohl aus, aber daran konnte sie nichts ändern. Sie holte ein Stück Seil hervor und begann, sich einen Klemmknoten zu schnüren, nur für den Fall, dass sie klettern müsste.
    Kurz darauf erreichte das Luftschiff sie, und die Motoren dröhnten, während die Mannschaft das Landemanöver einleitete. Schwere Taue fielen aus den Luken des Laderaums herunter und wie ein schaukelnder Wald aus Seilen und schwangen um sie herum.
    Die Russen machten sich an die Arbeit, fingen die Taue und schlangen sie um die Bäume. Deryn konnte die Flieger unter ihnen leicht an den Knoten erkennen – mindestens ein Dutzend Männer hatten zur Mannschaft des abgestürzten Luftschiffs gehört. Sicherlich war ihnen bewusst, dass das wertvolle Gepäck des Eierkopfs über Bord gehen musste, wenn das Luftschiff nicht an Höhe gewann. Kein anständiger Flieger würde nach dem, was er dem anderen Luftschiff angetan hatte, zögern, sich Mr. Teslas Befehlen zu widersetzen.
    Als das letzte Tau verknotet war, holte Deryn die Signalflaggen hervor und übermittelte das Zeichen, dass sie fertig waren. Die Seile zogen sich straff und begannen zu knarren, nachdem die Winden angelaufen waren.
    Zuerst schien sich das Luftschiff überhaupt nicht zu bewegen. Dann jedoch verrutschten einige der kleineren Bäume auf dem Boden. Deryn rannte zu dem, der ihr am nächsten war, und setzte sich darauf, um das Gewicht zu erhöhen. Die Russen verstanden sofort, und bald darauf hatten sie sich auf allen nervös wackelnden Stämmen verteilt. Mr. Tesla schaute ausdruckslos zu, als handelte es sich bei der Operation um eine Art physikalisches Experiment und nicht um eine Rettungsaktion.
    Es war fast Mittag geworden, als der Schatten der Leviathan schließlich genau über ihnen lag und sich langsam vergrößerte, während das Luftschiff sich herabsenkte.
    Deryn lauschte wieder und runzelte die Stirn. Das Gebrüll der Bären in der Ferne war verstummt. Waren sie inzwischen so weit weggelaufen, dass man sie nicht mehr hören konnte? Oder hatten die Bären das letzte Fleisch gefunden und gefressen und schlichen nun der Witterung des Flugtiers hinterher?
    »Ein wahrer Riese, Ihr Wasserstoffatmer«, sagte Mr. Tesla und runzelte die Stirn. »Ist das die Bedeutung von › Leviathan ‹?«
    »Aye, sie haben also schon von uns gehört.«
    »Gewiss. Sie waren in diese –« Mit der nächsten heftigen Windböe wurde der Baumstamm, auf dem Deryn stand, in die Luft gezogen, und Mr. Tesla wurde zu Boden geworfen. Die Leviathan trieb vielleicht zwanzig Fuß davon und schleppte ein kleines Heer von Russen auf umgefallenen Baumstämmen hinter sich her.
    Die Männer klammerten sich tapfer fest. Bald ließ der Wind nach, und das Luftschiff sank wieder der Erde entgegen.
    »Alles in Ordnung, Sir?«, rief Deryn.
    »Alles bestens.« Mr. Tesla stand bereits wieder und wischte sich den Reisemantel ab. »Aber wenn Ihr Schiff diese Stämme heben kann, warum machen Sie dann so ein Theater wegen des bisschen zusätzlichen Gepäcks?«
    »Das war eine Windböe. Wollen Sie Ihr Leben davon abhängig machen, wann die nächste kommt?«
    Deryn sah nach oben. Die Leviathan war nah genug, um zu erkennen, dass einer der Offiziere sich aus dem Frontfenster der Brücke lehnte. In seinen Händen flatterten Signalflaggen …
    B-Ä-R-E-N—A-U-F—D-E-M—W-E-G—H-I-E-R-H-E-R—F-Ü-N-F—M-I-N-U-T-E-N.
    »Pusteln und Karbunkel«, entfuhr es Deryn.
    Das Luftschiff befand sich immer noch in einer Höhe von einem Dutzend Meter, als Deryn den ersten Kampfbären entdeckte.
    Er rannte durch den Bereich, wo noch Bäume standen, und sein schnaufender Atem bildete kleine

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