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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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steuern Sie nur die großen Städte wie Chicago an?«
    »Ach«, sagte der Kapitän und stellte sein Glas vorsichtig auf den Tisch. »Wir werden in keiner dieser Städte anlegen, fürchte ich. Das ist uns nicht gestattet.«
    »Die Leviathan ist ein Kriegsschiff einer Weltmacht, die sich im Kriegszustand befindet«, erklärte Alek. »Sie darf nur vierundzwanzig Stunden in neutralen Häfen bleiben. Auch dürfen wir nicht einfach über Ihr Land fliegen und anhalten, wo es uns gefällt.«
    »Aber was ist der Sinn einer Publicity-Tour, wenn Sie nicht anhalten, um sich zu zeigen?«, fuhr Hearst auf.
    »Um diese Frage zu beantworten, mangelt es mir leider an Kenntnissen«, erwiderte Kapitän Hobbes. »Mein Befehl lautet, Mr. Tesla nach New York zu bringen.«
    Graf Volger ergriff das Wort. »Und wie wollen Sie das bewerkstelligen, ohne Amerika zu überfliegen?«
    »Es gibt zwei Möglichkeiten«, sagte der Kapitän. »Wir hatten geplant, weiter nach Norden zu fliegen – Kanada ist schließlich Teil des britischen Empires. Aber nachdem uns der Sturm hierher verschlagen hat, geht es vielleicht einfacher über Mexiko.«
    Alek runzelte die Stirn. Niemand hatte mit ihm über diese Änderung des Plans gesprochen. »Ist Mexiko nicht auch neutral?«
    Der Kapitän hob die Hände. »In Mexiko tobt gerade eine Revolution. Dementsprechend werden sie kaum ihre Neutralität verteidigen wollen.«
    »Mit anderen Worten, die können Sie nicht am Überflug hindern«, sagte Tesla.
    »Politik ist die Kunst des Möglichen«, sagte Graf Volger. »Aber es wird dort wenigstens wärmer sein.«
    »Eine brillante Idee!« Mr. Hearst winkte einen Diener herbei, der sich beeilte, ihm Feuer für seine Zigarre zu geben. »Das ist eine fantastische Geschichte: Auf Friedensmission über ein kriegsverheertes Land reisen!«
    Alle starrten Mr. Hearst an, und Alek hoffte, der Mann scherzte. Während der osmanischen Revolution hatten Alek und Deryn ihren Freund Zaven verloren, einen von Tausenden, die im Kampf gefallen waren. Und wenn Alek recht informiert war, ging es bei der mexikanischen Revolution weitaus blutiger zu.
    Während das unbehagliche Schweigen andauerte, räusperte er sich. »Wissen Sie, ein Großonkel von mir war einmal Kaiser von Mexiko.«
    Hearst starrte ihn an. »Ich dachte, Ihr Großonkel wäre Kaiser von Österreich?«
    »Ein anderer Onkel«, erklärte Alek. »Ich spreche von Ferdinand Maximilian, dem jüngeren Bruder von Franz Joseph. Er hat allerdings nur drei Jahre geherrscht. Dann hat man ihn erschossen.«
    »Vielleicht könnten Sie über sein Grab fliegen«, sagte Hearst und pustete auf die Glut seiner Zigarre. »Werfen Sie ein paar Blumen ab oder so.«
    »Äh, ja, vielleicht.« Alek bemühte sich, sein Erstaunen zu verbergen, und fragte sich wieder, ob der Mann scherzte.
    »Der Leichnam des Kaisers wurde nach Österreich überführt«, sagte Graf Volger. »Zu jener Zeit ging es noch zivilisierter zu.«
    »Aber irgendwo lauern vielleicht doch noch ein paar Schlagzeilen.« Hearst wandte sich an den Mann, der zwischen Alek und Graf Volger saß. »Sorgen Sie auf jeden Fall für ein paar Schüsse mit Ihrer Majestät auf mexikanischem Boden.«
    »Ganz bestimmt, Sir«, sagte Mr. Francis, der Alek als Chef von Hearsts Wochenschaugesellschaft vorgestellt worden war. Zusammen mit einer jungen Reporterin und einigen Kameraassistenten würde er auf der Leviathan mit nach New York fliegen.
    »Wir werden in jeder Hinsicht kooperieren«, sagte der Kapitän und prostete Mr. Francis mit dem Glas zu.
    »Gut, genug von der Politik«, befand Mr. Hearst. »Zeit für die Abendunterhaltung!«
    Auf seinen Befehl hin räumten die Diener das letzte Geschirr vom Tisch. Die elektrischen Flammen in den Kronleuchtern erloschen, und der Wandbehang hinter Alek glitt zur Seite und enthüllte ein großes Stück silberweißen Stoffes.
    »Was kommt jetzt?«, erkundigte sich Alek im Flüsterton bei Mr. Francis.
    »Wir werden uns Mr. Hearsts letzte große Leidenschaft anschauen. Möglicherweise einen der besten Filme, der je gedreht wurde.«
    »Nun, ja, bestimmt wird es der beste, den ich je gesehen habe«, murmelte Alek und drehte seinen Stuhl zu der Leinwand um. Sein Vater hatte solche Vorführungen bei ihnen zu Hause nicht erlaubt, und öffentliche Kinos waren für den Prinzen natürlich nicht in Frage gekommen. Alek musste zugeben, dass er durchaus neugierig war.
    Zwei Männer in weißen Mänteln rollten eine Maschine herein und richteten sie auf die Leinwand aus. Sie

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