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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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nicht wieder bei klarem Verstand. Seit er sich den Kopf gestoßen hatte, verschwammen die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fantasie ein wenig.
    »Ich wette, Sie beide können es gar nicht abwarten, sich selbst auf der Leinwand zu sehen!«, sagte Hearst und legte Alek und Mr. Tesla jeweils eine Hand auf die Schulter.
    »Als würde man in die Zukunft schauen«, sagte Tesla und lächelte. »Eines Tages werden wir in der Lage sein, laufende Bilder per Funk zu übertragen, so wie heute schon Klänge.«
    »Was für ein wunderbarer Einfall«, meinte Alek, obwohl er die Idee eigentlich schrecklich fand.
    »Keine Sorge, Majestät«, sagte Mr. Francis leise. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie gut aussehen. Das ist meine Aufgabe.«
    »Sehr tröstlich.« Alek erinnerte sich daran, wie er in der New York World zum ersten Mal eine Fotografie von sich gesehen hatte. Anders als ein anständiges Gemälde hatte es eine unangenehme Ähnlichkeit zu seinem wirklichen Aussehen besessen, und seine großen Ohren hatten sogar noch größer gewirkt. Er fragte sich, was diese laufenden Bilder mit seinem Gesicht machen würden, und ob es so zitterig und überhastet auf der Leinwand aussehen würde wie Pauline und ihre Kollegen.
    Beim Gedanken an die Heldin wandte er sich wieder zu Mr. Francis um. »Fliegen in Amerika Frauen tatsächlich Ballon?«
    »Nun, sie müssen es schon wollen! Pauline lebt gefährlich ist so beliebt, dass unsere Konkurrenten etwas mit dem Titel Helens Husarenstücke produzieren. Und wir planen zusätzlich Elaine und ihre Erlebnisse. «
    »Wie … alliterierend«, sagte Alek. »Was ich jedoch meinte: Tun Frauen solche Dinge auch außerhalb von Filmen?«
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Sicherlich, ich glaube schon. Haben Sie je von Bird Millman gehört?«
    »Der Hochseiltänzerin? Aber die ist Zirkusartistin.« Alek seufzte. Lilit hatte immerhin gewusst, wie man einen Flugdrachen lenkte. Aber sie war auch eine Revolutionärin gewesen. »Ich meine, ob normale Frauen fliegen?«
    Graf Volger mischte sich ein: »Ich denke, Prinz Aleksandar möchte fragen, ob amerikanische Frauen manchmal so tun, als wären sie Männer? Mit diesem Thema beschäftigt er sich augenblicklich sehr intensiv.«
    Alek warf dem Wildgrafen einen bösen Blick zu, doch Mr. Francis lachte nur.
    »Wie es mit dem Fliegen aussieht, weiß ich nicht«, sagte er, »aber wir haben eine Menge Frauen heutzutage, die Hosen tragen. Und ich habe kürzlich gelesen, dass einer von zwanzig Läuferpiloten eine Frau ist!« Der Mann beugte sich vor. »Denken Sie darüber nach, sich eine Amerikanerin als Braut zu suchen, Majestät? Vielleicht eine, die den Geist des Wilden Westens in sich trägt?«
    »Mein Gott, nein, solche Pläne hatte ich noch nicht in Erwägung gezogen.« Alek sah Volgers blasierte Miene und fügte hinzu: »Aber fünf Prozent sind schon eine Menge, oder?«
    »Vielleicht wollen Sie sich noch ein wenig mit Miss White unterhalten?«, fragte Francis und zwinkerte. »Sie ähnelt durchaus ein bisschen den Frauen in ihren Rollen. Sie spielt alle Stunts selbst.«
    Alek sah am Tisch hinunter zu der Schauspielerin, die Pauline verkörperte. Sie hatte, wie er sich erinnerte, den ungewöhnlichen Namen Pearl White. Gegenwärtig unterhielt sie sich angeregt mit Dr. Barlow und ihrem Loris, und Alek fragte sich, worüber sie wohl sprachen.
    »Das wäre bestimmt eine schöne Schlagzeile«, meinte Mr. Francis. »Ein Filmsternchen und ein Prinz.«
    »Sternchen«, sagte Bovril und ließ sich von Aleks Schulter gleiten.
    »Danke, nein«, sagte Alek. »Wenn ich mich jetzt mit ihr unterhalte, zerstöre ich nur die Illusion.«
    »Sehr weise, Durchlaucht«, sagte Volger und nickte verständig. »Es ist besser, Schein und Sein nicht miteinander zu vermischen. Im Augenblick ist die Welt dafür zu gefährlich.«

25. KAPITEL
    Mit frischen Vorräten versorgt hob die Leviathan am nächs ten Tag ab, Stunden, ehe die erlaubten vierundzwanzig Stunden verstrichen waren. Von seinem Kabinenfenster aus sah Alek, was es eigentlich mit den seltsamen Gebäuden auf Hearsts Anwesen auf sich hatte. Die Häuser waren nicht nur unfertig und innen leer, sondern auch nur dazu bestimmt, aus bestimmten Perspektiven gefilmt zu werden. Darin leben sollte niemand.
    Mit anderen Worten, sie waren überhaupt nicht echt.
    Alek blieb den größten Teil des Tages in seiner Kabine und mied die Wochenschau-Kameras, die in den Gängen des Schiffes surrten. Eine seiner Großtanten hatte geglaubt, Fotografien

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