Gondeln aus Glas
angrinste, keine Ahnung hatte. Was letzten Endes, sagte sich Lord Duckworth, keine Überraschung war – jedenfalls nicht bei Leuten, die Frösche verspeisten und sich allenfalls mit schweinischen Fotografien auskannten.
Lord Duckworth, der unwillkürlich an Nelson und die Seeschlacht von Trafalgar denken musste, beschloss, seine Pflicht zu tun und diesen ignoranten Franzosen in den Grund zu bohren.
Er richtete einen kühnen Blick auf den Kunsthändler und sagte (um den Burschen nicht misstrauisch zu machen) mit gelangweilter Stimme: «Ich nehme das Blatt.»
Normalerweise hätte er die Zeichnung sofort bezahlt und seine Prise anschließend ins Hotel getragen. Aber dazu hätte er die Brieftasche aus seinem Reiseanzug nehmen müssen, und dagegen sprach die Anwesenheit eines Mannes in einem fadenscheinigen Gehrock, der den Laden vor fünf Minuten betreten hatte. Ein Wink des Kunsthändlers hatte ihn auf einen Stuhl neben der Eingangstür dirigiert, und dort saß er jetzt und blätterte scheinbar harmlos in der Gazetta di Venezia.
Lord Duckworth hatte natürlich sofort erkannt, dass der Bursche alles andere als harmlos war. Er war schließlich nicht von gestern. Er hatte den Burschen aus den Augenwinkeln beobachtet und war zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei dem Mann – so abgerissen, wie der aussah – nur um einen Vertreter der venezianischen Unterwelt handeln konnte. Vielleicht sogar um den Lieferanten des dicken Franzosen, der gekommen war, um die Sore zu kassieren – ein Großteil der Bestände dieses Geschäftes bestand wahrscheinlich aus Diebesgut. Und zweifellos würde der Bursche jetzt genau darauf achten, aus welcher Tasche er seine Brieftasche zog, um es dann seinen Kumpels auf der Piazza mitzuteilen. Gute Taschendiebe, das wusste Lord Duckworth, arbeiten so. Die stellten immer erst vorher fest, wo das Opfer sein Geld hatte – indem sie es beim Bezahlen beobachteten. Was er, dachte Lord Duckworth, selbstverständlich nicht tun würde. Und auch gar nicht musste, denn der Händler (der sich Alphonse de Sivry nannte – ein Name, so echt wie eine Sieben-Pfund-Note) hatte sich sofort bereit erklärt, das Blatt ins Danieli bringen zu lassen und die entsprechende Summe im Hotel kassieren zu lassen.
Wahrscheinlich, dachte Lord Duckworth fast mitleidig, wiegte sich das arme Schwein jetzt in der Illusion, ihn übers Ohr gehauen zu haben.
Als er das Geschäft verließ (wobei er sich bemühte, ein triumphierendes Grinsen zu unterdrücken), machte er vorsichtshalber einen kleinen Bogen um den Vertreter der venezianischen Unterwelt. Der hockte immer noch mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck auf seinem Stuhl und hatte die Dreistigkeit, ihm zum Abschied freundlich zuzunicken.
«Gratuliere», sagte Tron, der aufgestanden war, nachdem sich die Tür hinter dem rothaarigen Kunden im karierten Reiseanzug geschlossen hatte. Zwar hatte Tron die Zeichnung, um die es eben gegangen war (Sivry hatte sie mit verdächtiger Eile wieder in der Schublade verschwinden lassen), nicht gesehen, aber die zufriedene Miene des Kunsthändlers besagte deutlich, dass sich das Geschäft gelohnt hatte.
«Seine Lordschaft war auch sehr befriedigt», sagte Sivry heiter. Dann wurde er ernst. «Ich hatte Sie bereits erwartet, Conte.» Er sah Tron aufmerksam an.
«Es geht um Valmarana, richtig?»
Tron nickte. «Allerdings.»
«Ich vermute, dass Sie ihn vernommen haben.
Und jetzt von mir hören wollen, ob seine Geschichte stimmt oder nicht.»
«Woher wissen Sie das alles?»
Sivry zuckte nervös die Achseln. Dann sagte er, ohne Tron anzusehen: «Manin arbeitet seit gestern für mich.» Eine leichte Röte überzog sein Gesicht und vermischte sich mit dem diskreten Rouge, das er aufgelegt hatte. «Er hat mir erzählt, was passiert ist. Und dass es einen Streit zwischen Kostolany und Valmarana gegeben hat. Es lag auf der Hand, dass Sie Valmarana vernehmen und anschließend zu mir kommen würden, um seine Geschichte zu verifizieren.»
«Stimmt seine Geschichte?»
Sivry sagte: «Valmarana hatte Kostolany tatsächlich eine Fälschung angeboten – ohne zu wissen, dass es eine war. Kostolany hat das Blatt wegen des Wasserzeichens abgelehnt, und daraufhin fühlte sich Valmarana betrogen. Er war davon überzeugt, Kostolany hätte ihm eine Kopie zurückgegeben. Das war der Grund für den Streit, den Manin gehört hat.»
«Und Sie haben Valmarana klar machen können,
dass Kostolany nicht versucht hat, ihn zu betrügen.»
Sivry
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