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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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zufällig erfahren. Daraufhin hat Kostolany nachgeforscht und festgestellt, dass Troubetzkoy ihn und den Zaren nicht zum ersten Mal betrogen hat.»
    «Hat Kostolany den Großfürsten zur Rede gestellt?»
    Sivry lächelte matt. «Ja, sicher. Aber Troubetzkoy hat alles abgestritten. Woraufhin Kostolany Beweise gesammelt hat, mit denen er sich direkt an den Intendanten des Zaren wenden wollte.» Sivry sah Tron an und sprach das aus, was auf der Hand lag. «Wenn der Großfürst erfährt, dass Kostolany erdrosselt worden ist, wird sich sein Bedauern in Grenzen halten.»
    «Falls er es nicht schon weiß.» Mein Gott, dachte Tron, wie hatte er das bloß übersehen können. Einen Moment lang war er froh darüber, dass Bossi nicht an der Tür stand, um sich Notizen zu machen.
    Vermutlich wäre der Sergente eher darauf gekommen. Tron sagte: «Dass wir außer Valmarana keine heiße Spur haben, stimmt nicht. Kostolany hatte für den Donnerstag zwei Initialen – ein ‹P› und ein ‹T› – in seinem Terminkalender notiert.»
    «Pjotr Troubetzkoy?» Sivry füllte sein Likörglas auf und nippte vorsichtig daran. «Wollen Sie damit sagen, dass der Großfürst in der Mordnacht im Palazzo da Lezze gewesen ist?»
    «Es könnte sinnvoll sein, ihn danach zu fragen.
    Kennen Sie Troubetzkoy persönlich?»
    «Ich bin ihm nur einmal im Apollosaal des Fenice begegnet», sagte Sivry. «Troubetzkoy stand mit Kostolany zusammen, und der hat uns einander vorgestellt.» Er sah Tron besorgt an. «Was haben Sie jetzt vor, Commissario?»
    «Troubetzkoy nach dem Essen einen Besuch abzustatten und ihm ein paar Fragen zu stellen. Nach seinem Verhältnis zu Kostolany und der Eintragung im Terminkalender.»
    Sivry war aufgestanden, drehte sich zu dem gro ßen Spiegel, der über einer Kommode hing, und zupfte an seinem Halstuch. «Dann nehmen Sie Ihren uniformierten Sergente mit», sagte er. «Wenn Sie nicht in Begleitung eines Uniformierten erscheinen, hat er keinen Respekt vor Ihnen. Der Großfürst trägt gern Uniform. Er ist immer noch Rittmeister der Alexander-Husaren.»

10
    Eine halbe Stunde später stocherte Tron lustlos in seinem Aal, den Alessandro ebenso lustlos serviert hatte. Der anguilla in umido, Aal in Tomatensoße, erinnerte Tron farblich an Vanilleeis mit Kirschen –  Eis mit Heiß! Das hätte er im Moment wesentlich lieber verspeist als einen lauwarmen Fisch, denn die leichte Brise, die am Vormittag ein wenig Kühlung in die Stadt geweht hatte, war inzwischen abgeflaut.
    Jetzt, am frühen Nachmittag, lag brütende Hitze über den Dächern, und Tron fragte sich, welche Temperaturen wohl der Hochsommer bringen würde, wenn bereits der Juni unerträglich war.
    Früher, dachte Tron melancholisch, hätte kein Mensch die Sommermonate in der Stadt verbracht – im Hochsommer zogen sich die Venezianer traditionellerweise zur villeggiatura auf ihre Landsitze zurück.
    Hatten die Trons nicht einmal ein Anwesen im luftigen Asolo besessen? Tron erinnerte sich dunkel an eine Bemerkung seines Vaters. Aber offenbar war das Anwesen noch zu dessen Lebzeiten verkauft worden – ebenso wie fast alle Gemälde im Palazzo Tron, die hässliche, helle Rechtecke auf den Damasttapeten zurückließen.
    Tron lockerte seine Halsbinde, trank einen  Schluck sauren Pino Grigio und ließ lustlos ein Stück Aal in seinem Mund verschwinden. Der Aal und der Pino Grigio passten gut zusammen, weil sie beide Zimmertemperatur hatten.
    «Ich weiß», sagte die Contessa, «dass man bei der Principessa besser speist als bei uns. Obwohl sie allen Grund hätte zu sparen.» Die Principessa hatte Grund zu sparen? Das war nicht ganz nachvollziehbar, aber was die Contessa danach äußerte, war noch unverständlicher. «Schon wegen der Gondeln, die vorhin geliefert worden sind. Die Rechnung ist sofort fällig.»
    Tron hob den Kopf. «Welche Gondeln sind geliefert worden?»
    «Die Gondeln aus Baccarat sur Meurthe. Hast du die Kisten unten im andron nicht gesehen?»
    Tron schüttelte den Kopf. «Ich habe das Wassertor gar nicht benutzt. Ich bin zu Fuß gekommen.»
    «Vier Kisten mit jeweils zweihundert Stück», sagte die Contessa. «Also achthundert Gondeln. Falls keine zerbrochen ist.»
    Achthundert zerbrechliche Gondeln, die irgendwelche Franzosen in vier Kisten verpackt hatten. So weit, so gut. Tron sagte: «Vielleicht verrätst du mir, wovon die Rede ist.»
    Die Contessa hob erstaunt die Augenbrauen. «Die Principessa behauptet, sie hätte mit dir darüber

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