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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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nickte. «In beiden Zeichnungen war eindeutig dasselbe Wasserzeichen. Valmarana hatte vor, sich bei Kostolany zu entschuldigen.»
    Was Valmarana wahrscheinlich auch getan hat,  dachte Tron, dem es nicht gelang, sich Valmarana ohne seine rote Eisenbahneruniform vorzustellen. Er sagte: «Leider hat er sich die Mordnacht dafür ausgesucht.»
    «Sie halten Valmarana also für unschuldig?»
    Sie hatten auf zwei eleganten Fauteuils Platz genommen, an einem kleinen Tischchen, auf dem neben einer Stampa di Torino (die Tron eigentlich hätte konfiszieren müssen) eine Karaffe mit zwei Likörglä sern stand. «Wenn Kostolany tatsächlich versucht hätte, Valmarana zu betrügen», sagte Tron, «hätte Valmarana ein Motiv für diesen Mord gehabt. Aber das ist offenbar nicht der Fall.»
    «Gibt es inzwischen eine andere Spur?»
    Tron schüttelte den Kopf. «Die einzige konkrete Spur, die wir hatten, war Valmarana.»
    Er sah aus dem Fenster auf die Piazza San Marco hinaus, konnte allerdings nicht viel erkennen, denn sein Ausblick wurde von einer Gruppe kaiserlicher Offiziere blockiert, die den neuen Canaletto bewunderten, mit dem Sivry seit ein paar Tagen sein Schaufenster dekoriert hatte. Der Canaletto letzter Woche, ein farbenfrohes Gemälde der Piazetta, war für den äußerst günstigen Preis von sechstausend Gulden an einen Amerikaner verkauft worden. Tron hatte keinen Zweifel daran, dass auch dieser heitere und erstaunlich frisch aussehende Canaletto bald ei nen Liebhaber finden würde – vielleicht einen Rinderzüchter aus Argentinien. Da Tron bereits öfter davon profitiert hatte, Sivry ins Vertrauen zu ziehen, sagte er, ohne nachzudenken: «Es gibt allerdings eine Merkwürdigkeit, von der Ihnen Manin nichts erzählt haben kann, weil er nichts davon wusste.»
    «Sie machen mich neugierig, Commissario.»
    «Bevor der Mörder Kostolany seinen Besuch ab stattete», sagte Tron langsam, «hatte er Besuch von einer Signora Caserta und einem Oberst Orlow, die ihm ein Gemälde zur Ansicht im Palazzo da Lezze gelassen haben. Sie wollten ihm einen Tag Zeit geben, um das Bild zu prüfen.»
    «Was absolut normal ist.»
    Tron nickte. «Sicher. Ein wenig aus dem Rahmen fällt allerdings die Tatsache, dass es sich bei der angeblichen Signora Caserta um die Königin von Neapel handelt, die einen Tizian verkaufen wollte.»
    Sivry riss erstaunt die Augen auf. «Maria Sofia di Borbone ist in Venedig, um einen Tizian zu verkaufen? Hat sie Ihnen gegenüber ihr Inkognito gelüftet?»
    «Nein. Aber wie Sie wissen, bin ich mit ihrer Schwester bekannt, und die Ähnlichkeit der Frauen ist unverkennbar.» Tron, dem sein Gespräch mit Sergente Bossi einfiel und der den Anflug eines schlechten Gewissens verspürte, räusperte sich nervös.
    «Selbst mein Sergente hatte eine Vermutung in die entsprechende Richtung.»
    «Und der Tizian? Manin hat gesagt, dass nichts gestohlen worden ist.»

    «Da hat er Recht gehabt. Bis eben auf den Tizian.» Tron seufzte. «Der ist verschwunden. Eine kleinformatige Darstellung der heiligen Magdalena.»
    Sivry runzelte die Stirn. «So ein Bild ist praktisch unverkäuflich», sagte er. «Wer immer es gestohlen hat, wird es höchstens in Amerika loswerden können. Vermutlich hat Kostolany es für den russischen Zaren erwerben wollen. Fast alles», setzte er noch hinzu, «was er hier in Venedig gekauft hat, ging nach St. Petersburg.»
    «Wie gut kannten Sie Kostolany?»
    Sivry schwieg ein paar Sekunden. Dann sagte er:
    «Wahrscheinlich besser als die meisten Kollegen.
    Aber öfter als alle sechs Wochen haben wir uns nicht gesehen.»
    «Wann haben Sie das letzte Mal mit Kostolany gesprochen?»
    «Am Dienstag im Florian.» Sivrys linke Hand wedelte zur gegenüberliegenden Seite der Piazza.
    «Ist Ihnen irgendetwas an Kostolany aufgefallen?»
    «Er war ziemlich nervös. Vermutlich wegen der Geschichte mit Pjotr Troubetzkoy.»
    «Sie meinen den russischen Konsul?»
    Sivry nickte.
    «Und welche Geschichte?»
    «Ein Teil der Gemälde, die Kostolany an den Hof des Zaren verkauft hat, ging durch die Hände des Großfürsten. Und der hat nicht schlecht davon profitiert.»
    «Troubetzkoy hat Provisionen kassiert?»

    «Nicht nur das. Er hat auch Bilder durch falsche Zuschreibungen aufgewertet. Was bei Kostolany ‹aus dem Umkreis Veroneses› hieß, wurde bei Troubetzkoy zu Veronese. Womit sich der Wert der Gemälde entsprechend erhöhte. Troubetzkoy hat vor zwei Monaten einen Ricci als Veronese deklariert, und Kostolany hat es

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