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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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aber grünliche Samtvorhänge blockierten das Tageslicht und tauchten den Raum in eine ungesunde, fahle Dämmerung.
    Seine Exzellenz, der Großfürst, ruhte auf einer altmodischen Chaiselongue, und als Tron ihn sah, war ihm klar, warum der Großfürst gezögert hatte, ihn und Bossi zu empfangen. Troubetzkoys Stirn und sein linkes Auge wurden von einem Waschlappen verdeckt. In der rechten Hand hielt er eine Gabel mit einem Fischhäppchen, in der linken Trons Visitenkarte. Die Gabel in seiner rechten Hand, fiel Tron auf, hing ungefähr im gleichen Winkel herab wie sein Kopf. Offenbar befand der Großfürst sich im Gefecht mit einem Kater, denn ein intensiver Geruch nach Cognac, Fisch und Kaffee erfüllte den Raum.
    Tron schätzte Troubetzkoy auf höchstens fünfzig.
    Mit seinem schmalen, glatt rasierten Gesicht wirkte er unerwartet kultiviert. Dazu passte, dass Troubetz koys Uniform nicht im Mindesten martialisch wirkte.
    Er trug eine blaue, mit goldenen Epauletten besetzte Uniformjacke, deren obere drei Knöpfe nachlässig geöffnet waren. Die Uniformhose war nicht zu erkennen, denn die Beine des Großfürsten bedeckte ein kariertes Plaid. Am Kopfende der Chaiselongue befand sich ein Tischchen, auf dem ein Glas, eine Champagnerflasche und eine Platte mit Fischhäppchen standen.
    «Ich hätte Sie nicht empfangen, Commissario», sagte Troubetzkoy mit der matten Stimme eines Kranken, «wenn mir mein Diener nicht gesagt hätte, dass es sich um etwas Dringendes handelt.»
    Der Großfürst legte die Gabel ab und schob den Lappen auf seiner Stirn ein wenig nach hinten, um Glas und Flasche zu ergreifen. Offenbar beabsichtigte er, seinen Nachdurst mit Champagner zu bekämpfen. Nachdem er sich einen kräftigen Schluck genehmigt hatte, lehnte er sich zurück, brachte den Waschlappen in die ursprüngliche Position und stöhnte leise.
    «Es geht um Signor Kostolany», sagte Tron. Er hatte auf einem Stuhl am Kopfende der Chaiselongue Platz genommen und fragte sich, warum der Großfürst ihn überhaupt empfangen hatte. Aus Neugier? Oder weil Troubetzkoy tatsächlich in die Angelegenheit verwickelt war und befürchtete, Verdacht zu erregen, wenn er die venezianische Polizei nicht empfing? «Sind Exzellenz am Donnerstagabend im Palazzo da Lezze gewesen?»

    Der Großfürst runzelte die Stirn – jedenfalls nahm Tron das an, denn der Waschlappen auf Troubetzkoys Kopf schob sich ein Stückchen nach vorne.
    «War das vorgestern?»
    «Signor Kostolany hatte Exzellenz in seinen Terminkalender eingetragen», sagte Tron.
    Troubetzkoy hob den Kopf, drehte sich nach  rechts und spießte ein weiteres Fischhäppchen auf die Gabel. «Wir hatten», sagte er kauend, «noch etwas zu besprechen. Ich bin Kostolany hin und wieder mit der Überstellung von Bildern nach St. Petersburg behilflich.» Er spülte das Fischhäppchen mit einem Schluck Champagner hinunter und sah Tron mit dem rechten Auge an. «Ist irgendetwas mit ihm passiert?»
    Tron sagte brüsk: «Kostolany ist tot.»
    Einen Moment lang erstarrte der Großfürst. Dann hob er sein Champagnerglas und bewegte es so, dass eine kleine, schwappende Welle entstand. Nachdem er es in einem Zug geleert hatte, fragte er mit einer Ruhe, die Tron für gespielt hielt: «Wie ist er gestorben?»
    «Er wurde erdrosselt», sagte Tron. «Ich muss wissen, um welche Uhrzeit Exzellenz den Palazzo da Lezze besucht haben.»
    Troubetzkoy rieb sich den Kopf. «Ich weiß noch nicht einmal, wie spät es jetzt ist, Commissario.
    Wann ich im Palazzo da Lezze war, kann ich Ihnen nicht sagen.» Er streckte seine Hand nach der Champagnerflasche aus, schenkte sich ein weiteres Glas ein und warf Tron einen misstrauischen Blick zu. «Sie reden so, als hätte ich irgendetwas mit diesem Mord zu tun.»
    «Uns liegt eine Aussage vor», sagte Tron, «in der behauptet wird, es hätte ernsthafte Differenzen zwischen dem Ermordeten und Exzellenz gegeben.»
    Troubetzkoys Kopf drehte sich ruckartig nach  rechts, und das nicht vom Waschlappen verdeckte Auge musterte Tron. «Wer hat so etwas behauptet?»
    «Es soll um Preisaufschläge bei dem Verkauf von Gemälden an den russischen Zaren gegangen sein», fuhr Tron fort, ohne die Frage Troubetzkoys zu beantworten. «Um hohe Provisionen, die Exzellenz zum Schaden des russischen Hofes kassiert haben soll.
    Angeblich hatte Kostolany dem russischen Botschafter in Wien bereits ein entsprechendes Dossier angekündigt.»
    Tron hatte eine wütende Reaktion erwartet, aber Troubetzkoy schien sich

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