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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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serviert hatte – in Teig ausgebackene Zucchiniblüten, die allerdings zusammen mit den grünen Salbeiblättern ein knuspriges, wohlschmeckendes Stillleben auf dem Teller abgaben.
    «Aber das», fuhr die Principessa fort, indem sie Trons kulinarischen Gedankengang wieder auf seinen Ursprung lenkte, «könnte sich Troubetzkoy auch gesagt haben – dass niemand einen Großfürsten verdächtigen würde.» Sie spießte eine teigumhüllte Zucchiniblüte auf ihre Gabel und sah Tron aufmerksam an. «Was habt ihr jetzt vor?»
    Tron fragte sich inzwischen, was das auffällige Interesse der Principessa an diesem Verbrechen für einen Grund haben mochte. War sie mit dem Groß fürsten oder mit Kostolany bekannt? Nein – war sie nicht. Hatte sie auf einmal Geschmack daran gefunden, beim Abendessen von seiner Arbeit zu hören?
    Das hielt Tron für unwahrscheinlich. Außerdem fragte er sich bereits, in welcher Reihenfolge er den Desserts zusprechen sollte. War es besser, zuerst das tiramisu (dessen Amarettoduft bereits von der Anrichte herüberwaberte) zu verspeisen und dann die pâte de groseilles ? Oder war die umgekehrte Reihenfolge  klüger? Oder sollte er simultan vorgehen? Hier ein Löffelchen, da ein Löffelchen … Was hatte die Principessa ihn gerade gefragt? Ach, richtig. Was sie vorhatten. Tron blickte auf. «Wir werden Troubetzkoys Alibi überprüfen», sagte er. «Bossi will mit dem Personal reden.»
    «Und wenn die Großfürstin gelogen hat?»
    «Dann könnte Troubetzkoy tatsächlich in die Angelegenheit verwickelt sein. Aber wir brauchen handfeste Beweise. Zeugenaussagen des Hauspersonals reichen nicht aus.»
    «Wäre der Tizian ein handfester Beweis?»
    Tron nickte. «Ja, sicher. Nur, dass wir den Palazzo Contarini nicht durchsuchen dürfen. Troubetzkoy genießt diplomatische Immunität.»
    Die Principessa runzelte die Stirn. «Was einen Einbrecher kaum abschrecken dürfte.» Und nach einer kleinen Pause sagte sie in einem Ton, der so übertrieben beiläufig war, dass Tron misstrauisch wurde: «Vielleicht ist das ja die Lösung. Das Bild könnte aus dem Palazzo Contarini gestohlen werden.
    Und rein zufällig fasst ihr anschließend den Dieb.»
    Tron (der sich inzwischen für die Simultanlösung  – einen geschmacklichen Sachertorteneffekt – entschieden hatte) musste unwillkürlich lachen. «Ich soll einen Ganoven zum Einbruch in den Palazzo Contarini anstiften? Wenn das auffliegt, bin ich erledigt.»
    Die Principessa warf einen unmutigen Blick über den Tisch. «Es fliegt nur dann auf», sagte sie unwirsch, «wenn Troubetzkoy die Polizei ruft. Und das  wird er nicht tun. Was soll er denn sagen? Dass ihm der Tizian gestohlen worden ist, den er selber vor ein paar Tagen mitgenommen hat? Nach seinem Mord an Kostolany?»
    «Falls Troubetzkoy es überhaupt war», sagte Tron lahm. Er schob seinen Teller mit den Resten der Zucchini zur Seite und drehte seinen Kopf zur Anrichte, wo die beiden äthiopischen Diener der Principessa wie Schildwachen vor den silbernen Dessertschüsseln standen – links das tiramisu, rechts die pâte de groseilles. Vielleicht war ja die Simultanlösung mit ihrem Sachertorteneffekt doch nicht die klügste – ein echtes Problem. Tron legte die Stirn in sorgenvolle Falten und hob unschlüssig die Schultern. «Ich habe da meine Zweifel.»
    «Wenn du Zweifel hast», sagte die Principessa hart und schnell, «dann schick jemanden in den Palazzo Contarini, um die Sache zu klären. Das wird die Ermittlungen beschleunigen – so oder so.» Und dann fügte sie hinzu – fast ein wenig schrill, jedenfalls mit einer zu lauten Stimme, die Tron veranlasste, erschrocken den Blick zu heben: «Wir haben einfach keine Zeit zu verlieren. Und ein Tizian kann sich doch nicht in Luft auflösen.»
    Mein Gott, dachte Tron. Er hätte eigentlich sofort darauf kommen können. «Du hast mit der Contessa gesprochen?»
    Die Principessa nickte. «Deine Mutter sagte, dass wir die Königin auf dem Ball erwarten dürfen, falls es dir gelingt, das Bild zu finden.» Sie ließ ihre Gabel klirrend auf den Teller fallen. «Und der Besuch der Königin», fuhr sie fort, «würde ein kleines Problem lösen. Meine mexikanischen Staatsanleihen sind zwar nach der Ankunft Maximilians gestiegen, aber sie haben nicht das gebracht, was ich mir erhofft hatte.
    Das bedeutet, dass der Wiener Bankverein meine Kredite verlängern muss. Ich hatte heute Mittag ein Gespräch mit Direktor Leinsdorf.»
    «Hat er dir eine Verlängerung

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