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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Bossi kann Oberst Orlow nicht leiden. Außerdem kennt er Pater Terenzio nicht.»
    Die Principessa hatte das Abendessen auf eine Folge von kalten Desserts beschränkt und der brütenden Hitze wegen zwei Flaschen Champagner auf den Tisch stellen lassen. Das Klacken der Eiswürfel, das beim Bewegen der Flasche im Kühler entstand, erinnerte Tron jedes Mal an Séparées im Maxime – was völlig absurd war, denn das Maxime hatte er nie betreten.
    «Du kennst beide», sagte die Principessa. «Was meinst du?» Sie gab Massouda oder Moussada – Tron brachte die beiden Diener immer durcheinander – einen Wink, ihr Champagnerglas wieder aufzufüllen.
    Tron zuckte die Achseln. «Auf jeden Fall existiert eine zweite Kopie. Und damit rein theoretisch die Möglichkeit, dass Troubetzkoy uns nicht belogen hat. Ob Pater Terenzio sie ohne Wissen von Orlow angefertigt oder Orlow sie hinter dem Rücken der Königin bestellt hat, wird sich zeigen.»
    «Was habt ihr vor?» Die Principessa tauchte ein Stück des monatlich vom Hofkonditor Demel aus Wien gelieferten Baumkuchens skrupellos in ihr Champagnerglas. Tron wartete fasziniert darauf, wie sie sich das champagnergetränkte Stück in den Mund schob.
    «Pater Terenzio und Oberst Orlow werden morgen um zehn Uhr auf der Questura sein», sagte er.
    «Und sich vermutlich gegenseitig beschuldigen.»
    «Und wie verfährst du in diesem Fall?» Der  Baumkuchen im Mund der Principessa bewirkte,  dass sie sich ein wenig undeutlich anhörte.
    Ob er auch einmal versuchen sollte, ein Stück Baumkuchen in seinen Champagner zu tunken? Und den feuchten Baumkuchen zusammen mit ein paar fraises mignonnes zu verspeisen? Tron sagte: «Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.»

    Die Principessa sah Tron über ihr Champagnerglas an und lächelte – ziemlich kühl, wie es Tron schien. Sie dachte ein wenig nach und sagte schließ lich: «Ihr solltet euch einfach darauf einigen, dass es sich bei dem Gemälde von der Karenina um das Original handelt. Dann ist der Fall gelöst.» Ihre Hand – schnell wie die Zunge einer Schlange – schnellte plötzlich nach vorne und landete – rumms! – auf einer Mücke, die sich neben ihrem Teller niedergelassen hatte. Aus den Augenwinkeln registrierte Tron, wie Moussada (Massouda?) erschrocken zusammenfuhr.
    Befriedigt über die Schnelligkeit ihrer Reflexe, fuhr die Principessa fort. «Sivry zahlt der Königin einen guten Preis für den Tizian, und wir hätten einige Aussicht darauf, Marie Sophie auf unserem Ball zu begrüßen.»
    Tron schüttelte langsam den Kopf. «Das würde  bedeuten, dass der Großfürst Kostolany ermordet hat.
    Aber vielleicht ist er ja unschuldig.»
    Die Principessa hob die Schultern, und Tron sah, wie der großzügige Ausschnitt ihres schwarzen Kleides sich noch ein wenig weiter nach unten schob.
    «Ihr könnt ihn ohnehin nicht vor Gericht bringen.»
    «Aber eine Festlegung auf Troubetzkoy würde  bedeuten, dass der tatsächliche Mörder nie gefasst wird. Und außerdem würde es Ärger mit Spaur geben. Er hält große Stücke auf den Großfürsten und befürchtet eine Trübung des Verhältnisses zu Russland.»

    «Und was folgt daraus?»
    Tron häufte sich einen großzügigen Löffel Schlagsahne auf die Walderdbeeren, die er auf seinem Teller um ein Stück Baumkuchen herum arrangiert hatte. Er sagte: «Dass es zwei gute Gründe gibt, zunächst einmal davon auszugehen, dass es sich um eine Kopie handelt.»
    «Warum gehst du nicht mit dem Bild zu deinem  Freund Sivry?» Die Principessa lachte. «Wenn sich jemand mit Fälschungen auskennt, dann er.»
    «Genau das hatte ich auch vor. Und wenn es tatsächlich ein Original ist – vielleicht willst du es dann kaufen. Ein Tizian fehlt noch in deiner Sammlung.»
    «Würde es sich lohnen?»
    «Auf jeden Fall wird der Preis stimmen. Die Kö nigin hat es ziemlich eilig, das Bild zu verkaufen.»
    «Wie gefällt es dir?»
    Wie ihm das Bild gefiel? Tron stellte fest, dass er sich diese Frage noch nicht gestellt hatte. Und dass er nicht lange überlegen musste, um sie zu beantworten. Er sagte: «Ich bezweifle, dass Stendhal vor dem Bild kollabiert wäre. Man sieht eine etwas füllige Blondine, die mit halb geöffnetem Mund einen verzückten Blick zum Himmel richtet.»
    Die Principessa brachte es mit ein paar Worten auf den Punkt. «Hört sich nach Schlafzimmerbild an.»
    «Eines für bigotte Heuchler.» Tron verscheuchte eine Mücke, die sich auf seinem Ärmel niedergelassen hatte. Dann sagte er, einer

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