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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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kurz einen versonnenen Ausdruck an. Dann sah er Tron stirnrunzelnd an. «Was wollten Sie eigentlich hier, Commissario?»
    Wie? Gab Sergente Bossi jetzt den unbestechlichen Beamten, der ohne Ansehen der Person ermittelt? Notfalls gegen den eigenen Vorgesetzten?
    «Ich war hier, um mit ihr Schluss zu machen», sagte Tron. «Die Principessa hat darauf bestanden.»
    Bossi warf Tron einen misstrauischen Blick zu.
    «Und da haben Sie sie …»
    «Ihr gesagt, dass ich sie in Zukunft nicht mehr regelmäßig sehen würde. Wir hatten mit ihr vereinbart, dass sie auf unserem Ball für das musikalische Programm sorgt. Aber das wurde dann immer komplizierter. Also haben wir uns entschlossen, sie aus dem Programm zu nehmen.» Die Formulierung sie aus dem Programm zu nehmen klang in Anbetracht der Umstände vielleicht etwas unglücklich, dachte Tron.
    «Was Sie ihr heute mitteilen wollten?»
    Tron nickte. «So ist es.»
    Von Bossi verhört zu werden war eine ganz neue Erfahrung. Es war überhaupt eine interessante Erfahrung, verhört zu werden. Ob sich der Sergente jetzt danach erkundigen würde, wie gut er, Tron, die Potocki gekannt hatte?
    Bossi räusperte sich. «Wie gut haben Sie die Verstorbene gekannt, Commissario?»
    Na, also. Tron hob die Schultern. Eigentlich  kaum, dachte er. Worüber hatten sie gesprochen, wenn es nicht um das Programm für den Ball ging?

    Meist hatte Konstancja Potocki ihm von ihren Besuchen im Florian erzählt und detaillierte und erstaunlich fachkundige Berichte über Tortenrezepte abgeliefert. Er sei der einzige Mann, den sie kenne, hatte sie ihm immer versichert, der sich für Tortenrezepte interessiere. Hinter ihre Fassade war Tron nie gedrungen, hatte sich allerdings oft gefragt, wie es da wohl aussehen würde. 
    «Im Grunde wusste ich von ihr nur das, was alle wissen», sagte Tron. «Wunderkind in Krakau und Warschau, dann Schülerin von Chopin in Paris. Sensationserfolge in allen europäischen Konzertsälen.
    Schließlich der Unfall auf der Pont des Artes, gefolgt von vier Jahren Pause. Ob sie Bekannte hier in Venedig hatte, kann ich nicht sagen. Sie hat sie jedenfalls nie erwähnt. Fragen Sie mich nicht, ob sie Feinde hatte.»
    «Hatte sie Feinde?», fragte Bossi.
    Tron musste an das denken, was ihm Anna Kinsky erzählt hatte. «Ihr Mann hatte Affären», sagte er.
    «Konstancja Potocki hat das gewusst, und es gab Streit zwischen den beiden. Aber daraus ergibt sich kein Mordmotiv. Außerdem bin ich Potocki auf der Treppe begegnet, als seine Frau noch in der sala Chopin gespielt hat. Er hat das perfekteste Alibi der Welt.»
    «Wann kommt er zurück?»
    «Er wollte um zehn Uhr wieder zurück sein.»
    «Dann kann Potocki jeden Moment kommen»,
    sagte Bossi. Er machte eine Handbewegung zu der Leiche hin, mit der Dr. Lionardo immer noch beschäftigt war. «Soll er seine Frau so sehen, Commissario?»
    Tron blickte zu Dr. Lionardo hinüber. Er zuckte mit den Achseln. «Die Frage ist, wie lange  Dr. Lionardo noch braucht.»
    Aber die Frage stellte sich bereits nicht mehr, denn in diesem Moment erhob sich der medico legale, streifte seine weißen Baumwollhandschuhe ab und wandte sich an Tron. Bossi ignorierte er demonstrativ, worauf der sich – ebenso demonstrativ – bückte, um die Verschlüsse der beiden Holzkisten mit den Gelatine-Trockenplatten zu überprüfen.
    «Sie dürfte nicht lange gelitten haben», sagte Dr. Lionardo zu Tron. «Zwei, höchstens drei Minuten. Vorausgesetzt, der Mörder hat die Schlinge sofort fest zugezogen. Was eher eine Frage der Geschicklichkeit als der Kraft ist. Theoretisch könnte ein Kind auf diese Weise einen Erwachsenen töten.»
    «Und eine Frau einen Mann?» Tron hätte nicht  sagen können, warum er diese Frage gestellt hatte.
    Dr. Lionardo nickte. «Oder eine Frau eine Frau.
    Jedenfalls gibt es keine Abwehrverletzungen – was darauf schließen lässt, dass der Mörder mit dem Opfer bekannt war und der Angriff völlig überraschend kam. Die einzigen Verletzungen sind ein paar Blutergüsse, die beim Sturz entstanden sind. Und nicht durch irgendwelche stumpfen Gegenstände .»
    Dr. Lionardo warf einen abschätzigen Blick auf Bossi. Dann sah er Tron an. «Ob es einen Zusammenhang mit dem Verbrechen im Palazzo da Lezze gibt?»

    Eine Frage, musste Tron zugeben, die eine gewisse Berechtigung hatte. Das Problem war nur, dass sie sich darauf geeinigt hatten, dass der Mann, der den Mord im Palazzo da Lezze begangen hatte, tot war.

25
    Potocki saß vor dem Erard,

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