Gondeln aus Glas
sagt das?»
«Signora Kinsky.»
«Ich hatte Affären. Und Konstancja war ein wenig empfindlich. Aber es war nie etwas Ernstes.» Potocki sah Tron misstrauisch an. «Was hat die Kinsky Ihnen noch erzählt?»
«Dass Sie versucht haben, sich ihr zu nähern.»
Potocki schüttelte gequält den Kopf. «Es war genau umgekehrt, Commissario. Die Kinsky hat mir vom ersten Tag an schöne Augen gemacht. Und dann gehofft, dass ich mich von Konstancja trennen würde.»
«Wegen der Geschichte mit Troubetzkoy?»
Potocki nickte. «Aber das hatte ich nie vor.»
«Warum nicht?»
«Weil ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Konstancja dieses Verhältnis beenden würde.
Und außerdem …»
«Und außerdem?»
«Habe ich sie geliebt. Und seit ein paar Tagen wusste ich auch, dass es gut war, dass wir uns nicht getrennt haben.»
«Was ist geschehen?»
«Sie wollte dieses Verhältnis beenden. Und das hat Troubetzkoy nicht gefallen. Er war verrückt nach ihr. Ich glaube, er ist ihr langsam lästig geworden.»
«Und wie hat er darauf reagiert?»
«Als er begriffen hatte, dass es ihr ernst war, hat er ihr gedroht.»
«Gedroht?»
«Er hat ihr gesagt, dass er sich nichts wegnehmen lasse. Und dass sich noch nie eine Frau von ihm abgewandt habe. Und da ist da noch etwas.» Potocki überlegte kurz. «Ich glaube, dass Konstancja etwas über den Großfürsten gewusst hat.»
«Was?»
«Es ging um ein Gemälde.»
Tron runzelte die Stirn. «Um einen Tizian?»
«Das hat sie nicht gesagt. Nur dass …»
«Nur dass was?»
«Dass der Großfürst ein Problem hatte.»
«Wann haben Sie dieses Gespräch mit ihr geführt?»
«Heute Vormittag. Da hat sie mir versprochen, mit Troubetzkoy Schluss zu machen. Ich weiß, dass sie ihm anschließend einen Brief geschrieben hat.»
«Sie meinen also, dass Troubetzkoy Ihre Frau ermordet haben könnte?»
«Es muss jemand gewesen sein, den sie gut kannte.
Der, als er die sala unmittelbar nach dem Ende der Mazurka betreten hat, Konstancja nicht veranlasst hat zu schreien. Jemand, der wusste, wie man den Palazzo Mocenigo schnell verlässt, ohne das große Treppenhaus zu benutzen.»
Tron sagte: «Aber wenn der Großfürst die Treppe zum Dachgeschoss benutzt hat, hätte ihn Signora Kinsky eigentlich sehen müssen.»
Potocki schüttelte den Kopf. «Nicht unbedingt. Sie könnten sich auch knapp verfehlt haben.»
Tron hob hilflos die Schultern. «Ich habe nicht die Spur eines Beweises gegen Troubetzkoy. Auch wenn ich beweisen könnte, dass er ein Verhältnis mit Ihrer Frau hatte, folgt daraus noch lange nicht, dass er sie getötet hat. Und die Großfürstin wird nicht zögern, ihm ein Alibi zu geben.»
«Was werden Sie tun, Commissario?»
Irgendetwas im Tonfall dieser Frage ließ sie wie einen Hilferuf klingen, und einen Augenblick lang fühlte Tron eine Welle von Sympathie für Potocki in sich aufsteigen. Er bedauerte die ausweichende Antwort, die er Potocki geben musste.
«Auf jeden Fall», sagte er, «werde ich ein Gespräch mit Troubetzkoy führen. Ihm mitteilen, dass Ihre Gattin ermordet worden ist. Und versuchen festzustellen, ob der Palazzo Contarini als Fluchtweg benutzt worden ist.»
«Troubetzkoy wird das Verhältnis mit meiner Frau abstreiten.»
«In diesem Fall könnten wir das Personal verhö ren. Aber dann stünde Aussage gegen Aussage.»
«Und Troubetzkoy käme ungeschoren davon?»
«Schon sein Diplomatenstatus könnte genau das bewirken. Aber, wie gesagt, ich sehe keinen klaren Beweis, dass Troubetzkoy der Mörder ist.»
Potockis Lächeln war eiskalt. Merkwürdigerweise wirkte er immer noch völlig nüchtern, obwohl er mindestens eine halbe Flasche geleert hatte. «Der Großfürst», sagte Potocki, «mag einen Diplomatenstatus haben. Aber er ist nicht unsterblich.»
«Was wollen Sie damit sagen?»
Potocki hob seinen Kopf und musterte Tron mit Augen, die aussahen wie braunes Glas. «Dass ich nichts mehr zu verlieren habe, Commissario.»
26
Tron, in kordelgegürteter, samtener Hausjacke, lehnte seinen Oberkörper sportlich über den Tisch im Schlafzimmer der Principessa, um die Flasche Veuve Cliquot aus dem silbernen Kühler zu ziehen. «Du auch noch?»
Die Principessa schüttelte den Kopf. «Denk daran, dass du nach einer halben Flasche immer schlagartig müde wirst.»
Tron lächelte – unternehmungslustig. «Heute bin ich munter wie eine Forelle.»
Er drehte den Kopf und sah, wie ein Luftzug vom Canalazzo die Schlafzimmervorhänge der Principessa wie
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