Gondeln aus Glas
Billetts in die Garderobe des Malibran geschickt hat.» Spaurs Stimme schien zwischen Wut und Resignation zu schwanken. «Es ist dann wohl zu einer Zusammenkunft im Quadri gekommen.»
«Auf der das Wort Heirat gefallen ist?»
Bei dem Wort Heirat griff Spaurs rechte Hand automatisch nach einem Marzipanherzen. «So habe ich Signorina Violetta heute Morgen verstanden.»
«Ist dieser wohl situierte Herr jemand, der hier in Venedig wohnt?»
Spaur schüttelte den Kopf. «Nein. Aber er hat hier häufig geschäftlich zu tun.»
«Könnte es sein», erkundigte sich Tron vorsichtig,
«dass Signorina Violetta vielleicht die Erwartung hat, dass Herr Baron …» Er ließ den Schluss des Satzes unvollendet in der Luft hängen.
Tron sah, wie sich Spaurs Mund langsam öffnete und in dieser Position verharrte. Schließlich sagte Spaur: «Will sie, dass ich sie heirate ?»
«Das wäre denkbar.»
«Violetta hat sich gelegentlich in dieser Richtung geäußert. Ich dachte nur, es wäre nicht ernst gemeint», sagte Spaur. Er warf den Kopf zurück und strich sich mit der Hand durch sein kastanienbraun gefärbtes Haar. «Es ist in Künstlerkreisen nicht unbedingt üblich, gleich zum Altar zu schreiten.»
«Offenbar betrachtet Signorina Violetta diese Dinge etwas anders», gab Tron zu bedenken.
«Meinen Sie?» Einen Moment lang sah der Polizeipräsident aus wie ein Mann, der an einem fremden Ufer gestrandet war, wo er die Sprache nicht verstand.
Tron lächelte freundlich. «Es wäre die sicherste Methode, sich dieses Nebenbuhlers zu entledigen.»
Großer Gott, was trieb ihn dazu, dem Polizeiprä sidenten Ratschläge für sein Privatleben zu geben?
«Ich gebe zu», sagte Spaur kalt, «dass das eine von zwei Möglichkeiten ist.»
«Und die andere Möglichkeit?»
Die Faust des Polizeipräsidenten knallte krachend auf den Tisch, sodass die rosa Einwickelpapiere wie dürres Laub auseinander stoben. «Dass Sie diesen Burschen aus der Stadt ekeln, Commissario. Stellen Sie fest, wer es ist, und hängen Sie ihm etwas an.»
Nach diesem Ausbruch sank Spaur erschöpft in seinen Schreibtischsessel zurück und war gezwungen, sich mit einem neuen Marzipanherzen zu stärken.
Und hielt es dann offenbar für besser, sich weniger aufregenden Themen zuzuwenden. «Was hat sich im Mordfall Kostolany ergeben?» Der Polizeipräsident unterdrückte ein Gähnen.
Tron sagte: «Ich bin eben bei Monsieur de Sivry gewesen. Es handelt sich bei dem Bild um eine Kopie.»
Das wiederum freute den Polizeipräsidenten.
«Damit dürfte der Großfürst entlastet sein.»
Tron nickte. «Pater Terenzio hat eine Kopie des Bildes an Kostolany verkauft. Eine Kopie, von der die Königin nichts wusste. Und als die Königin mit dem Original nach Venedig kam, hat Kostolany dem Pater gedroht, ihn auffliegen zu lassen.»
«Worauf Pater Terenzio ihn ermordet hat», sagte Spaur. «Und das Verbrechen als Raubmord getarnt hat.»
Tron seufzte. «Leider ist das Original immer noch verschwunden.»
«Das wird die Königin nicht gerne hören.» Spaur wühlte auf seinem Schreibtisch herum und fischte eine dünne Akte aus den rosa Einwickelpapieren.
«Und was ist mit diesem Mord im Palazzo Mocenigo? In Bossis Bericht steht, dass es noch keine heiße Spur gibt.»
«Wir tappen vollständig im Dunkeln.»
«Hier steht, Sie hätten die Ermordete persönlich gekannt und wären gerade zu Besuch gekommen.
Haben Sie eine Hypothese?»
Tron schüttelte den Kopf. «Noch nicht.»
«Gibt es einen Zusammenhang mit dem Fall im Palazzo da Lezze? Immerhin ist diese Potocki ebenfalls erdrosselt worden.» Spaur blätterte eine Seite zurück. «Auch mit einem schmalen Band. Nicht gerade eine gängige Mordmethode.»
«Die einzige Person, die mit beiden Fällen etwas zu tun hat, ist der Großfürst.»
Eine Feststellung, die Spaur ungern hörte. Er runzelte die Stirn und sah Tron an. «Was hat der Groß fürst mit dem Fall zu schaffen?»
«Der Großfürst und Signora Potocki hatten ein Verhältnis», sagte Tron. «Und aus dieser Konstellation könnte sich …»
Spaurs erhobener Arm schnitt Tron das Wort ab.
«Sie haben sich bereits vor einigen Tagen in wilde Spekulationen über den Großfürsten verstiegen. Und was kam dabei heraus?»
Tron zögerte. «Nun, äh …»
«Nichts kam dabei heraus, Commissario. Oder weniger als nichts. Nämlich ein haltloser Verdacht gegen einen Mann, der Signorina Violetta jedes Mal ein reizendes Kompliment macht, wenn wir uns begegnen.» Spaur warf
Weitere Kostenlose Bücher