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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Volute ist hell und frisch.»
    «Sind Sie noch einmal in San Pantalon gewesen?»
    Bossi nickte. «Heute Morgen. Der Küster hat bestätigt, dass die Beschädigung neu ist. Aber das ist nicht alles, was ich herausgefunden habe.» Der Sergente holte eine Papiertüte aus der Tasche seiner Uniformjacke. «Das habe ich auf dem Fußboden gefunden. Genau da, wo die Volute von der Seitenwand abgebrochen ist.» Er zog einen hölzernen Knopf aus der Tüte und legte ihn neben die Fotografie.
    «Ein Knopf?»
    Bossi lächelte. «Erinnern Sie sich daran, Commissario, dass die Kutte von Pater Terenzio zerrissen war und an ihr ein Knopf fehlte?»
    «Ja, natürlich.»
    «Ich war gleich anschließend im Ognissanti, um einen Blick auf die Knöpfe von Pater Terenzios Kittel zu werfen.»
    «Und?»
    «Es sind dieselben Knöpfe», sagte Bossi. «Schwarze Ebenholzknöpfe. Nach Auskunft eines Kurzwarengeschäfts in der Frezzeria nicht eben häufig.»
    «Sodass Sie sich fragen, wie der Knopf des Paters an diese Stelle kommt und warum die Volute an der Seitenwand der Bank abgebrochen ist.»
    Bossi nickte. «Mir fiel auf, dass diese Seitenwand mit der abgebrochenen Volute nur einen Schritt von dort entfernt war, wo das Gerüst mit der Plattform gestanden hat.»
    Plötzlich hatte Tron begriffen. «Sie meinen, dass  …»
    Aber Bossi wollte es jetzt selbst aussprechen. «Dass Pater Terenzio auf das Kirchengestühl gestürzt ist», sagte Bossi. «Dass sein Körper die Volute abgebrochen hat, sein Kittel dabei zerrissen ist und ein Knopf abging. Einen Sturz aus dieser Höhe dürfte Pater Terenzio kaum überlebt haben.»
    «Also hat ihn jemand nach seinem Tod vom Mittelgang auf die Altarstufen geschafft», sagte Tron.
    «Dieselbe Person, die ihn vom Gerüst gestoßen und es anschließend umgestürzt hat, damit alles nach einem Unfall aussah. Jemand, der offenbar ein großes Interesse daran hatte, dass die Kostolany-Akte mit dem Tod von Pater Terenzio geschlossen wird.»
    Tron schloss die Augen und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. «Also war es Mord.»
    Bossi nahm das Tatortfoto wieder an sich und sah Tron aufmerksam an. «Troubetzkoy?»
    Nein, er brachte es nicht fertig, Bossi zu belügen.
    «Das Bild von der Karenina ist eine Kopie », sagte Tron matt. «Sivry hat es genau untersucht. Damit wäre der Großfürst aus dem Spiel.»
    Bossi machte kein Hehl daraus, dass ihn der Gang der Ermittlungen befriedigte. «Aber Oberst Orlow wäre im Spiel.»
    Tron hob abwehrend die Hand. «Sie hatten ja  Recht, Bossi. Was ist also passiert?»

    «Orlow verkauft Kostolany ein angebliches Original. Ein paar Tage später – der Oberst ist wieder in Rom – stellt Kostolany fest, dass es sich bei dem Bild um eine Fälschung handelt, und reicht das Gemälde an Troubetzkoy weiter. Als Orlow mit der Königin nach Venedig kommt, um diesmal das Original zu verkaufen, verlangt Kostolany eine Entschädigung.»
    Bossi hielt einen Moment lang inne und dachte nach.
    «Wahrscheinlich hat Kostolany dem Oberst damit gedroht, die Königin zu informieren.»
    Was dann auf diese Drohung folgte, war jedenfalls klar. Tron sprach es aus: «Worauf Oberst Orlow ihn tötet und einen Raubmord vortäuscht.»
    Bossi nickte, hatte allerdings seinen Vortrag noch nicht beendet. «Und Pater Terenzio musste aus zwei Gründen sterben», fuhr er fort. «Er wusste zu viel, und vor allen Dingen kam er als Täter in Frage. Und ein toter Täter bedeutet das Ende der Ermittlungen.»
    Tron lächelte. «Eine schöne, runde Theorie, Bossi. Nur haben Sie keine Beweise dafür.»
    Aber das war ein Punkt, über den Bossi bereits nachgedacht hatte. «Wir könnten den Oberst fragen, wo er sich aufgehalten hat, als Kostolany ermordet wurde, und ob er ein Alibi für den Mord an Pater Terenzio hat.»
    «Also sollen wir durchblicken lassen, dass wir ihn in beiden Fällen für den Täter halten?»
    «Es wäre aufschlussreich, zu sehen, wie er reagiert», meinte Bossi.
    «Und wenn er zwei wasserdichte Alibis hat?»

    Bossi zuckte mit den Achseln. «Dann werden wir uns entschuldigen.»
    Tron schüttelte den Kopf. «Das Risiko, dass wir damit die Königin verärgern, ist zu groß. Sie vertraut dem Oberst. Sonst hätte sie ihn nicht mit auf diese heikle Reise genommen.»
    «Und was würden Sie vorschlagen, Commissario?»
    «Dass ich morgen mit der Königin spreche. Sie über den Stand der Ermittlungen informiere und mich unauffällig danach erkundige, was der Oberst gemacht hat, nachdem sie den Palazzo da Lezze

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