Gone 5: Angst (German Edition)
Dekka stolperte nach vorne.
Brianna war viel zu verblüfft, um zurückzuschlagen.
Aber Dekka war noch nicht fertig. Sie trat mit dem Fuß nach ihr aus, verlor dabei endgültig das Gleichgewicht und fiel hin.
Mit einem Mal befand sich Brianna in einer nach oben wirbelnden Sandsäule. Sie versuchte zu rennen, fand aber keinen Boden unter den Füßen und strampelte schwerelos in der Luft.
Das war’s. Sie zog ihre Schrotflinte aus dem Rucksack und richtete sie auf Dekka. »Lass mich runter oder ich erschieße dich!«
Dekka war aufgestanden. »Du würdest es tun, nicht wahr?« Eine zornige Handbewegung und Brianna fiel zurück zur Erde.
»Denkst du eigentlich je an was anderes als an dich selbst?«, schrie Dekka sie an. Als ihr Tränen in die Augen stiegen, wischte sie sie so heftig ab, dass es aussah, als würde sie sich selbst ohrfeigen.
»Hey, tut mir leid, okay?«, sagte Brianna. »Was willst du hören? Klar hoffe ich, dass Jack es schafft. Und wenn ich Drake erwische, bringe ich ihn um. Was willst du überhaupt von mir?«
Dekkas Miene war zu einer wütenden Maske verzerrt. Brianna verstand überhaupt nichts mehr.
»Seit vier Monaten sprichst du nicht mehr mit mir«, stieß Dekka hervor.
»Das stimmt nicht«, erwiderte Brianna, konnte sie dabei aber nicht ansehen. Mit Zorn konnte sie umgehen. Schmerz war etwas anderes.
»Ich hab dir …« Dekka versagte die Stimme. Sie brauchte ein paar Sekunden, um sich zu fassen. Dann sagte sie mit hängenden Schultern: »Ich dachte damals, ich wäre erledigt. Diese Käfer …« Wieder verstummte sie. »Es war schlimm, okay? Ich lag im Sterben. Aber ich wollte nicht sterben, ohne dir vorher zu sagen, dass ich …«
»Ja, ja. Was weiß ich.« Brianna trat von einem Fuß auf den anderen und wäre am liebsten mit hundert Sachen davongerannt.
»Ich hab dir gesagt, dass ich dich liebe.«
»Hm-hm.«
»Und was machst du? Du sagst nichts. Seit vier Monaten.«
Brianna zuckte die Achseln, zögerte. »Okay, hör zu …« Sie schluckte. »Außer mir bist du die mutigste Braut in der ganzen FAYZ . Du lässt dir nichts gefallen, bist knallhart im Nehmen. Ich meine, ich dachte immer, wir wären wie Schwestern. Zwei krasse Schwestern, verstehst du?«
Die Wut in Dekkas Blick erlosch. Eine Weile starrte sie nur ausdruckslos ins Leere. Schließlich seufzte sie. »Wie Schwestern.«
»Ja, Mann, aber zwei Schwestern, die so abgefahren sind, dass sich niemand mit ihnen anlegt.«
»Aber … du …?«
Da war sie wieder, die Dekka, mit der Brianna nicht klarkam. Sie sah auf einmal kleiner aus. Wie eine Stoffpuppe, der die halbe Füllung fehlte.
Dekka richtete sich auf. Sie schien mit sich selbst zu ringen. »Du stehst nicht auf Mädchen, stimmt’s?«
»Ja, ich glaub nicht.«
»Aber auf Jungs?«, fragte Dekka angespannt.
Brianna zuckte die Achseln. Das alles war ihr so was von peinlich. »Mann, ich weiß es nicht. Ich hab ein paarmal mit Jack rumgeknutscht. Aber nur aus Langeweile.«
»Aus Langeweile?«
»Ja, hat aber auch nichts geholfen.«
»Du bist gar nicht in ihn verliebt?«
Brianna lachte auf. »In Jack? Computer-Jack? Ich mag ihn. Er ist nett. Ich meine, er ist süß. Und wenn ich was nicht verstehe, erklärt er mir immer alles. Aber er ist nicht …«
Zu ihrem Erstaunen lachte jetzt auch Dekka. »Die ganze Zeit …« Dekka beendete den Satz nicht. »Warum hast du es mir nicht einfach gesagt?«
»Was denn?«
Dekka ballte die Fäuste. »Ich schwöre, ich mach dich fertig, wenn du dich weiter so blöd anstellst.«
»Ich mag Jungs, okay? Glaub ich wenigstens. Ich meine, ich bin erst dreizehn! Ich weiß, das ist die FAYZ und hier läuft vieles anders, aber trotzdem bin ich doch noch ein Kind.«
Brianna wurde rot. Warum hatte sie das gesagt? Sie war doch kein Kind! Sie war der Wirbelwind. Die gefährlichste – okay, die drittgefährlichste – Person in der FAYZ .
Jack lag womöglich im Sterben. Das Licht würde für immer verschwinden. Was schadete es da noch, wenn sie einfach sagte, was Sache war.
Dekka sog scharf die Luft ein. »Du bist wirklich noch ein Kind«, erwiderte sie sanft. »Ich vergesse das ständig.«
»Weißt du, ich dachte immer, ich bin in Sam verknallt – wie alle Mädchen«, druckste Brianna herum. »Na ja, alle außer dir. Aber ehrlich gesagt will ich doch nur der Wirbelwind sein. Sonst nichts.«
Dekka nickte. »Das bist du doch auch! Ich sehe dich Dinge tun, die vollkommen verrückt sind und unglaublich mutig. Und ich sehe, wie sehr
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