Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Kreditkartenschulden. Ich meine, das hat mir echt den Atem verschlagen.« Sie wedelte mit einem Stapel rot bedruckter Kontoauszüge vor meiner Nase herum.
Meine Eltern waren fanatisch, was Kreditkarten anging – sie wurden nur für besondere Dinge verwendet und der ausstehende Betrag jeden Monat getilgt. Wir kaufen nichts, was wir nicht bezahlen können, so lautete das Motto der Familie Dunne.
»Das kann nicht sein – also zumindest nicht von mir –, aber ich glaube, von Amy auch nicht … Darf ich die Auszüge mal sehen?«, stotterte ich, gerade als ein niedrig fliegender Bomber über das Haus hinwegdonnerte und die Fensterscheiben zum Klirren brachte. Prompt verlor eine Pflanze auf dem Kaminsims fünf ihrer hübschen lila Blütenblätter. Für zehn gehirnerschütternde Sekunden lang zum Schweigen gezwungen, beobachteten wir alle, wie sie langsam zu Boden schwebten.
»Aber wir sollen glauben, dass dieser Riesenstreit sich hier so abgespielt hat, und danach lag nicht ein einziges Blättchen auf dem Boden«, murmelte Gilpin angewidert.
Ich nahm die Papiere von Boney entgegen und sah darauf meinen Namen, nur meinen Namen, in verschiedenen Versionen – Nick Dunne, Lance Dunne, Lance N. Dunne, Lance Nicholas Dunne, auf einem Dutzend verschiedener Kreditkarten mit einem Soll zwischen 62,78 Dollar und 45602,33 Dollar, alle in unterschiedlichen Stadien von Verspätung und wortkargen Drohungen in verhängnisvollen Buchstaben oben auf den Seiten: ZAHLUNGSAUFFORDERUNG.
»Ach du Scheiße! Das ist Identitätsdiebstahl oder wie man das nennt!«, rief ich entsetzt. »Die sind nicht von mir. Ich meine, schauen Sie sich das Zeug doch mal an: Ich spiele überhaupt nicht Golf.« Jemand hatte über siebentausend Dollar für ein Schlägerset bezahlt. »Das kann Ihnen jeder bestätigen: Ich spiele wirklich nicht Golf.« Ich gab mir alle Mühe, es bescheiden klingen zu lassen – schon wieder etwas, was ich nicht kann –, aber die Detectives bissen nicht an.
»Kennen Sie Noelle Hawthorne?«, fragte Boney. »Die Freundin von Amy, der wir Ihrer Meinung nach mal auf den Zahn fühlen sollten?«
»Warten Sie, ich möchte erst über die Rechnungen sprechen, denn die sind nicht von mir«, sagte ich. »Ich meine, bitte, ernsthaft, wir müssen der Sache auf den Grund gehen.«
»Das werden wir auch, kein Problem«, erwiderte Boney mit ausdruckslosem Gesicht. »Noelle Hawthorne?«
»Richtig. Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen sie überprüfen, weil sie überall in der Stadt über Amys Verschwinden rumgejammert hat.«
Boney zog eine Augenbraue in die Höhe. »Das scheint Sie ja richtig wütend zu machen.«
»Nein, ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass diese Noelle mir ein bisschen allzu betroffen vorkommt, ein bisschen künstlich. Demonstrativ. Aufmerksamkeit heischend. Etwas besessen.«
»Wir haben mit Noelle gesprochen«, erklärte Boney. »Sie sagt, Ihre Frau war extrem beunruhigt wegen ihrer Ehe, aufgebracht wegen der Geldsache. Anscheinend hatte sie Angst, dass Sie sie nur wegen ihres Geldes geheiratet haben. Außerdem hat Noelle erzählt, dass Ihre Frau sich Sorgen gemacht hat, weil Sie manchmal so ausrasten.«
»Ich habe keine Ahnung, warum Noelle so was erzählt, ich glaube nicht, dass sie und Amy jemals mehr als fünf Worte gewechselt haben.«
»Das ist merkwürdig, denn das Wohnzimmer der Hawthornes ist voller Fotos, auf denen Noelle zusammen mit Ihrer Frau zu sehen ist.« Boney runzelte die Stirn. Ich ebenfalls: Waren da tatsächlich Bilder von Noelle und Amy?
Boney fuhr fort: »Im Zoo von St. Louis letzten Oktober, bei einem Picknick mit den Drillingen, auf einer Floßfahrt im Juni. Letzten Monat also.«
»Amy hat Noelles Namen kein einziges Mal erwähnt, seit wir hier wohnen. Im Ernst.« Ich durchforstete mein Gedächtnis nach dem letzten Juni und stieß auf ein Wochenende, an dem ich mit Andie weggewesen war. Amy hatte ich gesagt, ich würde mit den Jungs nach St. Louis fahren. Als ich heimkam, hatte sie mir mit geröteten Wangen und verärgert von einem Wochenende mit schlechten Kabelfilmen und gelangweiltem Lesen auf dem Dock erzählt. Und da hatte sie in Wirklichkeit eine Floßfahrt gemacht? Nein. Ich konnte mir nichts vorstellen, was Amy weniger Spaß gemacht hätte als eine typische Mittelwestler-Floßfahrt: Bierflaschen, die in angebundenen Kühlboxen neben den Kanus herhüpften, laute Musik, betrunkene Burschenschafts-Jungs, mit Kotze gesprenkelte Campingplätze. »Sind Sie sicher, dass das auf den
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