Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
ein weiteres Foto vor die Nase, eine Nahaufnahme. »Und schauen Sie mal hier, dieser Bücherstapel. Die müssten doch vor dem Beistelltisch liegen – schließlich lagen sie vorher auf dem Tisch, richtig?«
Ich nickte.
»Als der Tisch umgeworfen wurde, hätten sie hauptsächlich davor auf den Boden fallen müssen, der Fallkurve des Tischs folgend sozusagen. Aber stattdessen sind sie dahinter, als hätte jemand sie heruntergestoßen, bevor der Tisch umgeworfen wurde.«
Ich starrte stumm auf das Foto.
»Und sehen Sie mal hier. Das ist für mich auch sehr seltsam«, fuhr Gilpin fort. Er deutete auf drei schmale antike Bilderrahmen auf dem Kaminsims. Dann stampfte er einmal kräftig auf, und alle drei Rahmen fielen sofort nach vorn um. »Aber irgendwie sind sie stehengeblieben.«
Er zeigte mir ein Foto von den aufrechten Rahmen. Ich hatte gehofft – sogar noch, nachdem sie meinen Schnitzer mit dem Essen bei Houston’s entdeckt hatten –, dass die beiden dumme Cops wären, Film-Cops, lokale Bauerntölpel, beflissen, es recht zu machen, voller Vertrauen zu einem Einheimischen. Wie du meinst, Kumpel . Aber das hier waren keine dummen Cops.
»Ich weiß nicht, was Sie von mir hören wollen«, murmelte ich. »Es ist total … ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich möchte einfach nur meine Frau finden.«
»Wir auch, Nick, wir auch«, sagte Rhonda. »Aber hier ist noch etwas. Die Ottomane – erinnern Sie sich, dass sie umgekippt war?« Sie klopfte auf die behäbige Ottomane, deutete auf die vier Füße, jeder nur gut zwei Zentimeter hoch. »Sehen Sie, das Ding ist fußlastig, wegen dieser winzigen Füßchen. Das Polster sitzt praktisch auf dem Boden. Versuchen Sie mal, das Ding umzuschmeißen.« Ich zögerte. »Na los, versuchen Sie’s«, drängte Boney.
Ich gab dem Polsterhocker einen Schubs, aber statt umzukippen, rutschte er einfach nur über den Teppich. Ich nickte. Ich stimmte zu. Das Ding war fußlastig.
»Probieren Sie es richtig, zur Not von unten, schmeißen Sie das Ding um«, befahl Boney.
Brav kniete ich mich hin, drückte aus einem immer tieferen Winkel, schob schließlich eine Hand unter die Ottomane und kippte sie. Aber selbst da hob sie zwar auf einer Seite ab, fiel aber wieder auf die Füße zurück. Schließlich musste ich sie hochheben und von Hand umdrehen.
»Merkwürdig, oder nicht?«, sagte Boney und klang nicht sonderlich verwundert.
»Nick, haben Sie irgendwo im Haus geputzt, bevor Ihre Frau verschwunden ist?«, wollte Gilpin wissen.
»Nein.«
»Okay. Ein Techniker hat Luminol gesprüht, und ich muss Ihnen leider sagen, dass der Küchenboden reagiert hat. Dort ist eine große Menge Blut vergossen worden.«
»Amys Blutgruppe – B positiv «, unterbrach Boney. »Und ich meine hier nicht einen kleinen Kratzer, nein, richtig viel Blut.«
»O mein Gott.« Ein Hitzeklumpen bildete sich in der Mitte meiner Brust. »Aber …«
»Ja, Ihre Frau hat also das Zimmer hier verlassen«, sagte Gilpin. »Irgendwie hat sie es wohl in die Küche geschafft – ohne etwas von dem Krimskrams auf dem Tisch vor der Küche umzuschmeißen –, dann ist sie in der Küche zusammengebrochen und hat eine Menge Blut verloren.«
»Und jemand hat es später sorgfältig aufgewischt«, fuhr Rhonda fort, ohne mich aus den Augen zu lassen.
»Moment mal, Moment. Warum sollte jemand das Blut wegwischen, aber dann das Wohnzimmer verwüsten …«
»Das werden wir herausfinden, Nick, keine Angst«, sagte Rhonda leise.
»Ich versteh das nicht, ich versteh das einfach nicht …«
»Setzen wir uns«, schlug Boney vor und ließ mich auf einem Esszimmerstuhl Platz nehmen. »Haben Sie schon was gegessen? Möchten Sie vielleicht ein Sandwich oder so?«
Ich schüttelte den Kopf. Boney spielte abwechselnd verschiedene weibliche Charakterrollen – mächtige Frau, liebevolle Betreuungsperson –, wahrscheinlich um zu sehen, womit sie bei mir die besten Erfolge erzielte.
»Wie ist es um Ihre Ehe bestellt, Nick?«, fragte sie jetzt. »Ich meine, fünf Jahre, da ist es nicht mehr weit bis zum verflixten siebten Jahr.«
»Unsere Ehe war völlig in Ordnung«, wiederholte ich. »Sie ist völlig in Ordnung. Nicht perfekt, aber gut. Gut.«
Rhonda rümpfte die Nase: Du lügst .
»Glauben Sie, Amy ist womöglich weggelaufen?«, fragte ich hoffnungsvoll. »Vielleicht hat sie dafür gesorgt, dass es hier aussieht wie an einem Tatort, und ist dann abgehauen? Ausreißerehefrau, so was in der Art?«
Boney begann
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