Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
könnte. »Ich möchte einfach leben, bis es nicht mehr geht«, hat sie gesagt. Sie hatte angefangen, Mützen zu stricken für andere Chemo-Patienten (sie selbst war nach einer Runde fertig fertig fertig damit, denn sie hatte kein Interesse daran, das Leben zu verlängern, wenn das nur »noch mehr Schläuche« bedeutete), deshalb werde ich sie umgeben von bunten Wollknäueln in Erinnerung behalten: rot und gelb und grün, die Finger immer in Bewegung, die Nadeln klapperten, während sie redete, mit ihrer Stimme, die klang wie eine zufriedene Katze, ein tiefes, schläfriges Schnurren.
Und dann wachte sie eines Morgens im September auf, wachte aber nicht wirklich auf, wurde nicht richtig Maureen. Über Nacht war sie auf die Größe eines Vögelchens geschrumpft, ganz schnell, nur noch Falten und eine Hülle, die Augen huschten durchs Zimmer, konnten nichts mehr erkennen, auch sich selbst nicht. Also kam sie ins Hospiz, ein freundlicher, warm beleuchteter Ort, mit Bildern von Frauen in Häubchen und sanften, üppigen Hügeln, Snackautomaten und kleinen Tassen Kaffee. Vom Hospiz wurde nicht erwartet, sie zu heilen oder ihr zu helfen, nur dafür zu sorgen, dass sie ruhig sterben konnte, und drei Tage später war sie tot. Ganz nüchtern, so wie Maureen es gewollt hätte (obwohl ich sicher bin, dass sie bei diesem Satz die Augen verdreht hätte: so wie Maureen es gewollt hätte ).
Die Totenwache war bescheiden, aber schön. Hunderte Menschen, ihre Schwester aus Omaha, die ihr sehr ähnlich sah und an ihrer Stelle herumwuselte, Kaffee ausschenkte, Plätzchen verteilte und lustige Anekdoten von Mo erzählte. An einem windigen, warmen Morgen begruben wir Maureen. Go und Nick hielten sich aneinander fest, ich stand in der Nähe und fühlte mich wie ein Eindringling. Als wir nachts im Bett lagen, ließ Nick sich von mir in den Arm nehmen, mit dem Rücken zu mir, aber nach ein paar Minuten stand er auf und flüsterte: »Ich brauch ein bisschen frische Luft«, und verließ das Haus.
Seine Mutter hat ihn immer bemuttert – sie hat darauf bestanden, einmal pro Woche vorbeizukommen und für uns zu bügeln, und wenn sie damit fertig war, hat sie gesagt: »Ich helf euch mal schnell mit dem Aufräumen«, und wenn sie wieder weg war und ich in den Kühlschrank schaute, dann fand ich darin seine Grapefruit, die sie für ihn geschält, in Stücke geschnitten und in einen Plastikbehälter gepackt hatte, und wenn ich das Brot aus der Packung holte, war die Rinde weggeschnitten, und die Scheiben lagen halbnackt in der Plastiktüte. Ich bin mit einem vierunddreißigjährigen Mann verheiratet, der keine Brotrinde essen will!
Aber die erste Woche nach dem Tod seiner Mutter versuchte ich, alles für ihn zu machen, was Maureen gemacht hatte. Ich schnitt die Brotrinde ab, ich bügelte seine T-Shirts, ich backte einen Blaubeerkuchen nach dem Rezept seiner Mutter. »Du musst mich nicht wie ein kleines Kind behandeln, echt nicht, Amy«, sagte er und starrte auf die nackten Brotscheiben. »Bei meiner Mutter hab ich nichts dagegen gesagt, weil es sie glücklich gemacht hat, aber ich weiß ja, dass du den ganzen fürsorglichen Quatsch nicht leiden kannst.«
Also sind wir wieder bei den schwarzen Vierecken. Der süße, liebevolle Nick ist verschwunden. Stattdessen ist der abweisende, verärgerte Nick wieder da. In schweren Zeiten sucht man doch eigentlich Trost und Unterstützung bei seinem Partner, aber Nick hat sich nur noch weiter zurückgezogen. Er ist ein Muttersöhnchen, dessen Mutter tot ist. Mit mir will er nichts zu tun haben.
Wenn er das Bedürfnis nach Sex verspürt, benutzt er mich, drückt mich gegen einen Tisch oder das Fußende des Betts und fickt mich, stumm bis zu den letzten Momenten, in denen er ein paar schnelle Grunzlaute ausstößt. Danach gibt er mich wieder frei, legt die Hand auf mein Kreuz – die einzige intime Geste – und sagt etwas, was das Ganze wie ein Spiel aussehen lassen soll: »Du bist so sexy, manchmal kann ich mich einfach nicht beherrschen.« Aber er sagt das mit einer toten Stimme.
Test: Dein Ehemann, mit dem du mal ein tolles Sexleben hattest, ist kalt und distanziert geworden – er will Sex nur noch auf seine Art, wenn es ihm gerade passt. Wie reagierst du?
Du verweigerst Sex noch radikaler – nach dem Motto: Ich lass ihn dieses Spiel nicht gewinnen!
Du weinst, jammerst, verlangst Erklärungen, die zu geben er noch nicht bereit ist, und entfremdest ihn dadurch noch mehr.
Du vertraust darauf, dass
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