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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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diesen wachsamen Augen beobachtet, Insektenaugen, berechnend, und ich denke: Womöglich wird dieser Mann mich töten.
    Also, wenn ihr das hier findet, und ich bin tot, tja …
    Sorry, das ist nicht lustig.

Nick Dunne
    Sieben Tage danach
    Es war Zeit. Punkt acht Uhr früh Central Time, neun Uhr in New York, nahm ich das Telefon. Meine Frau war definitiv schwanger. Ich war definitiv der Haupt- und einzige Verdächtige. Ich würde mir einen Anwalt besorgen, heute, und zwar genau den Anwalt, den ich nicht wollte, aber unbedingt brauchte.
    Tanner Bolt. Eine bittere Notwendigkeit. In jedem juristischen Netzwerk, in jeder True-Crime-Sendung, überall tauchte Tanner Bolts künstlich gebräuntes Gesicht auf, empört und besorgt im Namen des Klienten, den er gerade vertrat und der immer irgendeinem Monstrositäten-Kabinett entsprungen zu sein schien. Mit vierunddreißig war er berühmt geworden, weil er Cody Olsen vertreten hatte, einen Restaurantbesitzer aus Chicago, der angeklagt war, seine hochschwangere Frau erdrosselt und ihre Leiche auf einer Mülldeponie abgelegt zu haben. Leichenspürhunde erschnüffelten den Geruch eines toten Körpers im Kofferraum von Codys Mercedes, und auf seinem Laptop entdeckte man, dass jemand am Morgen, als Codys Frau verschwunden war, eine Karte zur nächsten Mülldeponie ausgedruckt hatte. Ein einfach lösbarer Fall. Aber als Tanner Bolt fertig war, hatten alle eine Anklage am Hals – das Police Department, zwei Gangmitglieder von der Chicagoer Westside, ein verärgerter Rausschmeißer –, alle außer Cody Olsen, der aus dem Gerichtssaal spazierte und erst mal eine Runde Cocktails ausgab.
    In den darauffolgenden zehn Jahren hatte sich Tanner Bolt als Ehegatten-Retter einen Namen gemacht – seine Spezialität war es, in hochprofilierten Fällen Männer zu vertreten, denen vorgeworfen wurde, ihre Frauen ermordet zu haben. Er hatte über die Hälfte seiner Prozesse gewonnen, was alles andere als schlecht war, wenn man bedachte, dass die Beweislast in den meisten Fällen erdrückend war und die Angeklagten extrem unsympathisch – Betrüger, Narzissten, Soziopathen. Tanner Bolts zweiter Spitzname lautete »Vollidioten-Verteidiger«.
    Ich hatte bei ihm einen Termin um zwei Uhr nachmittags.

    »Hier ist der Anschluss von Marybeth Elliott. Bitte hinterlassen Sie mir eine Nachricht, und ich werde Sie umgehend zurückrufen …«, sagte sie mit einer Stimme, die genau wie die von Amy klang. Amy, die bestimmt nicht umgehend zurückrufen würde.
    Ich raste zum Flughafen, um mich in New York mit Tanner Bolt zu treffen. Als ich Boney um die Genehmigung gebeten hatte, die Stadt zu verlassen, schien sie das zu amüsieren: Eigentlich machen Cops so was gar nicht. Das gibt es nur im Fernsehen.
    »Hi, Marybeth, hier ist noch mal Nick. Ich muss unbedingt mit dir sprechen. Ich wollte dir sagen … äh … ich habe ehrlich nichts von der Schwangerschaft gewusst, ich bin genauso schockiert, wie ihr es sicher seid … äh, ich nehme mir außerdem einen Rechtsanwalt, nur damit ihr Bescheid wisst. Ich glaube, Rand hat das angeregt. Also dann … du weißt ja, dass ich nicht gern auf den AB spreche. Ich hoffe, du rufst mich bald zurück.«

    Tanner Bolts Büro lag in Midtown, nicht weit von meiner ehemaligen Arbeitsstelle entfernt. Der Aufzog schoss mich fünfundzwanzig Stockwerke hoch, aber so weich, dass ich gar nicht merkte, wie ich mich bewegte, bis es in meinen Ohren knackte. Im sechsundzwanzigsten Stock stieg eine schmallippige Blondine in einem schnittigen Business-Kostüm ein. Sie klopfte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden, während sie darauf wartete, dass die Tür wieder zuging, dann fauchte sie mich an: »Warum drücken Sie denn nicht auf Schließen?« Ich setzte das Lächeln auf, das ich zickigen Frauen gerne angedeihen lasse, das Entspann-dich-Lächeln, das Amy immer das Lieber-Nicky-Grinsen genannt hatte, und dann erkannte die Frau mich plötzlich. »Oh«, sagte sie und machte ein Gesicht, als wäre ihr ein ekliger Geruch in die Nase gestiegen. Als ich auf Tanners Stockwerk ausstieg, schien sie sich persönlich bestätigt zu fühlen.
    Tanner Bolt war der Beste, und ich brauchte den Besten, aber es passte mir überhaupt nicht, in irgendeiner Weise mit ihm in Zusammenhang gebracht zu werden – mit diesem Widerling, diesem Angeber, diesem Anwalt der Schuldigen. Ich hasste Tanner Bolt im Vorfeld so sehr, dass ich erwartete, sein Büro würde aussehen wie eine Kulisse von Miami Vice. Aber

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