Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
sie, ohne mich anzusehen. »Du hattest schon immer Probleme mit der Wahrheit – du warst nie um eine kleine Notlüge verlegen, wenn sich dadurch eine Auseinandersetzung vermeiden ließ. Immer den Weg des geringsten Widerstands. Du hast Mom vorgeflunkert, du gehst zum Baseballtraining, als du schon längst nicht mehr zum Team gehört hast; du hast ihr lieber weisgemacht, dass du in die Kirche gehst, als zuzugeben, dass du im Kino warst. Das war wie ein seltsamer innerer Zwang.«
»Das jetzt ist aber etwas anderes als Baseball, Go.«
»Stimmt. Aber du flunkerst immer noch wie ein kleiner Junge. Du bist immer noch verzweifelt darauf aus, dass jeder dich für perfekt hält. Du willst auf gar keinen Fall der Böse sein. Deshalb erzählst du Amys Eltern, dass Amy keine Kinder wollte. Und mir erzählst du nicht , dass du deine Frau betrogen hast. Du behauptest steif und fest, dass die Kreditkartenabrechnungen in deinem Namen nicht deine sind, du behauptest, du warst am Strand, obwohl du den Strand hasst, du behauptest, deine Ehe war glücklich. Im Moment weiß ich überhaupt nicht, was ich dir noch glauben soll.«
»Das meinst du jetzt nicht ernst, oder?«
»Seit Amy verschwunden ist, hast du andauernd nur gelogen. Das macht mir Angst. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was eigentlich Sache ist.«
Einen Augenblick herrschte Totenstille.
»Go, meinst du wirklich, was du da sagst? Denn wenn es so ist, dann ist etwas zwischen uns gestorben, verdammt.«
»Erinnerst du dich an das Spiel, das wir immer mit Mom gespielt haben, als wir klein waren? Hättest du mich noch lieb, wenn? Hättest du mich noch lieb, wenn ich Go eine runterhaue? Hättest du mich noch lieb, wenn ich eine Bank ausraube? Hättest du mich noch lieb, wenn ich jemanden umbringe?«
Ich antwortete nicht. Mein Atem ging viel zu schnell.
»Ich hätte dich immer noch lieb«, sagte Go.
»Go, muss ich es dir wirklich sagen?«
Sie schwieg.
»Ich habe Amy nicht umgebracht.«
Sie schwieg immer noch.
»Glaubst du mir?«, fragte ich.
»Ich hab dich lieb.«
Sie legte kurz die Hand auf meine Schulter, ging in ihr Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Ich wartete, dass das Licht anging, aber das Zimmer blieb dunkel.
Zwei Sekunden später klingelte mein Handy. Diesmal das Wegwerfteil, das ich unbedingt loswerden musste, aber nicht konnte, weil ich Andie ja versprochen hatte dranzugehen. Einmal am Tag, Nick. Einmal am Tag müssen wir miteinander reden.
Ich merkte, dass ich mit den Zähnen knirschte.
Ich holte tief Atem.
Weit draußen am Stadtrand lag die Ruine eines Forts aus dem Alten Westen, jetzt ein weiterer Park, den keiner besuchte. Von dem eigentlichen Fort war nur noch der hölzerne Wachturm übrig, umgeben von rostigen Schaukeln und Wippen. Einmal hatten Andie und ich uns dort getroffen und im Schatten des Wachturms geknutscht.
Um sicherzugehen, dass niemand mir folgte, fuhr ich in Moms altem Auto drei große Schleifen um die Stadt. Eine vollkommen verrückte Unternehmung – es war noch nicht mal zehn Uhr abends –, aber ich hatte kein Mitspracherecht bei diesem Rendezvous. Ich muss dich sehen, Nick, heute Abend, sofort, sonst dreh ich durch, das schwör ich dir . Als ich am Fort hielt, fiel mir auf, wie abgeschieden dieser Ort war und was das bedeutete: Andie war noch immer bereit, sich mit mir an einem einsamen, unbeleuchteten Ort zu treffen, mit mir, dem Schwangeren-Mörder. Als ich durch das dichte, kratzige Gras auf den Turm zuging, konnte ich ihre Silhouette in dem winzigen Fenster des hölzernen Turms erkennen.
Sie wird dich vernichten, Nick . Ich beschleunigte meine Schritte.
Eine Stunde später kauerte ich in meinem von Paparazzi belagerten Haus und wartete. Rand hatte gesagt, noch vor Mitternacht würde man wissen, ob meine Frau wirklich schwanger war. Als das Telefon klingelte, ging ich sofort dran, aber es war nur das gottverdammte Comfort Hill. Mein Vater war wieder einmal verschwunden. Die Polizei war bereits verständigt, und wie immer hörte es sich an, als wäre ich der Depp. Wenn so etwas noch einmal passiert, müssen wir den Aufenthalt Ihres Vaters in unserer Einrichtung abbrechen. Mich überlief es kalt: Wenn mein Vater bei mir einziehen würde – zwei erbärmliche, wütende Dreckskerle –, wäre das Stoff für das schlechteste Buddy-Movie aller Zeiten. Gekrönt mit einem Mord-Selbstmord. Ba-dum-dum! Und los geht’s auf der Luschen-Piste!
Gerade als ich auflegte und durch das hintere Fenster zum Fluss
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