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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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spähte – ruhig bleiben, Nick  –, sah ich beim Bootshaus eine zusammengekauerte Gestalt. Erst dachte ich, es wäre ein Reporter, der sich von der Meute getrennt hatte, aber dann kamen mir die geballten Fäuste und die verkrampften Schultern plötzlich seltsam bekannt vor. Comfort Hill war zu Fuß etwa dreißig Minuten entfernt, immer die River Road entlang. Obwohl mein Dad sich nicht an mich erinnern konnte, erinnerte er sich an unser Haus.
    Ich ging hinaus in die Dunkelheit. Er saß direkt am Ufer und starrte ins Wasser. Er war weniger schmutzig als beim letzten Mal, stank aber durchdringend nach Schweiß.
    »Dad? Was machst du denn hier? Alle machen sich Sorgen deinetwegen.«
    Er sah mich mit seinen dunkelbraunen Augen an, die noch vollkommen klar waren, nicht milchglasig wie bei vielen älteren Menschen. Obwohl ich es weniger beunruhigend gefunden hätte, wenn sie milchig gewesen wären.
    »Sie hat mir gesagt, ich soll kommen«, blaffte er mich an. »Sie hat mir gesagt, ich soll kommen. Das ist mein Haus, ich kann kommen und gehen, wie es mir beliebt.«
    »Bist du den ganzen Weg hierher gelaufen?«
    »Ich kann jederzeit herkommen. Du hasst mich vielleicht, aber sie liebt mich.«
    Um ein Haar hätte ich gelacht. Sogar mein Vater erfand für sich eine Beziehung zu Amy.
    Auf dem Rasen vor dem Haus begannen ein paar Fotografen Bilder zu schießen. Ich musste meinen Vater ins Heim zurückbringen. Den Artikel, den sie sich zu dem Exklusivfoto aus den Fingern saugen würden, konnte ich mir vorstellen: Was für ein Vater war Bill Dunne, was für einen Sohn hatte er großgezogen? Guter Gott, wenn mein Vater jetzt eine seiner Tiraden über die verdammten Schlampen vom Stapel ließ … Ich wählte die Nummer vom Comfort Hill, und nach einigem Hin und Her waren sie schließlich bereit, einen Pfleger loszuschicken, um ihn abzuholen. Demonstrativ geduldig geleitete ich Dad zum Auto und murmelte beruhigend auf ihn ein, während die Fotografen auf den Auslöser drückten.
    Mein Dad. Als er weg war, lächelte ich und strengte mich an, auszusehen wie ein stolzer Sohn. Die Reporter fragten mich, ob ich meine Frau umgebracht hatte. Gerade als ich wieder ins Haus zurückgehen wollte, tauchte ein Streifenwagen auf.

    Es war Boney, die trotz der Paparazzi zu mir kam, um mich zu benachrichtigen. Sie tat es freundlich, mit sanfter Fingerspitzen-Stimme.
    Amy war schwanger.
    Meine Frau war mit einem Kind im Bauch verschwunden. Boney beobachtete mich und wartete auf meine Reaktion – die sicher ein Teil des Polizeiberichts werden würde –, also sagte ich mir Benimm dich korrekt, vermassle es nicht, benimm dich, wie sich ein Mann benimmt, wenn er so etwas erfährt. Ich zog den Kopf ein und murmelte Oh Gott, oh Gott , und dabei sah ich meine Frau auf unserem Küchenboden liegen, die Hände auf dem Bauch, mit eingeschlagenem Schädel.

Amy Elliott Dunne
    26. Juni 2012
    Tagebucheintrag
    Noch nie habe ich mich so lebendig gefühlt. Heute ist ein heller Tag mit strahlend blauem Himmel, die Vögel sind verrückt vor Wärme, der Fluss sprudelt draußen vorbei, und ich bin total lebendig.
    Als ich heute Morgen aufgewacht bin, war Nick nicht da. Ich habe mich im Bett aufgesetzt und zugesehen, wie die Sonne es Stück für Stück golden färbt, die Drosseln sangen vor dem Fenster, und mir war übel. Mein Hals krampfte sich zusammen und entspannte sich wieder, wie ein Herz. Eine Weile versuchte ich mir einzureden, ich müsste mich nicht übergeben, aber dann rannte ich ins Bad und fing an zu würgen: Galle, warmes Wasser und eine kleine hopsende Erbse. Während mein Magen sich umdrehte und meine Augen tränten und ich nach Luft schnappte, begann ich mit den Berechnungen, die Frauen anstellen, wenn sie so über der Toilette hängen. Ich nehme die Pille, aber ich hatte es ein, zwei Tage vergessen – was macht das schon, ich bin achtunddreißig, fast zwei Jahrzehnte auf der Pille. Ich werde bestimmt nicht aus Versehen schwanger.
    Ich fand die Schwangerschaftstests in einem verschlossenen Glasschränkchen und musste eine gestresste Frau mit Damenbart dazu bringen, für mich aufzuschließen. Ungeduldig wartete sie, bis ich mich für einen davon entschieden hatte, den sie mir mit einem kalten Blick überreichte und sagte: »Viel Glück.«
    Keine Ahnung, ob sie damit das Plus- oder das Minuszeichen meinte. Ich fuhr nach Hause, las die Anweisung dreimal durch, hielt den Stab die korrekte Minutenzahl im korrekten Winkel, legte ihn dann auf den

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