Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
wissen.«
»Das ist unwichtig.«
»Nick!«, fauchte Go.
»Ich hab das getan, was ich manchmal morgens mache. Ich hab so getan, als würde ich weggehen, dann bin ich in den verlassenen Teil der Wohnanlage gefahren, und … bei einem der Häuser gibt es eine unverschlossene Garage.«
»Und?«, drängte Tanner.
»Und ich habe Zeitschriften gelesen.«
»Wie bitte?«
»Ich habe alte Ausgaben der Zeitschrift gelesen, bei der ich früher mal gearbeitet habe.«
Ich vermisste meine Zeitschrift immer noch – ich versteckte Exemplare von ihr, als wäre es Pornographie, und las sie heimlich, weil ich nicht wollte, dass jemand Mitleid mit mir hatte.
Als ich aufblickte, sah ich, dass sowohl Tanner als auch Go sehr, sehr viel Mitleid mit mir hatten.
Kurz nach Mittag fuhr ich zurück zu meinem Haus und wurde von einer Straße voller Nachrichtenwagen begrüßt. Reporter hatten auf meinem Rasen ihr Lager aufgeschlagen, meine Auffahrt war versperrt, so dass ich vor dem Haus parken musste. Ich holte tief Luft und stieg aus. Sofort stürzten sie sich auf mich, wie halbverhungerte Vögel, pickten und flatterten, scherten aus der Formation aus und sammelten sich wieder. Nick, wussten Sie, dass Amy schwanger ist? Nick, haben Sie ein Alibi? Nick, haben Sie Amy getötet?
Ich bahnte mir einen Weg ins Haus und schloss hinter mir die Tür ab. Zu beiden Seiten der Tür waren Fenster, also musste ich noch einmal meinen Mut zusammennehmen und schnell die Jalousien herunterziehen, während die Kameras mich anklickten und das Fragengeschrei wieder losging. Nick, haben Sie Amy getötet? Als die Jalousien unten waren, setzte ein ähnlicher Effekt ein, als hätte man den Käfig eines Kanarienvogels für die Nacht zugedeckt: Der Lärm vor dem Haus erstarb.
Ich ging nach oben und erfüllte mir den dringenden Wunsch nach einer Dusche. Mit geschlossenen Augen ließ ich das Wasser den Dreck aus dem Haus meines Vaters wegspülen. Als ich sie wieder öffnete, war das Erste, was ich sah, Amys rosaroter Rasierer im Seifenhalter. Er sah unheimlich aus, bösartig. Meine Frau war verrückt. Ich war mit einer Verrückten verheiratet. Das Mantra jedes Arschlochs: Ich habe eine Psycho-Schlampe geheiratet. Aber ich hatte wenigstens die böse Genugtuung, tatsächlich ein echtes Psycho-Biest geheiratet zu haben. Darf ich vorstellen, Nick? Ihre Frau, der Welt größte Hirnfickerin. Anscheinend war ich doch kein ganz so schlimmes Arschloch, wie ich befürchtet hatte. Ein Arschloch, das schon, aber nicht in großem Stil. Das Betrügen war sozusagen präventiv gewesen, eine unterbewusste Reaktion darauf, dass ich fünf Jahre mit einer Irren zusammen gewesen war: Natürlich musste ich mich da zu einem unkomplizierten, netten Mädchen aus meiner Heimatstadt hingezogen fühlen. Eigentlich der gleiche Vorgang, wie wenn ein Mensch, der unter Eisenmangel leidet, plötzlich einen Heißhunger auf rotes Fleisch entwickelt.
Als ich mich gerade abtrocknete, klingelte es an der Haustür. Ich beugte mich aus der Badezimmertür und hörte, wie die Stimmen der Reporter wieder anschwollen: Glauben Sie Ihrem Schwiegersohn, Marybeth? Was ist es für ein Gefühl zu wissen, dass Sie Großvater werden, Rand? Glauben Sie, dass Nick Ihre Tochter getötet hat, Marybeth?
Seite an Seite standen sie auf meiner Haustreppe, mit grimmigem Gesicht und steifem Rücken. Es waren etwa ein Dutzend Journalisten, Paparazzi, aber sie machten Krach für mindestens doppelt so viele. Glauben Sie Ihrem Schwiegersohn, Marybeth? Was ist das für ein Gefühl zu wissen, dass Sie Großvater werden, Rand? Die Elliotts kamen mit gemurmelten Hallos und niedergeschlagenen Augen herein, und ich knallte schnell die Tür zu. Rand legte eine Hand auf meinen Arm, nahm ihn aber unter Marybeths strengem Blick gleich wieder weg.
»Sorry, ich war unter der Dusche.« Meine Haare tropften und durchnässten die Schultern meines T-Shirts. Marybeths Haare waren fettig, ihre Klamotten zerknautscht. Sie sah mich an, als wäre ich wahnsinnig.
»Tanner Bolt? Ist das dein Ernst?«, fragte sie.
»Wie meinst du das?«
»Ich meine, Nick: Tanner Bolt, ist das dein Ernst? Er vertritt nur schuldige Leute.« Sie beugte sich dichter zu mir und packte mein Kinn. »Was ist da auf deiner Wange?«
»Ausschlag. Stress.« Ich wandte mich ab. »Das mit Tanner stimmt nicht, Marybeth. Echt nicht. Er ist der Beste der Branche. Und ich brauche ihn im Moment. Die Polizei – denen fällt nichts anderes ein, als sich mit mir zu
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