Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
beschäftigen.«
»Das scheint tatsächlich so zu sein«, sagte sie. »Und das auf deiner Wange sieht aus wie eine Bissspur.«
»Es ist Ausschlag.«
Marybeth stieß einen tiefen Seufzer aus und bog ins Wohnzimmer ab. »Ist es hier passiert?«, fragte sie. Ihr Gesicht hatte sich in eine Reihe fleischiger Wülste aufgelöst – Tränensäcke, schlaffe Wangen, herabhängende Mundwinkel.
»Das glauben wir jedenfalls. Aber irgendeine … Auseinandersetzung, irgendein Streit hat auch in der Küche stattgefunden.«
»Wegen des Bluts.« Marybeth berührte die Ottomane, prüfte sie, hob sie ein paar Zentimeter an, ließ sie fallen. »Ich wollte, du hättest nicht alles zurechtgerückt. Jetzt sieht es so aus, als wäre nichts passiert.«
»Marybeth, er muss hier wohnen«, gab Rand zu bedenken.
»Ich verstehe immer noch nicht, wie – ich meine, was, wenn die Polizei noch nicht alles gefunden hat? Was, wenn … ich weiß nicht. Ich habe den Eindruck, sie haben aufgegeben. Wenn sie das Haus einfach so stehen lassen. Offen für jeden.«
»Ich bin sicher, dass sie alles gefunden haben«, sagte Rand und drückte ihre Hand. »Warum fragen wir Nick nicht, ob wir Amys Sachen anschauen dürfen? Damit du dir etwas aussuchen kannst, okay?« Er warf mir einen Blick zu. »Wäre das in Ordnung, Nick? Es würde sie trösten, etwas von Amy bei sich zu haben.« Er wandte sich wieder an seine Frau. »Vielleicht den blauen Pullover, den Nana für sie gestrickt hat.«
»Ich möchte keinen verdammten blauen Pullover, Rand!«
Sie schüttelte seine Hand ab und begann im Zimmer herumzulaufen und Sachen einzusammeln. Dann stupste sie mit dem Zeh gegen die Ottomane. »Ist das die Ottomane, Nick?«, fragte sie. »Die, von der sie sagen, dass sie umgeworfen worden ist, obwohl das eigentlich nicht geht?«
»Ja, das ist sie.«
Sie blieb stehen, trat noch einmal zu und beobachtete, wie der Polsterhocker aufrecht stehenblieb.
»Marybeth, Nick ist bestimmt ebenso erschöpft« – Rand sah mich mit einem vielsagenden Lächeln an – »wie wir alle. Ich denke, wir sollten das tun, wofür wir hergekommen sind und …«
»Dafür sind wir doch hergekommen, Rand. Nicht wegen eines blöden Pullovers, mit dem ich kuscheln kann, als wäre ich drei. Ich will meine Tochter. Nicht irgendeinen Gegenstand von ihr. Ihr Zeug bedeutet mir nichts. Ich will, dass Nick uns endlich erklärt, was los ist, denn die ganze Geschichte stinkt zum Himmel. Ich hab mich noch nie, überhaupt noch nie in meinem ganzen Leben so dämlich gefühlt.« Jetzt begann sie zu weinen, wischte sich die Tränen aber schnell ab, offensichtlich verärgert. »Wir haben dir unsere Tochter anvertraut. Wir haben dir vertraut, Nick. Sag uns die Wahrheit!« Sie fuchtelte mir mit ihrem zitternden Zeigefinger vor der Nase herum: »Ist es wahr? Wolltest du das Baby nicht? Hast du Amy nicht mehr geliebt? Wolltest du ihr etwas antun?«
Am liebsten hätte ich sie geohrfeigt. Marybeth und Rand hatten Amy großgezogen. Sie war buchstäblich ihr Produkt. Sie hatten Amy erschaffen. Ich wollte sagen: Eure Tochter ist hier das Monster, aber ich brachte es nicht über die Lippen – nicht bevor wir es der Polizei erzählt hatten –, also schwieg ich und zermarterte mir den Kopf, was ich sagen könnte. Aber es wirkte natürlich, als blockierte ich absichtlich. »Marybeth, ich würde nie …«
» Ich würde nie, ich könnte nie, das ist alles, was ich aus deinem Mund höre. Weißt du, ich hasse es inzwischen sogar, dich anzuschauen. Ganz ehrlich. Mit dir stimmt etwas nicht. In deinem Innern fehlt etwas, und selbst wenn sich herausstellt, dass du unschuldig bist, werde ich dir nie verzeihen, wie beiläufig du auf diese ganze Katastrophe reagiert hast. Man könnte denken, du hast einen verdammten Schirm verloren! Nach allem, was Amy für dich aufgegeben hat, nach allem, was sie für dich getan hat, ist das der Dank. Es … Du … Ich glaube dir nicht, Nick. Das wollte ich dir sagen, deshalb bin ich hier. Ich glaube nicht an dich. Nicht mehr.«
Wieder begann sie zu schluchzen, wandte sich ab und stürzte zur Haustür hinaus, mitten in die Meute der Kameraleute hinein, die ihren Abgang begeistert filmten. Sie stieg ins Auto, und sofort drückten sich zwei Reporter ans Fenster, klopften, versuchten, ihr irgendeine Aussage zu entlocken. Im Wohnzimmer hörten wir, wie sie ihren Namen wiederholten. Marybeth – Marybeth –
Rand blieb da und steckte die Hände in die Taschen, offenbar unschlüssig,
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