Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
»Ich meine, das heißt ja nicht, dass es okay war, sie umzubringen. Sie ist auch bloß eine Frau, die sich den Falschen ausgesucht hat.«
Dabei sieht sie mich ganz direkt an, und ich warte, dass sie sagt: »Hey, warte mal …«
Aber sie dreht sich wieder zum Fernseher, legt sich auf den Bauch wie ein Kind, das Kinn in die Hände gestützt, das Gesicht meinem Bild auf der Mattscheibe zugewandt.
»Oh, Scheiße, da geht es gut ab«, sagt sie. »Die Leute haben ja einen Mordshass auf den Typen.«
Die Sendung kommt in Gang, und ich fühle mich allmählich ein bisschen besser. Es ist die reine Verherrlichung von Amy.
Campbell Macintosh, eine Freundin aus Kindertagen: »Amy ist der fürsorgliche, mütterliche Frauentyp. Sie fand es toll, verheiratet zu sein. Und ich bin sicher, dass sie eine großartige Mutter geworden wäre. Aber Nick – man hat schon immer geahnt, dass mit Nick irgendwas nicht stimmt. Kühl und abweisend und berechnend – man hatte das Gefühl, er wusste ganz genau, wie viel Geld Amy hatte.«
(Campbell lügt: Sie war hingerissen von Nick, sie lag ihm praktisch zu Füßen. Aber ich glaube, ihr gefiel der Gedanke, dass er mich nur wegen meines Geldes geheiratet hat.)
Shawna Kelly, Einwohnerin von North Carthage: »Ich fand es wirklich richtig seltsam, wie absolut unbeteiligt er bei der Suche nach seiner Frau gewirkt hat. Er hat geplaudert, sich die Zeit vertrieben. Mit mir geflirtet, obwohl er mich überhaupt nicht kannte. Ich hab immer wieder versucht, das Gespräch auf Amy zu lenken, aber er ist nicht darauf eingegangen – kein Interesse.«
(Ich bin überzeugt, dass diese verzweifelte alte Schlampe alles getan hat, aber auf gar keinen Fall hat sie das Gespräch auf mich gelenkt.)
Steven »Stucks« Buckley, langjähriger Freund von Nick Dunne: »Sie war ein echter Schatz. Süß. Lieb. Und Nick? Er hat sich anscheinend überhaupt keine Sorgen gemacht, als Amy verschwunden ist. Aber so war der Typ schon immer: total selbstbezogen. Ein bisschen verklemmt. Als wäre er in New York groß rausgekommen, und wir sollten uns jetzt alle vor ihm verneigen.«
(Ich hasse Stucks Buckley, und was für ein bescheuerter Name ist das überhaupt?)
Noelle Hawthorne sieht aus, als hätte sie sich gerade neue Strähnchen machen lassen: »Ich glaube, er hat sie umgebracht. Keiner spricht es aus, aber ich tu es. Er hat sie misshandelt, er hat sie tyrannisiert, und jetzt hat er sie getötet.«
(Guter Hund.)
Greta wirft mir einen Seitenblick zu, die Wangen unter den Händen hochgeschoben, das Gesicht im Fernsehlicht flackernd.
»Ich hoffe, das stimmt nicht«, sagt sie. »Dass er sie umgebracht hat, meine ich. Wäre doch nett, wenn sie irgendwie abhauen konnte, wenn sie einfach weggelaufen ist, sich irgendwo versteckt hat und in Sicherheit ist.«
Sie tritt mit den Beinen aus wie ein träger Schwimmer. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich verarscht.
Nick Dunne
Acht Tage danach
Wir durchsuchten jeden Winkel im Haus meines Vaters, was nicht lange dauerte, da es ja so erbärmlich leer ist. Die Küchenschränke, die Wandschränke. Ich zerrte an den Teppichen, um zu sehen, ob sie sich lösten. Ich spähte in die Waschmaschine und den Trockner. Steckte die Hand in den Kamin. Ich schaute sogar hinter dem Spülkasten nach.
»Wie in Der Pate «, sagte Go.
»Da hätte ich aber gefunden, wonach wir suchen, und wäre schießend wieder rausgekommen.«
Tanner stand mitten in Dads Wohnzimmer und zupfte an seiner zitronengelben Krawatte herum. Go und ich waren staubig und verschwitzt, aber Tanners weißes Hemd glänzte regelrecht, als hätte es New Yorker Glamour mitgebracht. Tanner starrte auf die Ecke eines Schranks, kaute auf der Unterlippe, zerrte an der Krawatte, dachte nach . Wahrscheinlich hatte der Mann Jahre damit verbracht, diesen Look zu perfektionieren, den Look: Halt den Mund, Klient, ich denke .
»Das gefällt mir nicht«, sagte er schließlich. »Wir haben ganz schön viele Probleme hier, die wir nicht überschauen, und ich gehe nicht zu den Cops, bevor diese Probleme nicht überschaubar sind. Mein erster Impuls ist, vorzupreschen – das ganze Zeug zu melden, bevor wir damit erwischt werden. Aber wenn wir nicht wissen, was Amy hier für uns versteckt hat, und bevor wir nicht wissen, wie Andie momentan drauf ist … Nick, können Sie sich vielleicht ungefähr vorstellen, wie sie drauf ist?«
Ich zuckte die Achseln. »Sie wird sauer sein.«
»Ich meine, das macht mich sehr, sehr nervös. Wir sind in
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