Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
heute Vormittag nichts von der Affäre unseres Schwiegersohnes Nick Dunne wussten. Er war seit Beginn dieses Albtraums weniger involviert, interessiert und besorgt, als angemessen gewesen wäre. Wir haben ihm einen Vertrauensvorschuss gewährt und sein Verhalten auf den Schock geschoben. Doch durch diese neuen Informationen hat sich unsere Einstellung geändert, und wir entziehen ihm unsere Unterstützung. Die Ermittlungen laufen weiter, und wir können nur hoffen, dass Amy zu uns zurückkommt. Ihre Geschichte darf nicht zu Ende sein. Die Welt ist bereit für ein neues Kapitel.«
Amen, ruft jemand.
Nick Dunne
Zehn Tage danach
Die Show war vorbei. Andie und die Elliotts waren verschwunden. Sharons Produzentin schaltete den Fernseher mit der Absatzspitze aus. Alle Blicke ruhten auf mir, alle warteten auf eine Erklärung von mir, dem Partygast, der gerade auf den Boden geschissen hatte. Sharon sah mich mit einem allzu strahlenden Lächeln an, ein wütendes Lächeln, das das Botox strapazierte. Ihr Gesicht schlug an den falschen Stellen Falten.
»Und?«, fragte sie mit ihrer leisen Oberschichtstimme. »Was zum Teufel war das denn?«
Tanner schaltete sich ein. »Das war die Bombe. Nick war und ist absolut bereit, sein Verhalten offenzulegen und darüber zu sprechen. Das Timing tut mir leid, aber in gewisser Hinsicht ist es besser für Sie, Sharon. Sie bekommen von Nick die erste Reaktion.«
»Dann sollten Sie lieber etwas gottverdammt Interessantes zu sagen haben, Nick.« Sie flitzte davon und rief: »Gebt ihm ein Mikro, wir legen los«, ohne einen bestimmten ihrer Leute anzusprechen.
Wie sich herausstellte, war Sharon Schieber vernarrt in mich. In New York hatte ich immer wieder Gerüchte gehört, dass sie selbst einige Affären gehabt hatte, aber schließlich zu ihrem Ehemann zurückgekehrt war, eine journalistische Insider-Geschichte, über die man hinter vorgehaltener Hand tuschelte. Inzwischen war das fast zehn Jahre her, aber ich dachte mir, dass sie womöglich immer noch zu einer gewissen Toleranz tendierte. Und so war es auch. Sie strahlte, sie schmeichelte, sie neckte. Sie lächelte mich mit ihren vollen, glänzenden Lippen an und stellte mir in aller Offenheit – die schmale Hand unters Kinn geklemmt – ihre schwierigen Fragen, die ich zur Abwechslung einmal richtig gut beantwortete. Ich bin kein Lügner von Amys Kaliber, längst nicht so überwältigend, aber wenn es sein muss, bin ich auch nicht schlecht. Ich sah aus wie ein Mann, der seine Frau liebt, sich wegen seiner Untreue schämt und bereit ist, alles wiedergutzumachen. In der Nacht davor hatte ich mir – schlaflos und mit den Nerven am Ende – Hugh Grant bei Leno angeschaut, 1995, wie er sich beim ganzen Land dafür entschuldigte, dass er mit einer Prostituierten schmutzige Dinge getrieben hatte. Stotternd und stammelnd wand er sich, als wäre ihm seine Haut mindestens zwei Nummern zu klein. Aber keine Ausreden: »Ich glaube, man weiß eigentlich genau, was man im Leben tun sollte und was nicht, was gut ist und was schlecht, und was ich getan habe, war schlecht … so ist das.« Verdammt, war der Kerl gut – er sah kleinlaut aus, nervös, so zittrig, dass man am liebsten seine Hand nehmen und sagen wollte, Junge, ist doch nicht so schlimm, mach dich deswegen nicht so fertig . Und genau auf den Effekt hatte ich es auch abgesehen. Ich sah mir den Clip so oft an, dass ich schon Gefahr lief, mir den britischen Akzent auszuborgen.
Ich war der sprichwörtliche hohle Mann: Der Ehemann, von dem Amy immer behauptet hatte, er könnte sich nicht entschuldigen, tat es endlich und benutzte dabei Worte und Emotionen, die er sich von einem Schauspieler geborgt hatte.
Aber es funktionierte. Sharon, ich hab etwas Schlechtes getan, etwas Unverzeihliches. Ich kann keine Entschuldigung dafür vorbringen. Ich habe mich selbst enttäuscht, ich hätte nie von mir gedacht, dass ich ein Betrüger bin. Es ist unentschuldbar, es ist unverzeihlich, und ich wünsche mir einfach nur, dass Amy heimkommt, damit ich den Rest meines Lebens Wiedergutmachung leisten und sie so behandeln kann, wie sie es verdient.
Oh, ich würde sie definitiv gerne so behandeln, wie sie es verdient!
Aber eins möchte ich noch sagen, Sharon: Ich habe Amy nicht getötet. Ich würde ihr niemals weh tun. Ich glaube, was hier passiert ist, ist das, was ich in Gedanken [leises Lachen] den Ellen-Abbott -Effekt nenne. Diese peinliche, unverantwortliche Form des Journalismus. Wir sind so
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