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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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drinnen, und das Garagentor senkte sich surrend. Schwer atmend saß ich in der Hitze des betonierten Raums.
    Inzwischen fühlte sich alles wie ein Gefängnis an – Türen gingen auf und zu, auf und zu, und ich fühlte mich keine Sekunde mehr sicher.

    Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mir vorzustellen, wie ich Amy umbrachte. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, nur daran, eine Möglichkeit zu finden, um ihr Leben zu beenden. Wie ich Amys ach so aktives Hirn zertrümmerte. Das musste ich ihr lassen: Vielleicht hatte ich die letzten Jahre im Halbschlaf verbracht, aber jetzt war ich hellwach. Elektrisch aufgeladen, wie in den frühen Tagen unserer Ehe.
    Ich wollte etwas machen, ich wollte, dass etwas passierte, aber es gab nichts zu tun. Am späten Abend verschwanden die Kamerateams, aber ich konnte trotzdem nicht riskieren, das Haus zu verlassen. Ich wollte mich bewegen, gab mich aber damit zufrieden, auf und ab zu gehen. Ich war auf hundertachtzig, unerträglich angespannt.
    Andie hatte mich beschissen, Marybeth hatte sich von mir abgewandt, Go hatte einen wesentlichen Teil ihres Vertrauens in mich verloren. Boney hatte mich in die Falle gelockt. Amy hatte mich zerstört. Ich goss mir einen Drink ein, nahm einen Schluck, spannte die Finger um die Kurven des Glases, schleuderte es an die Wand, sah zu, wie das Glas zum Feuerwerk explodierte, hörte das Klirren, roch den Bourbon. Wut in allen fünf Sinnen. Diese verdammten Mistweiber .
    Mein Leben lang hatte ich mich bemüht, ein anständiger Kerl zu sein, ein Mann, der die Frauen liebte und respektierte, ein Kerl ohne Komplexe. Und hier war ich nun, hegte üble Gedanken über meine Zwillingsschwester, meine Schwiegermutter und meine Geliebte. Und stellte mir vor, meiner Frau den Schädel einzuschlagen.
    Ein Klopfen, ein lautes, furioses Bäng-bäng-bäng riss mich aus meinen Albtraum-Phantasien.
    Ich öffnete, riss die Tür weit auf, begegnete der Heftigkeit des Klopfens mit der Heftigkeit meines Zorns.
    Es war mein Vater, der auf meiner Schwelle stand wie ein grausiges Schreckgespenst, das mein Hass heraufbeschworen hatte. Er atmete schwer und schwitzte. Sein Ärmel war zerrissen, seine Haare wild und wirr, aber seine Augen hatten die übliche dunkle Wachsamkeit, die ihn brutal vernünftig wirken ließen.
    »Ist sie da?«, blaffte er mich an.
    »Wen meinst du, Dad?«
    »Das weißt du genau.« Er drängte sich an mir vorbei, schleppte Dreck an seinen Schuhen herein, die Hände zu Fäusten geballt, vornübergebeugt, so dass die Schwerkraft ihn zwang, weiterzugehen, wenn er nicht umfallen wollte, und er murmelte: Schlampeschlampeschlampe. Er roch nach Pfefferminz. Echtem Pfefferminz, keinem künstlichen, so, als wäre er durch einen Kräutergarten marschiert.
    Kleine Schlampe. Diese kleine Schlampe, murmelte er. Durchs Esszimmer, in die Küche, unterwegs wurden die Lichtschalter betätigt. Eine Wasserwanze krabbelte eilig die Wand hoch.
    Ich folgte ihm und versuchte, ihn zu beruhigen. Dad, Dad, setz dich doch, Dad, willst du ein Glas Wasser, Dad … Er stapfte die Treppe hinunter, noch mehr Dreck fiel von seinen Schuhen. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Klar, dass dieser Scheißkerl ausgerechnet jetzt hier auftauchte und alles noch schlimmer machte.
    »Dad! Verdammt nochmal, Dad! Hier ist niemand außer mir. Nur ich.« Er riss die Tür zum Gästezimmer auf und ging dann wieder ins Wohnzimmer, ohne auf mich zu achten – »Dad!«
    Ich wollte ihn nicht anfassen. Ich hatte Angst, ich würde ihn schlagen. Ich hatte Angst, ich könnte anfangen zu weinen.
    Als er Anstalten machte, nach oben ins Schlafzimmer zu gehen, vertrat ich ihm den Weg, drückte eine Hand an die Wand, legte die andere aufs Geländer, eine menschliche Barrikade. »Dad! Schau mich an!«
    Mit einem wütenden Spuckeschwall stieß er hervor: »Sag ihr, sag dieser hässlichen kleinen Schlampe, dass es noch nicht vorbei ist. Sie ist nicht besser als ich, sag ihr das. Sie ist nicht zu gut für mich. Sie hat nichts zu sagen. Dieses hässliche Miststück muss lernen …«
    Ich schwöre, dass ich eine Sekunde ein grelles weißes Licht sah, einen Moment absoluter, schriller Klarheit. Für einen Moment gab ich den Versuch auf, die Stimme meines Vaters auszublenden und ließ sie stattdessen in meinen Ohren dröhnen. Ich war nicht so ein Mann, ich hasste und fürchtete die Frauen nicht. Mein Frauenhass bezog sich auf eine einzige Person. Wenn ich nur Amy hasste, wenn ich all meine Wut, all meinen

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