Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
man von den anderen Anwesenden jemanden fragen würde, egal wen, würden sie das bestätigen, da bin ich ganz sicher.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass Nick sich für eine Version von mir entschieden hat, die nicht existiert. Seit wir hierhergezogen sind, habe ich bei Mädchenabenden und Wohltätigkeitsmärschen mitgemacht, ich habe für seinen Dad Aufläufe gekocht und Lose für die Tombola verkauft. Ich habe das letzte bisschen von meinem Geld lockergemacht, damit Nick und Go sich die Bar kaufen können, die sie sich immer gewünscht haben, und ich habe ihnen den Scheck sogar in einer Karte überreicht, die wie ein Bierkrug geformt war – Prost! Auf euch! –, aber Nick hat sich trotzdem nur äußerst widerwillig bedankt. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich gebe mir doch wirklich alle Mühe.
Wir servieren die Limonade, ich lächle und lache noch heftiger, ein Inbild von Freundlichkeit und guter Laune, ich frage jeden, ob ich ihm noch etwas bringen kann, mache den Frauen Komplimente für ihren Götterspeisensalat und ihren Krabben-Dip und ihre in Frischkäse und Salami gewickelten Pickles.
Dann erscheint Nicks Dad mit Go. Schweigend stehen sie auf der Schwelle, Mittlerer Westen-Gothic, Bill Dunne drahtig und noch immer gutaussehend, ein winziges Pflaster auf der Stirn, Go mit grimmigem Gesicht, Haarspangen, die Augen von ihrem Vater abgewandt.
»Nick«, sagt Bill Dunne, schüttelt ihm die Hand, mustert mich stirnrunzelnd und geht ins Haus. Go folgt ihm, packt Nick am Arm, zieht ihn hinter die Tür und fängt an zu flüstern. »Keine Ahnung, wo er kopfmäßig gerade ist. Ob er einen schlechten Tag hat oder einfach nur den Blödmann mimt. Ich hab echt keinen Schimmer.«
»Okay, okay. Mach dir keine Sorgen, ich behalte ihn im Auge.«
Go zuckt nur etwas säuerlich die Schultern.
»Ich mein es ernst, Go. Nimm dir ein Bier und ruh dich aus. Die nächste Stunde bist du von Vateraufpasspflichten befreit.«
Ich denke: Wenn ich mich so benommen hätte, würde er sich beschweren, dass ich zu empfindlich bin .
Die älteren Frauen wuseln um mich herum, erzählen mir, dass Maureen schon immer gesagt hat, was für ein wundervolles Paar Nick und ich sind, und dass sie ganz recht hat, denn wir sind eindeutig füreinander geschaffen.
Mir sind diese gutgemeinten Klischees lieber als das Geschwätz, das wir vor der Hochzeit zu hören bekamen. Die Ehe ist Kompromiss und harte Arbeit, und noch mehr harte Arbeit und Kommunikation und Kompromiss. Und Arbeit . Lasst, ihr, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren.
Die Verlobungsparty in New York war in dieser Hinsicht am schlimmsten, alle Gäste waren erhitzt von Wein und Feindseligkeit, als hätte sich jedes Paar unterwegs zum Club in einen Streit verwickelt. Vielleicht erinnerten sie sich auch nur an einen. Wie Binks. Binks Moriarty, die achtundachtzigjährige Mutter der besten Freundin meiner Mom, hielt mich an der Bar auf und blaffte, als wäre sie der diensthabende Arzt in der Notaufnahme: »Amy! Ich muss mit dir sprechen!« Sie drehte die kostbaren Ringe auf ihren dickknöcheligen Fingern – bieg, dreh, knack – und befummelte meinen Arm (der Alte-Leute-Griff – kalte Finger, die scharf sind auf deine hübsche, weiche, warme, junge Haut), und dann erzählte mir Binks, dass ihr verstorbener Ehemann, mit dem sie dreiundsechzig Jahre zusammen war, Schwierigkeiten hatte, »ihn in der Hose zu lassen«. Binks sagte das mit diesem »Ich bin so gut wie tot, ich kann so was sagen« -Grinsen und linsengetrübten Augen. »Er konnte ihn einfach nicht in der Hose lassen«, sagte sie mit dringlicher Stimme und knetete meinen Arm mit eisigem Todesgriff. »Aber mich hat er mehr geliebt als die anderen. Ich weiß das, und du weißt es auch.« Die Moral der Geschichte: Mr. Binks war ein verlogener geiler Schürzenjäger, aber na ja, in der Ehe geht es eben um Kompromisse.
Ich zog mich schnell zurück und mischte mich unters Volk, lächelte in eine Reihe faltiger Gesichter mit dem erschöpften, enttäuschten Ausdruck, den Menschen mittleren Alters oft bekommen, und etwas anderes war hier nicht zu entdecken. Die meisten waren obendrein noch betrunken und tanzten die Tänze ihrer Jugend – wiegten sich zu Country-Club-Funk –, was mir noch schlimmer vorkam. Als ich mir einen Weg zur Terrassentür bahnte, um ein bisschen frische Luft zu schnappen, drückte plötzlich jemand meinen Arm. Es war Nicks Mom, Mama Maureen, mit ihren großen schwarzen Laseraugen und ihrem
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