Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
würde er demnächst aufstehen und zu einem Spiel gehen. Rand starrte ihn an, als müsste er ihn kennen.
Die Drogenepidemie in Carthage war weit größer, als ich es geahnt hatte: Erst gestern waren die Cops hier gewesen, und schon hatten die Junkies sich wieder versammelt wie wild entschlossene Fliegen. Als wir uns zwischen den Menschenhaufen durchschlängelten, mahnte eine übergewichtige Frau auf einem Elektroroller sie energisch zur Ruhe. Ihr Gesicht war pickelig, die Zähne katzenartig.
»Kaufen oder verschwinden, hier gibt’s nichts umsonst«, sagte sie.
Stucks leuchtete ihr mit der Taschenlampe ins Gesicht.
»Lass mich mit dem verfickten Ding in Ruhe.« Er tat es.
»Ich suche meine Frau«, begann ich. »Amy Dunne. Sie wird seit Donnerstag vermisst.«
»Die wird schon wieder auftauchen. Sobald sie aufwacht, schleppt sie sich nach Hause.«
»Wir machen uns nicht so sehr Sorgen wegen Drogen«, sagte ich. »Sondern wegen ein paar Männern hier. Wir haben da was gehört.«
»Alles okay, Melanie«, rief eine Stimme. Am Rand der Junior-Sektion lehnte ein schlaksiger Mann an einem nackten Schaufensterpuppentorso und beobachtete uns mit einem schiefen Lächeln im Gesicht.
Halb gelangweilt, halb verärgert zuckte Melanie die Achseln und fuhr davon.
Ohne uns aus den Augen zu lassen, rief der Mann nach hinten, wo vier Paar Füße aus den Umkleidekabinen hervorschauten – vier Kerle in jeweils einem eigenen Kabuff: »Hey, Lonnie, hey ihr alle! Die Arschlöcher sind wieder da. Fünf von ihnen!« Er kickte eine leere Bierdose in unsere Richtung. Hinter ihm setzten sich drei Fußpaare in Bewegung, und die dazugehörigen Männer richteten sich auf. Nur zwei Füße blieben still, wahrscheinlich schlief ihr Besitzer oder war bewusstlos.
»Yeah, ihr Fucker, wir sind wieder da«, rief Mikey Hillsam, hielt seinen Baseballschläger wie einen Billardstock und stieß dem Torso damit zwischen die Brüste. Die Puppe schwankte, ging zu Boden, und der Blue-Book-Kerl entfernte anmutig seinen Arm, als sie umfiel, als wäre das Ganze Teil einer einstudierten Szene. »Wir brauchen Informationen über ein verschwundenes Mädchen.«
Inzwischen hatten sich die drei Männer aus den Umkleidekabinen zu ihren Freunden gesellt. Alle trugen Greek-Party-T-Shirts: Pi Phi Tie-Dye und Fiji Island . In diesem Sommer waren die Wohlfahrtsläden mit solchen Shirts regelrecht überschwemmt worden – Hochschulabsolventen hatten ihre alten Souvenirs abgeworfen.
Die Männer waren allesamt drahtig, die muskulösen Arme von hervorstehenden blauen Venen durchzogen. Hinter ihnen kam ein Typ mit einem schlaff herabhängenden Schnauzbart und einem Pferdeschwanz in einem Gamma-Phi-T-Shirt aus der größten Eckkabine, er zog ein langes Rohr hinter sich her. Wir hatten die Sicherheitsleute der Mall vor uns.
»Was gibt’s?«, fragte Lonnie.
Doch in einem höheren Sinne können wir diesen Boden nicht weihen, können wir ihn nicht segnen, können wir ihn nicht heiligen … rezitierten die Kids in einer Tonlage, die hart ans Brüllen grenzte.
»Wir suchen Amy Dunne, ihr habt sie wahrscheinlich in den Nachrichten gesehen, sie wird seit Donnerstag vermisst«, sagte Joe Hillsam. »Eine nette, hübsche Lady, aus ihrem eigenen Haus entführt.«
»Ich hab davon gehört. Und?«, blaffte Lonnie.
»Sie ist meine Frau«, erklärte ich.
»Wir wissen, auf was ihr Jungs euch hier draußen eingelassen habt«, fuhr Joe fort, nur an Lonnie gewandt, der seinen Pferdeschwanz nach hinten warf und das Kinn reckte. Auf seinen Fingern konnte man verblasste grüne Tätowierungen erkennen. »Wir haben von der Gruppenvergewaltigung gehört.«
Ich warf einen Blick zu Rand hinüber, um zu sehen, wie er mit der Situation zurechtkam; er starrte auf die nackte Schaufensterpuppe am Boden.
»Gruppenvergewaltigung?«, wiederholte Lonnie und warf den Kopf in den Nacken. »Was soll die Scheiße?«
»Ihr Blue Book Boys …«, begann Joe.
»Wir Blue Book Boys – meinst wohl, wir sind ’ne Gang«, schnaubte Lonnie. »Aber wir sind keine Tiere, du Arschloch. Wir entführen keine Frauen. Die Leute wollen doch bloß das Gefühl haben, dass es okay ist, uns nicht zu helfen. Nach dem Motto: Seht ihr, die verdienen das nicht, die sind eine Gang von Vergewaltigern . Schwachsinn. Ich würde sofort aus dieser Stadt verschwinden, wenn die Firma mir meinen Lohn zahlte, der mir noch zusteht. Aber ich hab bis jetzt nichts gekriegt. Keiner von uns hat sein Geld gesehen. Deshalb sind wir
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