Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GONE Lügen

GONE Lügen

Titel: GONE Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Grant
Vom Netzwerk:
durch den Flur in das Zimmer, das sie sich mit Bowie und Pixie teilte.
    Pixie schlief tief und fest. Bowie wälzte sich fiebernd im Bett hin und her.
    »Zum Fenster«, flüsterte Peace.
    Sanjit trat an das Panoramafenster, das vom Boden bis knapp unter die Decke reichte und bei Tageslicht eine umwerfende Aussicht bot. Sein Blick wanderte über den Ozean zu der in weiter Ferne gelegenen Stadt Perdido Beach und blieb dort hängen.
    »Hol Choo her«, sagte er schließlich.
    Peace kehrte mit einem stinkigen Virtue zurück, der sich den Schlaf aus den Augen rieb und dazu leise schimpfte.
    »Sieh mal«, sagte Sanjit.
    Virtue starrte wie Sanjit eine Weile aus dem Fenster. »Da brennt es.«
    »Die ganze Stadt muss in Flammen stehen.«
    Am Horizont flimmerten rotgelbe Flammen im grauen Licht der Dämmerung und darüber erhob sich eine schwarze Rauchsäule. Der Größenunterschied hatte etwas Lächerliches. Das helle Feuer bildete gerade einmal einen Farbtupfer, während der Rauch wie ein umgedrehter Trichter meilenweit in den Himmel zu reichen schien.
    »Und da soll ich mit dem Hubschrauber rüberfliegen?«, fragte Sanjit.
    Virtue verließ das Zimmer und kehrte mit einem kleinen Teleskop zurück, mit dem sie schon ein paarmal vergeblich versucht hatten, Einzelheiten in der Stadt oder am bewaldeten Uferstreifen zu erkennen, der ihrer Insel am nächsten lag. Auch jetzt war nicht viel zu erkennen, aber auch nur leicht vergrößert sah das Feuer schrecklich aus.
    Bowie wimmerte im Schlaf. Sanjit warf ihm einen Blick zu und wandte sich wieder um.
    »Ich hab ein ungutes Gefühl«, meinte Virtue.
    »Bis zu uns wird sich das Feuer ja wohl nicht ausbreiten«, entgegnete Sanjit, um einen lockeren Ton bemüht.
    Als Virtue nichts erwiderte und weiter aus dem Fenster starrte, kam Sanjit plötzlich der Gedanke, dass sein Bruder möglicherweise mehr als nur das Feuer sah.
    »Was ist, Choo?«
    Virtue stieß einen tiefen Seufzer aus, fast schon ein Schluchzen. »Du hast mich nie gefragt, woher ich komme.«
    Sanjit überraschte die Wendung, die das Gespräch nahm. »Aus Afrika. Das weiß ich doch.«
    »Afrika ist ein Kontinent, kein Land«, belehrte Virtue ihn. »Ich komme aus dem Kongo.«
    »Okay.«
    »Das sagt dir gar nichts, nicht wahr?«
    Sanjit zuckte die Achseln. »Löwen und Giraffen und so?«
    Virtue grinste nicht einmal. »Dort herrscht Krieg sei t … eigentlich schon immer. Die Menschen bringen sich gegenseitig um. Sie vergewaltigen und foltern.«
    »Und?«
    »Als Jennifer und Todd mich adoptiert haben, war ich nicht im Waisenhaus. Ich war vier Jahre alt und in einem Flüchtlingslager. Das Einzige, woran ich mich erinnere, ist der ständige Hunger. Und dass sich niemand um mich gekümmert hat.«
    »Wo waren deine Eltern?«
    Virtue antwortete nicht gleich und Sanjit spürte, dass er ihn nicht dazu drängen durfte.
    Schließlich erzählte Virtue: »Sie sind in unser Dorf gekommen und haben es niedergebrannt. Warum, weiß ich nicht. Ich war viel zu klein. Ich weiß nur, dass meine Mutter mir gesagt hat, ich soll weglaufen und mich im Busch verstecken.«
    »Oje.«
    »Sie sagte: ›Versteck dich und mach die Augen ganz fest zu. Und halte dir auch die Ohren zu.‹«
    »Das hast du aber nicht getan.«
    »Nein«, flüsterte Virtue.
    »Was hast du gesehen?«
    »Ic h …« Virtue atmete bebend ein und fuhr mit gepresster Stimme fort: »Weißt du was? Ich kann es nicht erzählen. Ich darf es nicht in Worte fassen. Ich will nicht, dass diese Worte über meine Lippen kommen.«
    Sanjit starrte ihn an wie einen Fremden. Virtue hatte noch nie von seiner Kindheit erzähl t – und er hatte ihn auch nie danach gefragt, was ihm jetzt unangenehm bewusst wurde.
    »Sanjit, ich sehe das Feuer und habe einfach ein ungutes Gefühl, so als würde das alles noch einmal passieren.«
    Als Taylor Edilio fand, zog er sich mit Orc, Howard, Ellen und noch ein paar anderen gerade aus der ärgsten Gefahrenzone zurück.
    Aus dem Obergeschoss eines lichterloh brennenden Hauses waren herzzerreißende Schreie zu hören. Taylor sah, wie Edilio sich die Ohren zuhielt.
    Sie packte seine Hand und zerrte sie nach unten. »In dem Haus sind Kinder!«
    »Was du nicht sagst!«, fauchte Edilio sie an. »Da wär ich nicht draufgekommen.«
    Das war so untypisch für Edilio, dass Taylor erschrak. Auch die anderen blickten sie an, als wäre sie nicht ganz bei Trost. Aber sie hörten doch alle die Schreie.
    »Ich kann da rein«, sagte Taylor. »Und so schnell wieder raus, dass mich das

Weitere Kostenlose Bücher