GONE Lügen
Umgebung. Doch am meisten war sie auf sich selbst wütend.
Sie hatte es satt, Astrid, das Genie, zu sein.
»Tolles Genie«, murmelte sie. Der Stadtrat mit der blonden Vorsitzende n – wie hieß sie noch? Ach ja: Astrid. Angeblich ein Genie, aber sie hat nicht verhindern können, dass die halbe Stadt abbrennt.
Im Keller verteilte Dahra das Wenige, was an Schmerzmitteln noch da war, während die verletzten Kinder verzweifelt darauf warteten, endlich an der Reihe zu sein und von Lana geheilt zu werden. Manche hatten so schwere Verbrennungen erlitten, dass sie in einem fort schrien. Sie waren bis in ihr Büro zu hören, obwohl es sich zwei Stockwerke über der Krankenstation befand.
Als Edilio in den Raum wankte, hätte sie ihn fast nicht erkannt. Sein Haar war grau vom Aschestaub und sein Gesicht rußverschmiert, die Kleider hingen ihm in Fetzen herunter und aus den Kratz- und Schürfwunden an seinen Armen und Beinen sickerte schwarzrotes Blut.
»Ich glaube, wir haben’s geschafft«, stieß er hervor und legte sich, wo er war, auf den Fußboden.
Astrid kniete sich neben ihn, doch Edilio war nicht mehr ansprechbar. Er hatte das Bewusstsein verloren.
Als Nächster tauchte Howard auf, der nicht viel besser aussah. Irgendwann im Laufe der Nacht war ihm sein hämisches Grinsen vergangen. Er warf einen Blick auf Edilio, nickte, als wäre sein Anblick das Selbstverständlichste auf der Welt, und ließ sich in den erstbesten Sessel fallen.
»Keine Ahnung, was ihr ihm bezahlt, aber er verdient das Zehnfache«, sagte er mit einem Nicken zu Edilio.
»Er tut es nicht gegen Bezahlung«, erwiderte Astrid.
»Dass nicht die ganze Stadt abgebrannt ist, haben wir ihm zu verdanken. Ihm, Dekka, Orc, Jack und Ellen.«
Astrid wollte nicht fragen, tat es aber dennoch: »Und Sam?«
Howard schüttelte den Kopf. »Hab ihn nicht gesehen.«
Sie holte eine Jacke aus dem Schrank und deckte Edilio damit zu. Dann ging sie in den Konferenzraum, kehrte mit einem Sitzkissen zurück und schob es Edilio unter den Kopf.
»War das Zil?«, fragte sie Howard.
Howard lachte bitter. »Wer sonst?«
Astrids Hände ballten sich zu Fäusten. Sam hatte vom Rat verlangt, dass er ihm, was Zil und seine Human Crew anging, freie Hand ließ.
Astrid hatte es ihm verboten.
Jetzt lag die halbe Stadt in Schutt und Asche, im Keller schrien Kinder mit schweren Brandwunden und durften sich noch glücklich schätzen, dass sie nur verletzt waren.
Ihr Blick fiel auf den kleinen Pete. Er war wach geworden, saß unbeteiligt da und drückte auf die Tasten seines Gameboys.
»Das ist aber noch nicht alles«, sagte Howard. »Hast du Wasser für mich?«
»Ich hol dir welches.« Albert war unbemerkt in den Raum getreten. Er holte den Wasserkrug und schenkte Howard ein Glas ein, das er auf einen Zug leerte.
»Danke. Macht durstig.«
Albert setzte sich. »Was war noch?«
Howard seufzte. »Die ganze Nacht kamen Kids mit völlig irren Geschichten angelaufen. Mann, keine Ahnung, was davon wahr ist und was nicht.«
»Erzähl«, bat Albert ihn.
Edilio schnarchte leise. Astrid spürte, dass ihr das Geräusch den Hals zuschnürte und sie drauf und dran war, in Tränen auszubrechen.
»Okay. Also, uns haben Kids erzählt, sie hätten den Satan gesehen. Allen Ernstes, mit Hörnern und Pferdefuß und dem ganzen Kram. Andere, die noch halbwegs bei Trost waren, behaupteten, sie wären Caine in der Stadt begegnet. Er sei ziemlich abgemagert.«
»Caine?« Astrid kniff die Augen zusammen. »Hier? In Perdido Beach? Das ist doch verrückt!«
Albert räusperte sich. »Nein, ist es nicht. Quinn hat ihn auch gesehen. Aus nächster Nähe. Caine hat kurz vor Tagesanbruch unsere beiden Motorboote für Notfälle geklaut.«
»Was?!«
»Es war Caine«, sagte Albert, der sich hörbar anstrengte, Ruhe zu bewahren. »Er ist durch die Stadt gekommen, als das Feuer am schlimmsten war und überall Chaos herrschte. Quinn und seine Leute liefen gerade im Hafen ein, weil sie helfen wollten. Da sind sie auf Caine und seine Crew gestoßen.«
Noch während Albert erzählte, überschlugen sich Astrids Gedanken. Das war kein Zufall. Nie im Leben. Es musste von Anfang an geplant gewesen sein. Bis jetzt war sie davon ausgegangen, dass Zil aus irgendeinem Grund durchgedreht und die Situation dann außer Kontrolle geraten war. Dass sich der Brand verselbstständigt hatte. Aber wenn Caine seine Finger mit im Spiel hatte, musste es anders abgelaufen sein, denn Caine verlor nie die Kontrolle.
»Zil und
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