GONE Lügen
Augen des kleineren Jungen. Doch dann fiel ihr noch etwas auf: Beide Jungs hatten klare Pupillen, die sichtbaren Körperteile sahen gesund aus, ihr Haar war nicht brüchig und abgemagert waren sie auch nicht.
»Zeigt mir, was unter dem Verband ist!«, forderte Diana sie auf.
»Nein«, erwiderte Sanjit. »Es darf keine Luft an die befallenen Stellen. Das ist schlecht für sie.«
Caine atmete tief durch. »Entweder ihr tut, was sie sagt, oder ich schleudere deinen kleinen Freund gegen einen Baum. Genau wie das Schaf. Ich zähle jetzt bis drei. Ein s …«
»Er meint es ernst«, warnte Diana sie. »Glaubt ja nicht, dass er blufft.«
»Zwe i …«
Sanjit ließ den Kopf hängen.
»Tut mir leid«, murmelte Choo.
Sanjit wickelte die Mullbinde von seinen kerngesunden Fingern. »Okay, erwischt. Dann erlaubt mir wenigstens, euch auf San Francisco de Sales willkommen zu heißen.«
»Danke«, entgegnete Caine trocken.
»Und ja, wir haben was zu essen. Ich würde euch gerne einladen, außer ihr esst lieber Schaf-Sushi.«
Seit dem Morgen wanderten die unter Schock stehenden Kids ziellos und verloren durch die Stadt.
Albert war weder das eine noch das andere. In seinem Büro im McDonald’s herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Er saß in einer Nische nahe dem Fenster, hörte sich an, was die Leute berichteten, behielt die Plaza im Auge und kümmerte sich ums Geschäft.
»Hunter hat einen Hirsch erlegt«, erzählte ein Mädchen. »Und ein paar Vögel. Fünfunddreißig Kilo Fleisch.«
»Gut.«
Jetzt kam Quinn herein. Als er sich Albert gegenüber auf die Bank fallen ließ, war ihm die Müdigkeit anzusehen. Außerdem roch er nach Fisch. »Wir sind noch einmal rausgefahren. Viel ist es nicht, weil wir spät dran waren. Aber zwanzig Kilo werden es schon sein.«
»Gute Arbeit«, sagte Albert, während er im Kopf bereits alles durchrechnete. »Das heißt, wir haben pro Kopf ungefähr hundertachtzig Gramm Fleisch. Nichts von den Feldern.« Er trommelte mit den Fingern auf dem Tisch, während er laut nachdachte. »Es lohnt sich nicht, den Markt aufzumachen. Wir kochen für alle auf der Plaza. Das Fleisch können wir grillen und aus dem Fisch machen wir einen Eintopf. Für einen Berto pro Nase.«
»Mann, möchtest du wirklich alle an einem Ort versammeln?«, fragte Quinn fassungslos. »Freaks und Normale? Die Stimmung ist total aufgeheizt.«
Albert dachte darüber nach. »Für den Markt ist es zu spät und wir müssen das Produkt unter die Leute bringen.«
Quinns Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen. »Das ›Produkt‹?«, sagte er kopfschüttelnd. »Alter, wenn es jemanden gibt, um den man sich keine Sorgen machen muss, dann bist du es.«
Albert nickte. Für ihn war das Kompliment lediglich eine Feststellung. »Ich lass mich halt nicht aus dem Konzept bringen.«
»Mal was anderes«, sagte Quinn. »Einer von meinen Leuten glaubt, dass er Sam gesehen hat. Auf den Felsen unterhalb vom Kraftwerk.«
»Ist er noch nicht zurück?«
»Nein, aber alle fragen nach ihm. Ganz egal wo du hinkommst.«
Albert spitzte die Lippen. »Sam dürfte die Nerven verloren haben.«
»Na ja, Mann, wundert dich das?«
»Nicht unbedingt«, antwortete Albert. »Ich glaube aber, dass er vor allem sauer ist. Und wütend, weil er nicht mehr der Einzige ist, der hier das Sagen hat.«
»Du solltest nicht so negativ über ihn sprechen. Sam hat seinen Kopf hingehalten, während die meisten von uns in ihre Betten gekrochen sind und sich in die Hosen gemacht haben.«
»Mag sein, aber das ist ja auch sein Job. Der Rat zahlt ihm zwanzig Bertos die Woche. Das ist das Doppelte von dem, was die meisten verdienen.«
»Trotzdem, er riskiert sein Leben, und das kann kein Geld der Welt aufwiegen. Meine Leute verdienen beim Fischen zehn Bertos die Woche. Das ist Schwerstarbeit, aber es ist auch ein Job, den die meisten auf die Reihe bekämen. Sams Job kann nur einer machen.«
»Ja, ja, ich weiß. Trotzdem brauchen wir mehr Leute, die Perdido Beach auch ohne Mutantenkräfte am Laufen halten.«
»Du wirst doch jetzt nicht zum Freakhasser, oder?«
»Nein, ich bin ja kein Idiot!« Albert fand es irritierend, dass Quinn Sam in Schutz nahm. Er hatte nichts gegen Sam. Sam war es zu verdanken, dass sie nicht Caine und diesem widerlichen Drake in die Hände gefallen waren. Aber die Zeit der Helden neigte sich ihrem Ende zu. Wenigstens hoffte er das. Was sie brauchten, war eine Gesellschaft, die nach klaren Regeln funktionierte.
Das hier war immer noch
Weitere Kostenlose Bücher