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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
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an dem Unternehmen; wir waren eine große glückliche Familie. Und plötzlich werden ein paar Freunde von der Insel vertrieben. Das ist wie ›So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Ich dachte, wir gehören alle zusammen, und jetzt wird einfach entschieden, ein paar von uns loszuwerden‹.«
    Für die meisten Unternehmen wäre der Gedanke, dass ein Technikleiter Hunderte von Menschen persönlich führt, grotesk. Aber weil er davon überzeugt war, dass die Google-Techniker selbstständig waren, entfernte Wayne die Managementebene zwischen sich und ihnen. Er teilte die Techniker in Dreierteams auf und in jedem Team hatte ein Techniker die technische Führung.
    Der Haken war, dass jedem Team auch ein Manager aus Larrys neuer Produktmanagementorganisation zugeordnet war. Das war eine wenig subtile Einführung eines echten Produktmanagementsystems. Die Projektmanager, die den Technikern den Rücken gestärkt hatten, waren ersetzt worden durch zuverlässige Stellvertreter von Larry, die ihnen nun auf die Finger sahen.
    »Mit technischen Führern konnte man einiges erreichen«, erläuterte der Experte für Suchqualität Ben Gomes, »wegen der Menschen, die wir eingestellt hatten. Überall sonst wäre es verrückt gewesen, dass 300 oder 400 Mitarbeiter von einer Person geführt werden. Es funktionierte sogar ziemlich gut – eine Zeit lang. Und dann kam der Punkt, an dem es nicht mehr ging.«
    Letztendlich wurden die Projektmanager verschont. Urs übernahm die meisten in seinen Bereich des Betriebs. Aber die Existenzangst, die von der Reorganisation entfesselt worden war, verblasste nicht so schnell wieder.
    Als sich die Aufregung gelegt hatte, wurden 130 Techniker direkt von ­Wayne geführt. Die Bürokratie war tot. Es gab keine Hierarchie. Es gab keine ausführlichen Leistungsbeurteilungen. Die Techniker standen auf eigenen Füßen und waren unabhängige Einheiten, nur verknüpft mit anderen Mitgliedern in ihrem Team und durch Produktmanager lose angebunden an die zentrale Organisation. Ihre direkte Interaktion mit Larry geschah überwiegend bei Produkt-Reviews. Wayne wählte wöchentliche Meetings und regelmäßige Gänge durch die Großraumbüros, um sicherzustellen, dass er ausreichend persönliche Gespräche mit einzelnen Technikern hatte und sie auf drückende Themen ansprechen konnte.
    Es war der wahr gewordenen Traum eines Technikers – oder auch Albtraum, je nachdem, wen man fragte. Kein ahnungsloser gescheitelter Chef konnte im Weg sein oder Dinge vermasseln, aber es kamen keine klaren Signale von der Spitze darüber, was wichtig und was dringend war – oder beides. Die Gruppen kämpften um Ressourcen und gegen Entlassungen. Manche Techniker wollten mehr Feedback zu dem, was sie gerade taten, andere fragten sich nach den Chancen für eine Weiterentwicklung.
    Die wahre Tragweite der Reorganisation wurde nicht unmittelbar sichtbar, denn kurz nachdem wir damit begonnen hatten, unsere Welt neu zu bauen, stürzte der Rest der Welt ein.
16 Lebt New York?
    Als ich am 11. September 2001 zur Arbeit fuhr, war ich in Gedanken bei Ask Jeeves. Spät am gestrigen Abend hatte Larry einen Bericht aus dem Wall Street Journal an alle gemailt, in dem bekannt gegeben wurde, dass unser Wettbewerber Teoma aufkaufte, eine vielversprechende neue Suchmaschine. Das bereitete mir Sorgen. Die Marke Jeeves war stark, auch wenn sich ihre Suchtechnologie nicht mit der von Google vergleichen ließ. Falls sie sie jedoch verbesserten, könnten sie in der Branche zu einem Respekt einflößenden Akteur werden.
    Im Autoradio erfuhr ich von einem Flugzeugabsturz mitten in New York City. Ich dachte automatisch an eine kleine Piper auf Sightseeingtour, die vermutlich zu nah an einen der Wolkenkratzer herangeflogen war. Und dann war die Rede von einem weiteren Flugzeug. Diese Maschine war ins World Trade Center geflogen. Es waren Düsenflugzeuge, voll mit Passagieren. Das World Trade Center brannte. Menschen sprangen aus den Fenstern. Andere Flugzeuge wurden als vermisst gemeldet. Niemand wusste, was vor sich ging.
    Als ich in der Firma ankam, lief der Fernseher im blauen Konferenzraum. Ein paar Techniker saßen wie gelähmt davor, die nicht angerührten Schalen mit aufgeweichten Cerealien vor sich auf dem Tisch. Ich setzte mich dazu und rührte mich die nächste halbe Stunde nicht vom Fleck. »O mein Gott«, dachte ich nur. »O mein Gott.« Ich hätte nicht gewusst, was ich tun sollte, um zu helfen. Die Katastrophe ereignete sich am anderen Ende

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