Google-Mitarbeiter Nr. 59
Markoff bereits seit Jahren kannte. Auch er verließ die Firma, obwohl der wahre Grund für sein Ausscheiden nicht publik gemacht wurde und zu reichlich Spekulationen führte.
Von da an musste ich um Zugang zu Informationen anfragen, die ich für meinen Job brauchte. Es fühlte sich sonderbar an, als würde die Firma mit jedem eisernen, passwortgeschützten Tor, das installiert wurde, ein Stück der ursprünglichen Unternehmenskultur aufgeben.
Kurz vor dem Börsengang verschloss sich Google gänzlich. Laut Regeln der Börsenaufsicht würde jeder Mitarbeiter, der Zugang zu vertraulichen Informationen über den Geschäftszustand hatte, vom Kauf und Verkauf der Unternehmensaktien ausgeschlossen. Ich und die meisten anderen tauschten gern Unwissenheit gegen den Segen, uns auszahlen zu lassen, wann immer wir wollten. Die Tage der Unschuld im Garten der Daten waren offiziell zu Ende.
Das antisoziale Netzwerk
Im Februar 2004 ließ Yahoo Google fallen und begann stattdessen, die eigenen, Inktomi-basierten Suchergebnisse zu nutzen. Wir merkten es kaum. Wir streckten uns in der Haut unserer neuen Zentrale und richteten uns auf einen neuen Level von Hyper-Produktivität ein. Alles musste sofort getan werden, und alles war sehr wichtig. Jede Woche kletterten neue Leute an Bord und übernahmen die Kontrolle bei Projekten, die in Bewegung waren.
Cindy hielt wachsam Ausschau nach Anzeichen, dass sich die Nachrichtenwelt gegen uns wandte. Sie drängte uns, keine Risse in der goldenen Schicht von Googles öffentlichem Image sichtbar werden zu lassen, und alle paar Monate sandte sie Erinnerungen an alle Googler, dass Anrufe von der Presse sofort an die PR-Abteilung weiterzuleiten seien. So etwas wie »im Vertrauen« gäbe es nicht, warnte sie uns. Reporter stünden unter starkem Wettbewerb und würden alles erzählen, um an eine gute Geschichte zu kommen. Das Letzte, was sie brauchte, war das Durchsickern von wichtigen Informationen zum Beispiel über eine Produkteinführung. Aber manchmal laufen die Dinge eben schief.
Der Techniker Orkut Buyukkokten kam im Sommer 2002 aus Stanford zu Google, er hatte eine Faszination für soziale Netzwerke entwickelt – eine Methode, online mit Freunden und Bekannten Kontakt zu halten. Als Student hatte Orkut für seine Kommilitonen ein Netzwerkprogramm mit dem Titel »Club Nexus« geschrieben. Nachdem er bei Google angefangen hatte, verlangte er, die 20 Prozent seiner Zeit darauf zu verwenden, eine verbesserte Version zu entwickeln. Es wurde Dezember 2003, bis sein Projekt, Codename »Eden«, später in »orkut« 114 umbenannt, bereit war, bei einer größeren Leserschaft als nur innerhalb von Google getestet zu werden. Und damit begann der Spaß.
Orkan entwickelte seinen gleichnamigen Service ganz allein. Es war ein Prototyp zum Sammeln von Daten, Ausprobieren und Experimentieren. Er schrieb den Code, gestaltete das User-Interface, erstellte die Datenbank. Er hatte nicht vor, es zu einem fertig entwickelten Google-Produkt zu machen. Um die Entwicklung zu beschleunigen, benutzte er Tools, die man überall außerhalb von Google bekommen konnte. Sie kamen von Microsoft. Der Server, an dem Orkut arbeitete, war nicht einmal mit einem Google-Datencenter verbunden, sondern im Zuhause der Wettersite Wounderground.com. Orkan wusste, dass sein System nie die Hörerschaft in Google-Größe unterstützen würde, es sollte jedoch für 200.000 bis 300.000 User genügen. Mitglied bei orkut konnte man nur auf Einladung hin werden, er würde also die Größe drosseln, indem er die Anzahl der Einladungen kontrollierte, die das System ausgab.
Marissa war der Consumer-Produktmanager. Sie betrachtete orkut als kleines Start-up innerhalb von Google, das autonom operierte und bewies, dass ein einzelner Techniker mit einer neuen Idee ein Produkt bauen und testen konnte, ohne die Verzögerungen durch Googles zunehmend bürokratischen Entwicklungsprozess über sich ergehen lassen zu müssen. Larry und Sergey ermutigten sie, orkut zu managen, als wäre es eine unabhängige Operation.
Andere Prototypprojekte einzelner Techniker waren in einem Bereich unserer Website, genannt Google-Labor, untergebracht, aber Marissa glaubte nicht, dass orkut dorthin gehörte. Es wäre eine Ausnahme – ein selbstständiges Projekt ohne Google Branding, mit Lichtgeschwindigkeit eingeführt. Falls es Probleme gäbe, würden das nur wenige Leute merken und es gäbe genügend Zeit, sie zu beheben. Falls jemand fragte, ob orkut eine
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