Google-Mitarbeiter Nr. 59
Initiative sei, würden wir antworten, dass wir eine Beziehung zwischen orkut und Google »weder bestätigen noch leugnen«.
Das gefiel Cindy nicht, die keinen Wunsch verspürte, sich gegenüber ihren Pressekontakten, die sie über die Jahre hinweg so sorgfältig kultiviert hatte, zu zieren. »Reporter sind nicht dumm«, warnte sie die Führungsmannschaft, »und wir machen uns lächerlich mit dieser Aussage.« Um orkuts Verbindung mit Google aufzuzeigen, genügte eine kurze Online-Suche, und nachdem die Presse diese Verbindung hätte, würde orkut als Google-Produkt gelten, ob wir es leugneten oder nicht. Ich arbeitete an einer Erklärung, die deutlich machte, dass orkut von einem Google-Ingenieur entwickelt worden war, jedoch kein offizielles Google-Projekt darstellte. Marissa lehnte einen solchen Kompromiss ab. Sie blieb unerbittlich, dass auf der orkut-Site keine explizite Verbindung zu Google aufgezeigt werden sollte.
Sergey schaltete sich ein, um unsere ausweglose Situation aufzudröseln, kurz bevor er, Larry und Eric zum World Economic Forum nach Davos in der Schweiz flogen. »Lasst uns ein Experiment durchführen«, sagte er. Wir werden das Produkt ohne Google-Zugehörigkeit einführen und eine Beziehung weder bestätigen noch dementieren. Wenn es außer Kontrolle gerät, dann kontaktiert ihr mich in Davos und wir lassen uns etwas Neues einfallen. Irgendwelche Probleme mit dieser Vorgehensweise?«
Oh ja. Cindy hatte ein großes Problem mit dieser Vorgehensweise. Und das ließ sie Sergey auch wissen. Das Experiment, so betonte sie, könne ebenso unseren Ruf als Marke zerstören wie auch ihre professionelle Glaubwürdigkeit. Sergey trat den Rückzug an. Er befürwortete die Einführung von orkut ohne die Marke Google, er stimmte jedoch zu, dass wir im Fall von Rückfragen zugeben sollten, dass orkut bei Google entwickelt worden war.
Am 21. Januar 2004, dem Tag vor der geplanten Einführung, äußerte Jonathan Vorbehalte. Er riet Eric Schmidt, dass wir mit der Einführung von orkut bis nach der globalen Verkaufskonferenz und dem Skiausflug des Unternehmens warten sollten – das war ein Aufschub um zwei Wochen. Cindy sagte Jonathan, dass sie seine Bemühungen zu schätzen wisse, diese jedoch ein bisschen zu spät kämen. Wir hatten Wochen damit verschwendet, zu versuchen, mit den von Marissa gesetzten Bedingungen zu leben, während wir wiederholt darauf hinwiesen, dass es falsch sei, die Presse zu belügen. Das Produktmanagement von orkut sei vom ersten Tag an vermasselt gewesen.
Urs, unser Google Fellow, erhob seine eigenen Fragen zu dem Timing. Er hatte den ganzen Tag lang von Technikern Fragen zu ungelösten Problemen gehört: Dass orkut auf einer einzigen Maschine lief, was eine Messung nicht leicht machte, dass es keinen anständigen Belastungstest gegeben habe, keine Sicherheitsprüfung und keine Datenschutzvereinbarung. orkut würde ganz klar den Zustrom von Datenverkehr nicht bewältigen können, sobald die Information an die Geek Nachrichtensite Slashdot 115 gegangen war, was nicht viel länger als 15 Minuten dauern würde. Es wäre klüger, die Dinge ein paar Tage lang in Ordnung zu bringen, zu warten, bis die Gründer aus der Schweiz zurück wären, und einen großen Fehler zu vermeiden.
Wir alle atmeten erleichtert auf, als Jonathan bestätigte, dass er mit den meisten aus dem Führungsteam gesprochen habe und dass diese Urs zugestimmt hätten, die Einführung zu verschieben. Den Einführungsprozess zu beschleunigen war eine löbliche Idee, aber angesichts der vielen roten Flaggen einfach zu riskant. Wir würden anfangen, orkut von seinem Microsoft.NET Server zu der Standard-Google-Technologieplattform zu verlagern, damit es leichter messbar wäre, und es dann, höchstwahrscheinlich, offiziell im Google-Labor einführen. Genau diese Strategie hatte ich vorgeschlagen und war davon überzeugt, dass es den Usererwartungen entsprechen würde – alles im Labor war laut Definition ein Experiment, möglicherweise drastischen Veränderungen oder plötzlichen Schließungen unterliegend. Marissa fand, dass eine Einführung im Labor die User verwirren könnte, weil sie in der Lage wären, orkut zu sehen, es jedoch nicht ausprobieren konnten, bis sie von jemandem dazu eingeladen wurden, der bereits Mitglied war. Das beunruhigte mich nicht so sehr wie das Denken der User – wie bei Froogle –, dass ein halb fertiges orkut-Google-Flagschiff-Produkt in einem völlig neuen Online-Bereich sein könnte.
Ich
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