Google-Mitarbeiter Nr. 59
Ingenieur, der Kauderwelsch auf Whiteboards kritzelte. Aber bei Gesprächen mit denen, die unter seiner Führung gearbeitet hatten, erkannte ich, dass er der Schlüssel war, wie die Projektmanagerin Deb Kelly ihn nannte.
»Mir ist nie zuvor jemand begegnet, der so viele Details gleichzeitig meistert«, erzählte mir Deb. »Er hat den Großteil der ganzen Organisation im Kopf.« Dieses Wissen brachte Urs das Vertrauen von Larry und Sergey ein und versetzte ihn in die Lage, den Technikern bei der Arbeit den Rücken freizuhalten.
»Sobald sich Larry und Sergey um andere Dinge kümmern mussten«, erzählt der Techniker für Suchqualität, Ben Gomes, »war Urs die Schlüsselperson auf der Technikseite. Wann immer ein Problem auftrat, wurde er gerufen, um sich persönlich darum zu kümmern.«
Genügend Techniker haben Lobgesänge auf ihn angestimmt, um dieses Buch ausschließlich zu einer Hagiografie über den Heiligen Urs, Bewahrer des gesegneten Codes, zu machen. Und wenn sie nicht gerade von seiner Intelligenz schwärmten, dann lobten seine Teamkollegen seine Kommunikationsfähigkeiten, die ihn davor bewahrten, arrogant zu wirken.
»Ich habe erlebt, wie er in ein Meeting marschierte, bei dem er nicht wusste, worum es ging«, fuhr Gomes fort. »Und nach der Hälfte des Meetings stellte er die aufschlussreichsten Fragen. Er war in der Lage, seine Argumentation so aufzubauen, dass jeder erkannte, was getan werden musste. Die Gründer waren Träumer und das ist wunderbar, aber Urs war die Stimme der ›Kunst des Möglichen‹«.
Paul Bucheit, der Erfinder von Gmail, erklärte mir, wie das in der Praxis funktionierte. Er erinnerte sich, wie er Urs von einem Problem erzählt hatte, bei dem er einfach keine Lösung fand.
»Larry hat gesagt, wir sollen alles in den Speicher packen.«
»Ja«, antwortete Urs auf seine typisch trockene Art. »Larry hat viele Ideen. Du solltest einfach weitermachen wie bisher.«
»In dem Moment wurde mir klar«, erzählte mir Paul, »dass du clever genug sein musst, nicht einfach zu tun, was Larry dir sagt, wenn es momentan keinen Sinn macht.« Als der Mann, der Googles Räder in der Spur halten musste, verstand Urs das besser als jeder andere. Seine Ausrichtung bewahrte das junge Unternehmen davor, sich auf Nebengleise zu verirren, die nirgendwohin führten.
Urs’ größte Leistung bestand jedoch darin, das Team zusammenzustellen, das Google aufbaute. »Als Techniker bewirkst du am meisten, indem du jemanden einstellst, der genauso gut ist wie du oder besser«, ermahnte er jeden, der bereit war, auf ihn zu hören. »Denn im Laufe eines Jahres verdoppelt derjenige deine Produktivität. Nur so kannst du deine Produktivität verdoppeln. Selbst wenn du ein Genie bist, wird dir das anders kaum gelingen.«
Das Silicon Valley war eine riesige, sich aufblähende Techno-Boom-Blase und viele Unternehmen boten Programmierern, die in der Lage waren, einen Spiegel zum Beschlagen zu bringen, als Einstellungsanreiz einen BMW. Es war Urs, der darauf bestand, nur solche Techniker einzustellen, die mindestens so gut waren wie die in dem Unternehmen, aus dem er ausgeschieden war. »Wenn du gute Leute hast, gibt dir das ein Sicherheitsnetz«, lautete seine Überzeugung. »Falls etwas nicht stimmt, korrigieren sie es von allein. Du musst ihnen nicht sagen: ›Hey, guck dir das mal an.‹ Sie spüren Eigenverantwortung und reparieren das kaputte Teil, bevor du überhaupt mitbekommen hast, dass es kaputt ist.«
Zwei solcher Neueinstellungen waren Jeff Dean und Sanjay Ghemawat. Wenn Urs der Architekt von Google war, dann waren die beiden die Schreinermeister, die die Dachbalken errichteten und die Nägel einschlugen, welche die tragenden Wände zusammenhielten. Wo auch immer Probleme gelöst werden mussten, waren »JeffnSanjay« zur Stelle 16 – vom Ausarbeiten des Google-Dateisystems bis zur Entwicklung der Werbetechnologie, von der Beschleunigung der automatischen Übersetzung bis zum Entwickeln bahnbrechender Tools wie MapReduce. 17
Jeff produzierte Codes wie eine nie versiegende Quelle. Es schien mühelos aus ihm herauszufließen in einem endlosen Strom, der sich vereinte, um prickelnde Programme zu schaffen, die Bemerkenswertes leisteten. Einmal schrieb er eine 200.000 Zeilen umfassende Anwendung, um die Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention dabei zu unterstützen, spezialisierte Statistiken für Epidemiologen zu erstellen. Es ist immer noch im Einsatz und sammelt mehr rühmende Erwähnungen
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