Gooliath - Vergeltung: Thriller (German Edition)
Sekunden formte sich das bereits bekannte Antlitz aus dem wabernden Nebel heraus. Die Fratze mit den grellen Augenflächen Gooliaths fixierte David. Schlagartig nahm die gefühlte Raumtemperatur rapide ab.
Aus Verzweiflung wurde Angst und David hatte nur diesen einen Gedanken: Was zur Hölle geht hier vor?
25. Tribunal
das; » Sitz des Tribuns«. Gerichtshof, bei dem die Legitimation zur Machtausübung durch eine räumlich erhabene Position symbolisiert wird.
Die Sekunden bis zum ersten gesprochenen Wort erschienen David wie eine Ewigkeit. In seinem Kopf herrschte eine endlose Leere. Er war wie gelähmt. Sein Vater wirkte, genau wie Doktor Meinhardt, angespannt. Al Hasari beobachtete ihn nüchtern. Berghoff bewegte sich irgendwo zwischen Zorn und Resignation. Permanent spielte er mit einer Tüte, in der sich ein kleiner Gegenstand befand. Um was es sich dabei handelte, konnte David beim besten Willen nicht erkennen. Man würde ihn aber schon bald darüber aufklären, da war er sich sicher.
Sein Vater erö ffnete das Verhör. In seiner Stimme schwangen weder Mitgefühl noch Reue: »David Lazare. Wo haben sie sich in der letzten Nacht aufgehalten?« Die Frage klang für David aus zweierlei Gründen absurd. Erstens hatte er wohl, wie die meisten Besatzungsmitglieder auch, geschlafen. Zweitens ging er davon aus, dass die hochentwickelte Überwachungssensorik diese Tatsache schon längst hätte bestätigen müssen. Ein schlagendes Argument widersprach jedoch dieser Logik. Er saß hier und die Frage wurde ihm tatsächlich gerade gestellt.
Mit beiden Hä nden ergriff er die Ränder der Sitzfläche seines Stuhls. Er drückte sich ein wenig nach hinten, um seine Haltung zu straffen: »Ich… In meinem Quartier… Ebene 2.« Nacheinander betrachtete er seine vier Inquisitoren. Gooliath ignorierte er, soweit es möglich war. Dieser würde es sicher nicht persönlich nehmen.
Schlagartig war Berghoff auß er sich vor Wut. David war überzeugt, dass er ihn am liebsten, wie ein wildes Tier, angesprungen hätte. Einzig die militärische Rangordnung hielt ihn davon ab. Wenn hier einer springen durfte, dann war es Davids Vater.
Dieser hatte die Entrü stung seines Sitznachbarn ebenfalls gespürt und legte ihm beschwichtigend seine Hand auf den Unterarm: »Uns liegen Indizien vor, dass dem nicht so war.«
David schloss einen Moment lang die Augen. War das hier ein Kabarett? Wenn ja, konnte er nicht darü ber lachen. Er öffnete seine Augen und sah seinen Vater mit ehrlicher Verständnislosigkeit an. Daraufhin erhob sich der oberste Richter und ging langsam um den Tisch herum. Er schritt bis auf einen guten Meter an David heran.
Leise und auß er ihnen wohl nur noch für Gooliath hörbar, fragte er seinen Sohn: »Warum?« Sein Vater war offenbar nervöser, als er sich gab. Seine Kaumuskulatur zeichnete sich deutlich auf seinen Wangen ab. Er biss die Kiefer zusammen, bis er sich schließlich abwandte und zur Vorderseite des Tisches zurückging. Als er sich wieder zu David herumdrehte, gab er Gooliath ein Zeichen.
Dieser begann seinen Vortrag: » David Lazare. In der gestrigen Nacht 2:57 Uhr früh wurde Dr. Josua Berghoff in seinem Quartier ermordet.« David war vollkommen konfus und hätte beinahe den Rest von Gooliaths Ansprache gar nicht mehr mitbekommen. Dr. Berghoff saß doch vor ihm. Vollkommen perplex bemühte er sich um Fassung und hörte weiter zu: »Die dezentrale Überwachungssensorik wird gegenwärtig in das zentrale Leitsystem übertragen. Die Funktionalität ist daher temporär eingeschränkt. Bewegungsmuster-Erkennung und DNS-Analyse führen dennoch zu einer eindeutigen Identität des Täters. Name des Subjekts: David Léon Lazare.«
Die Aussage traf den Angeklagten vollkommen unvorbereitet. Er spü rte förmlich die Kraft aus seinem Körper entweichen. Nur mühsam hielt sein Wille ihn weiterhin aufrecht. Er konnte den Puls in seinen Ohren hören. Ein wahnsinniges Stakkato der Furcht. Gooliath lud in der Zwischenzeit alle Anwesenden zu einer Reise in die Mordnacht ein.
Zunä chst wurde es dunkel um sie. Danach entstand zwischen Davids Stuhl und dem Richterpodium eine miniaturisierte holografische Ansicht der Offiziersquartiere. Wände, Gegenstände und Menschen waren halb transparent. Die Szenerie wirkte wie aus einem Videospiel. Wie schon damals, als sie im Holo-Deck 1 die Nachrichten angesehen hatten, war der bloße Eindruck schon fantastisch. Alles wirkte zum Greifen nahe. Die Szene konnte aus jedem
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