Gooliath - Vergeltung: Thriller (German Edition)
außerordentlich schwierig. Das Bild, welches er sah, wurde zunehmend unscharf. Die Stimme Meinhardts bekam einen Nachhall. In diesem Durcheinander der Sinne nahm er nur noch unvollständige Satzbrocken wahr: »... Berghoff... Zusatzprozedur... schlafen... gut.«
Als sie ihn in den angrenzenden Raum hinü berbrachten, öffnete David ein letztes Mal seine Augen. Schemenhaft erkannte er neben Meinhardt eine weitere Person. Ihre Leibesfülle machte sie unverkennbar. Trotz einer geringen Restlebensdauer war Dr. Josua Berghoff also bei seiner Operation zugegen.
Die Zusammenhä nge verschwammen vor seinem inneren Auge. Langsam glitt er hinüber in das Land der Träume. Schlafe, David Lazare und wisse: Wenn nicht passiert, was du dir erhoffst, so wird passieren, was besser für dich ist.
Währenddessen:
Davids anfä ngliche Träume waren schön. Voller Poesie und Ästhetik. Ruhig und warm. Zeit und Raum wurde ins Unendliche gedehnt und verloren ihre Bedeutung. Farben und Töne, alles war zum Greifen nahe. In diesem Zustand ewiger Dämmerung glitt er dahin, überzeugt davon, dass alles gut werden würde.
Viren du rchfluteten seinen Körper. Normalerweise brachten sie ihre schadhafte Fracht in das menschliche Genom ein, um ihr eigenes Überleben zu sichern. Dieses Mal trugen sie lebensnotwendige Informationen im Gepäck. Endlose Textzeilen genetischer Schrift und das Werkzeug, sie in Davids Lebensbuch einzutragen. Sie waren die Retter in letzter Sekunde. Sie waren die Sklaven der modernen Medizin.
Zeitgleich widmete sich ein anderes Wesen Davids zerebralen Strukturen. Unbemerkt schlich es sich in seine geheimsten Gedank en. Wie in einem offenen Buch begann es zu lesen und würde erst aufhören, wenn auch die letzte Zeile verstanden war. Es las schnell und vergaß niemals.
Die Trä ume wurden zunehmend wirr. Dunkle Schatten legten sich über ihn und drohten, ihn zu ersticken. In diesem Moment begriff David, dass es nicht einfach werden würde. Er würde kämpfen müssen, bis er wieder erwachen durfte. Ganz allein. Dann war es endlich überstanden.
38. Ehre
die; Positives Selbstverstä ndnis, dass unangemessene Handlungen verbietet und die Einhaltung bestimmter Regeln verlangt. Das Gegenteil der Schande.
Währenddessen:
Oberst Sean Harper blickte mü rrisch über den Rand seines Marmeladenbrots in die aufgehende Sonne. Fünf Jahre , dachte er bei sich. Fünf Jahre, in denen seine Karriere nicht einen Schritt vorangegangen war. Es erschien ihm, als müsse er sein Dasein auf ewig in Edinburgh fristen.
Nicht, dass ihm die Stadt nicht am Herzen gelegen hä tte, denn er war mütterlicherseits Schotte. Doch eine Karriere beim Militär hätte ihn an weit entlegene Orte führen können. Seine Geburtsstadt lag in diesem Vergleich bedrückend nah.
Vor fü nf Jahren hatte er noch Großes in Aussicht. Die Leitung von Zerberus lag damals auf der Hand. Im letzten Moment traten jedoch andere Personen auf den Plan. Seitdem beschränkte sich sein Einfluss auf das Zerberus-Kommandozentrum im schottischen Edinburgh.
Eigentlich handelte es sich um einen guten Job mit einer immensen Verantwortung. Das ‚ Cerberus Command Center‘, kurz ‚3C‘, bildete die offizielle Schnittstelle zwischen der Erde und der Station selbst. Sämtliche Kommunikation, Ausbildung und Training des Personals, Planung der Logistik und Versorgung der Station unterlagen seiner Verantwortung. Verglichen mit Zerberus selbst, wirkte es für ihn hingegen winzig und unbedeutend.
Nach Bedeutung und Sinn suchten einige von uns vergeblich in ihrem Leben. Dort oben bei den Sternen , dachte er, dort musste die Freiheit wohl grenzenlos sein.
Er biss ein letztes Mal vom Rand des Brotes ab, doc h es wollte ihm nicht mehr so recht schmecken. Wie so oft, wenn er in dieser ziellosen Melancholie versank, war die Welt um ihn herum nur mehr trist und grau. Er legte das Brot beiseite, stand auf und schloss seine hochgradig dekorierte Uniform. Darüber streifte er eine winterfeste Jacke in Tarnfarben. Gleich darauf verließ er sein Büro und stapfte hinaus in einen frostigen schottischen Novembermorgen.
Das 3C war bereits 2040 im Hü gel ‚Arthurs Seat‘ der schottischen Hauptstadt eingebettet worden. Kurze Zeit später wurde eine großzügige militärische Sperrzone darum errichtet, die sogar Teile der Stadt mit einbezog. Auch wenn ein Großteil der Bevölkerung damals massiv dagegen protestiert hatte – in einer Demokratie blieb das Sagen eben nur einigen
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